Drehort Berlin: Die Vier von der Tanzschule
Mit dem Dreiteiler „Ku’damm ’56“ fand das ZDF viel Zuschauer. Die Fortsetzung spielt drei Jahre später.
Jetzt ja nicht kleckern! Saucenspritzer auf den schicken Fünfziger-Jahre-Klamotten? Um Gottes Willen! Obenrum hat man zum Glück vorgesorgt und den Darstellern und Statisten durchsichtige Plastiklätzchen verordnet. Von Kopf bis Fuß auf Fifties eingestellt haben sie sich am frühen Freitagnachmittag an Holztischen zum Essen niedergelassen haben, und was auch immer das Catering nun bieten mag: Krawatte oder Seidenschal bleiben rein.
Auch die Chauffeure der bereitstehenden Fahrzeugflotte haben sich zur Essenausgabe begeben. Ruhe also auf dem Kurfürstendamm, nur der Pulk der zum Setbesuch geladenen Journalisten wieselt noch immer in langsam abklingender Aufgeregtheit herum. Einen tollen Fahrzeugpark hat man hier versammelt, ein Oldtimer-Treffen mit Isetta und Gogomobil, mit Borgward Isabella, dem Ur-Bulli und dem Käfer, mit Opel Olympia Rekord oder auch Kapitän, Messerschmitt-Kabinenroller (als Cabrio!), DKW, Wartburg, dazu ein uralter Großer Gelber der BVG – eine Sternstunde für Liebhaber alten Blechs.
Gedreht wird nicht am Kurfürstendamm
Selbstverständlich wird „Ku’damm ’59“ nicht am Kurfürstendamm gedreht. Wenn es um die Fünfziger geht, ist er als Darsteller seiner selbst unbrauchbar. Aber hier in der Richard-Wagner-Straße in Charlottenburg, zwischen Zillestraße und Otto-Suhr-Allee, hat man viel getan, um die Nebenstraße zum Boulevard umzudekorieren, samt neugetauftem U-Bahn-Eingang, anderen Straßenschildern, einem historisch anmutenden Zeitungskiosk auf dem Mittelstreifen, einer Milchbar mit Stühlen, auf die sich schon Horst Buchholz als Halbstarker gerne hingeflegelt hätte, und vor allem mit der Tanzschule „Galant“ im Haus Kurfürstendamm 56.
Eine unter Fernsehzuschauern bekannte Adresse: „Ku’damm ’56“, so hieß ein von der Ufa fürs ZDF produzierter Dreiteiler, der im Frühjahr 2016 generationenübergreifend ungemein erfolgreich war. Eine auf die Tanzschulenbesitzerin und ihre drei Töchter fokussierte Geschichte aus dem Jahre 1956, die am Kurfürstendamm 56 spielte und nun um drei Jahre vorangeschritten ist – freilich ohne dass die Tanzschule um drei Hausnummern weiterziehen musste.
"Ku'damm '56" war für den Grimme-Preis nominiert
Drehbuchautorin Annette Hess – ihr „Ku’damm ’56“ war 2017 für den Grimme-Preis nominiert – hat ihre Geschichte fortgeschrieben, kann sich dabei auf dasselbe erfolgreiche Team verlassen, mit Claudia Michelsen als Tanzstundenchefin Caterina Schöllack und Sonja Gerhardt, Emilia Schüle und Maria Ehrich als ihre Töchter Monika, Eva und Helga. Alle diese Figuren seien von realen Personen inspiriert worden, nach Erzählungen ihrer Mutter über eigenes Leben und das ihrer Freundinnen, versichert die Autorin.
Und das war keineswegs so leicht dahinwirbelnd wie der frühe Rock’n’Roll, der auch in „Ku’damm ’59“ zum unvermeidbaren Soundtrack gehört. Hier ein uneheliches Kind, dort ein Ehemann mit aus damaliger Sicht verwerflichen Neigungen, da einer, der auch schon mal zuschlägt – der Weg der Emanzipation, den die jungen Frauen, allen voran Nicki, die Sängerin, zu beschreiten versuchen, ist dornenreich und beschwerlich. „Lebst du dein Leben oder erfüllst du die Erwartungen deiner Mutter?“ – eine Frage, die über aller Schicksal schwebt. Bis sie dem Zuschauer beantwortet wird, wird aber noch einige Zeit vergehen: irgendwann im Frühjahr 2018.