Alexander Spies und Oliver Höfinghoff: Doppelspitze für die Berliner Piraten
Die Berliner Piratenfraktion hat eine neue Spitze gewählt: Künftig stehen ihr Alexander Spies und Oliver Höfinghoff vor.
Der Abschied war schweigend. Über weite Strecken ohne sichtbare Anteilnahme verfolgte Christopher Lauer am Dienstag, wie die Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus seine Nachfolger ins Amt wählte - gratulierte aber anschließend formvollendet per Händedruck. Alexander Spies und Oliver Höfinghoff stehen künftig der Fraktion als Doppelspitze vor. Der parlamentarische Geschäftsführer Heiko Herberg wurde als einziges Mitglied der bisherigen Fraktionsführung wiedergewählt.
In einem Verfahren, in dem jedes Fraktionsmitglied beliebig vielen Kandidaten sein Vertrauen aussprechen kann, erhielt Spies im ersten Wahlgang die Zustimmung von neun Fraktionsmitgliedern und setzte sich damit gegen Höfinghoff sowie gegen Simon Kowalewski und Gerwald Claus-Brunner durch. In einem zweiten Wahlgang bestimmten die Piraten dann Höfinghoff zum Co-Fraktionschef.
Die Kandidatur von Spies, 57 Jahre alt, Fachpolitiker für Sozialpolitik und Europaangelegenheiten, war spontan. Noch vor drei Wochen hätte er sich nicht vorstellen können, Vorsitzender zu werden, sagte er. „Schließlich bindet man sich damit eine Menge Arbeit ans Bein.“ Die Lage aber hatte sich geändert, dramatisch sogar, nach dem Rückzug der beiden bisherigen Fraktionschefs. „Die Fraktion arbeitet anständig, aber das dringt nicht an die Öffentlichkeit“, sagte Spies - und dass er das ändern wolle. Allen Fraktionäre wolle er zur Seite stehen, wenn sie Hilfe brauchen. Vermutlich wird sich Spieß auf die Arbeit nach innen konzentrieren, Höfinghoff auf die Vertretung der Fraktion nach außen.
An seiner Person hatte es zuletzt Kritik etwa aus der CDU gegeben, weil Höfinghoff, 36 Jahre alt und Verkehrspolitiker, Mitglied der Roten Hilfe ist. Die Organisation unterstützt linke Aktivisten in Gerichtsverfahren und im Strafvollzug. Bei der Sitzung am Dienstag wurde das Thema allerdings nicht diskutiert. Höfinghoff hatte außerdem bereits Schlagzeilen gemacht, weil er seine Lebensgefährtin als persönliche Mitarbeiterin beschäftigte. Mittlerweile aber ist das Arbeitsverhältnis gelöst.
Öffentlich bisher nur wenig in Erscheinung getreten ist hingegen Spies, der dafür intern für seine ausgleichende und besonnene Art geschätzt wird. Das können sie brauchen, die 15 Fraktionäre, das zeigte sich schon am Dienstagabend wieder. Kaum hatten die Piraten die Neuwahl gesittet über die Bühne gebracht, erregte sich der Abgeordnete Pavel Mayer über einen Twitter-Beitrag von Gerwald Claus-Brunner, durch den er sich verunglimpft fühlte. Mayer schaue bei jedem Wahlgang genau, ob es nicht zu viele Abweichler gebe, hatte Claus-Brunner geschrieben. Mayer wies empört darauf hin, er sei schließlich Wahlhelfer gewesen und deshalb am Auszählen beteiligt. Keine Viertelstunde war die neue Spitze im Amt, der fällige Dank an die scheidenden Chefs noch nicht einmal ausgesprochen - und schon gab es wieder Reibereien. Schließlich rügte die Fraktion Claus-Brunner offiziell - ein Beschluss, für den er kurioserweise sogar selbst stimmte.
Vielleicht ist es angesichts von Vorfällen wie diesem ja sogar ein Vorteil, dass Spies kaum twittert. Gemeinsam mit Höfinghoff hat er nun vorerst das Vertrauen der Fraktion. Ein wenig vorsichtiger sind die Piraten nach den jüngsten Erfahrungen allerdings geworden: Sie beschlossen, dass der Vorstand künftig nicht mehr zwei Jahre amtieren soll, sondern nur noch eines. Nicht diskutiert wurden die Vorgänge rund um den Rückzug Lauers, der offiziell angegeben hatte, sich wieder mehr auf die inhaltliche Arbeit konzentrieren zu wollen. Einem ersten Praxistest unterzogen wurden unterdessen die neuen Regeln, die sich die Piraten für ein friedliches Miteinander gegeben haben. Als Claus-Brunner vor der Sitzung mit einigen Journalisten sprach, rief Fraktionskollege Alexander Morlang dazwischen: „Gerwald, wir machen keine Pressegespräche, ohne dass die Pressestelle dabei ist. Das haben wir beschlossen.“ Und auch die neue Regel, dass Zuspätkommen kostet, wurde in die Tat umgesetzt. 38 Euro pro Kopf mussten zwei Piraten zahlen - für je eine Minute, die sie zu spät eintrafen und damit die 38 im Saal Anwesenden warten ließen.
Karin Christmann
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