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SPD-Fraktionschef Raed Saleh verteidigte sein Brennpunktprogramm im Plenum - und weitet es aus.
© Davids/Sven Darmer

Brennpunktprogramm: Die SPD überrascht die freien Schulen

SPD-Fraktionschef Saleh hilft den Privatschulen: Sie sollen vom Brennpunktprogramm profitieren. Ganz freiwillig war das nicht.

Da ging dann doch ein Raunen durch das Parlament: Zur Überraschung von CDU und Opposition hat sich SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Donnerstag auf die Seite der Privatschulen geschlagen. Er kündigte an, dass das Brennpunktprogramm künftig auch freien Trägern zukommen soll. Damit entschied er gegen die linken Kräfte in seiner Fraktion, die vehement gegen eine Berücksichtigung der freien Schulen votiert hatten.

„Es geht uns nicht um die Schulform, sondern um die Kinder“, begründete Saleh seinen Vorstoß. Wenn in einer freien Schule mehr als die Hälfte der Kinder aus armen Familien komme, „gelten hier unsere Maßstäbe“. Und ein Maßstab sei, dass es einen „Aufstieg für alle“ geben müsse. Eine Schule, die sich um benachteiligte Kinder kümmere, solle entsprechend unterstützt werden.

Auch die Berufsschulen sollen Geld bekommen

Zudem bekräftigte Saleh seine Ankündigung vom Dezember, dass die Berufsschulen Geld aus dem Brennpunktprogramm erhalten. Das solle ebenfalls für den Haushalt 2016/17 gelten. Ebenso wie die allgemeinbildenden öffentlichen Schulen sollen die Berufs- und Privatschulen 100 000 Euro pro Jahr bekommen, wenn sie mehr als 75 Prozent Kinder aus armen Familien betreuen; 62 500 Euro sind es pro Schule mit 50 bis 75 Prozent sozial schwacher Klientel.

Die Grünen waren wieder schneller als die Koalition

Saleh hat sich mit dieser Ankündigung auf die Seite des Koalitionspartners und der Opposition geschlagen: Allen voran die grüne Bildungspolitikerin Stefanie Remlinger hatte vehement eine Beteiligung der Berufs- und Privatschulen gefordert und entsprechende Anträge gestellt, die zurzeit im Bildungsausschuss liegen – übrigens ebenso wie der grüne Antrag zur Abschaffung der Früheinschulung. Auch in diesem Punkt ist die Koalition inzwischen den Grünen gefolgt. Allerdings erst nachdem die CDU und insbesondere ihr Fraktionschef Florian Graf starken Druck auf die SPD ausgeübt hatte.

Beim Brennpunktprogramm und den Privatschulen war der Druck von der CDU wohl nicht mehr nötig: Der SPD-Fraktionschef gelangte offenbar letztlich von sich aus zu der Überzeugung, dass auch die Privatschulen beteiligt werden sollten. Letztlich stand die SPD-Linke mit ihrer Weigerung ganz allein da, da sich nach den Grünen und den Piraten selbst die Linkspartei auf die Seite der freien Brennpunktschulen geschlagen hatte.

Zwei freie Schulen klagen gegen das Land

Der Fraktionsschef hat großes Interesse an der Akzeptanz des Brennpunktprogramms, da er es selbst vor zwei Jahren durchgesetzt hat. Damals hatte allerdings niemand daran gedacht, dass es auch freie Schulen geben könnte, die derart viele arme Kinder betreuen. Dies wurde erst bekannt, als zwei der acht betroffenen Schulen klagten: Die Hellersdorfer Arche- (inzwischen "Sabine-Ball-Schule") und die Spandauer Immanuel-Schule warten zurzeit auf eine Entscheidung der Gerichte. Als ihre Forderung im September 2014 bekannt wurde, hatte allerdings Salehs Fraktionskollege Lars Oberg dieses Ansinnen abgelehnt: Es sei „denklogisch“, dass die freien Schulen kein Geld aus dem Programm bekämen, hatte Oberg betont, der dem SPD-Arbeitskreis für Bildung vorsitzt. Saleh hingegen befand am Donnerstag, es sei „sozialdemokratisch“ und „folgerichtig“, Kinder ohne Unterschied zu fördern. Saleh appellierte an die freien Schulen, sich künftig auch mehr für Flüchtlinge zu engagieren, indem auch sie Willkommensklassen einrichten.

Der Geschäftsführer des christlichen Trägers von Sabine-Ball- und Immanuel-Schule, Wolfgang Stock, sagte am Donnerstag, "wir freuen uns, dass auch die SPD die Menschen in den Vordergrund stellt". Die Klage laufe aber weiter, denn dort geht es um die Finanzierung für 2014 und 2015.

Weitere 1,5 Millionen Euro könnten fällig werden

Vom Brennpunktprogramm, das inzwischen „Bonusprogramm“ heißt, profitieren bislang 219 Schulen. Sie können die insgesamt 15 Millionen Euro für eigene Schwerpunkte wie Hausaufgabenhilfe, Theaterarbeit oder Berufsorientierung verwenden. Wenn die Berufs- und Privatschulen hinzukommen, werden rund 1,5 weitere Millionen fällig: Die Bildungsverwaltung geht davon aus, dass rund zwölf Berufsschulen die Kriterien für das Brennpunktprogramm erfüllen.

Susanne Vieth-Entus

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