Unzufriedenheit mit Berliner CDU-Fraktionschef: „Dreggers Führung ist desaströs“
Die Kritik am Fraktionschef der Berliner CDU wird lauter. Die Suche nach einem Nachfolger von Burkard Dregger hat schon begonnen.
Am kommenden Mittwoch jährt sich die Wahl Burkard Dreggers zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus zum ersten Mal. Die Feierlaune des Jubilars aber dürfte sich arg in Grenzen halten. Tatsächlich mehren sich die Hinweise darauf, dass der erste Geburtstag im Amt auch der letzte sein könnte. Die Zeichen stehen auf Wechsel, auch weil die derzeitige Lage in der Fraktion unter Dreggers Führung als „desaströs“ beschrieben wird.
Fest steht: Dregger ist gescheitert mit einem Appell, den er auf dem jüngsten Landesparteitag an die CDU-Mitglieder richtete. Er forderte, künftig „der Versuchung zu widerstehen, anrufenden Journalisten jede Geschichte brühwarm zu erzählen“. Zahlreiche Mitglieder seiner Fraktion haben aber genug und lassen ihrem Unmut freien Lauf.
Dregger verstehe weder Berlin noch das Politik-Geschäft in der Hauptstadt, habe keine strategischen Ansätze, gehe plan- und konzeptlos in die Runden der Fraktionsspitzen und zeige zu wenig Führungsqualität innerhalb der Fraktion, lauten die Vorwürfe. Ein Amtskollege im Abgeordnetenhaus wirft Dregger sogar vor, mit seiner Rolle als Fraktionschef „unfassbar überfordert“ zu sein.
Er berichtet, Dregger würde in informellen Runden – auch von Mitgliedern der eigenen Partei – offen verhöhnt. Seine Tage im Amt seien gezählt, sagen nicht wenige, die Nachfolgesuche habe bereits begonnen.
Dass sämtliche Gesprächspartner – außerhalb und innerhalb der Partei – den Charakter Dreggers loben und ihn „nett“, „aufrichtig“ oder auch „anständig“ nennen, wirkt wie ein vergiftetes Kompliment. Ein „Gutmensch“ sei er, sagen einige, hervorragend in der Arbeit am Bürger und im Wahlkreis. Doch für die Aufgabe des Fraktionschefs fehle ihm die Kompetenz.
Dregger fehlt es an politischer Cleverness
In der Tat hat es Dregger zuletzt gleich mehrfach an Gespür, Cleverness und solidem politischen Handwerk vermissen lassen. Jüngstes Beispiel war seine Attacke auf die Grünen nach deren Triumph bei der Europawahl. Dregger warf ihnen – und damit einem potenziellen Koalitionspartner für das Jahr 2021 – vor, angesichts des Klimawandels das „Geschäft mit der Angst“ betrieben zu haben.
In den sozialen Netzwerken gab es rasch heftige Kritik, und auch in der eigenen Partei sorgte die Aussage bis in die Spitze des Landesverbandes hinein für Entsetzen. „Da fällt einem nicht mehr viel ein, wenn man das liest“, sagt einer aus der Fraktion, der Dregger schon länger kritisch sieht. Aber auch weniger klar positionierte Abgeordnete wunderten sich.
Zuvor hatte sich Dregger in einem Radiointerview mit einer unbedachten Aussage zum Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ unnötig in die Bredouille gebracht. Dann – als sich der Beitrag beinahe versendet hatte – versuchte er mit einer am späten Abend herausgegebenen Presseerklärung seine eigenen Worte zu revidieren. „Unglücklich“, sagen die einen, „unfassbar“ nennen es andere.
Situation innerhalb der Fraktion "desolat"
Den größten Schaden aber hatte sich Dregger mit seinem Vorgehen in der Debatte über einen Untersuchungsausschuss zum Fall Hubertus Knabe zugefügt. Zunächst war er gegen einen Ausschuss zur Entlassung des Leiters der Stasi-Gedenkstätte, genau wie die Kulturstaatssekretärin und damalige CDU-Landesvorsitzende Monika Grütters.
Damit stieß er große Teile der eigenen Partei vor den Kopf – und schwenkte wenig später um. Zu allem Überfluss versuchte Dregger, den offenkundigen Disput innerhalb der Fraktion kleinzureden – öffentlich wie auch im Hintergrund. Am Ende wurden Dregger und Grütters von den eigenen Leuten überstimmt, den Schaden trugen beide.
Überhaupt, die Fraktion: Nachdem Dregger diese bereits gespalten übernommen hat, ist die Situation Insidern zufolge mittlerweile desolat. Ambitionierte Abgeordnete würden sich desillusioniert zurückziehen und die Zusammenarbeit aufkündigen, im Plenum des Abgeordnetenhauses blieb zuletzt regelmäßig ein Drittel der 31 Plätze frei.
In den Fraktionssitzungen liegt die Beteiligung nicht selten noch niedriger. Zur Fraktionsklausur im Weimarer Land erschien anfangs sogar nur die Hälfte der Abgeordneten. Ein „dramatisch“ schlechter Wert, wie ein Spitzenfunktionär des Landesverbands befand.
Wahlsieg nach "Bremer Modell"
Zwar steigerte sich die Beteiligung im Laufe der Tagung, von Geschlossenheit, Korpsgeist oder gar Kampfbereitschaft mit Blick auf das Wahljahr 2021 fehlte aber jede Spur. Das bei Amtsübernahme erklärte Ziel Dreggers, bei der Abgeordnetenhauswahl 30 plus X Prozent erzielen zu wollen, liegt in weiter Ferne.
Zum Vergleich: Damals stand die Partei in Umfragen bei 19 Prozent der Stimmen. In der jüngsten Umfrage vom vergangenen Montag waren es vier Prozentpunkte weniger – die CDU liegt im Berlin-Ranking auf Rang vier.
Damit dürfte auch Dreggers selbst erklärte und aufrechterhaltene Absicht, die Partei als Spitzenkandidat in die Wahl zum Abgeordnetenhaus führen zu wollen, Makulatur sein. Aus der Partei ist zu hören, dass die Suche nach einem Spitzenkandidaten bereits auf Hochtouren laufe. Häufig ist vom „Bremer Modell“ die Rede.
Dort hatte der IT-Unternehmer und Politik-Quereinsteiger Carsten Meyer-Heder zuletzt einen Wahlsieg erreicht und die seit Jahrzehnten regierende SPD erstmals auf den zweiten Platz verwiesen. Ähnliches schwebt auch den hiesigen Christdemokraten vor. Dem Vernehmen nach soll eine Findungskommission einen Kandidaten suchen.
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