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Die Jusos wollen eine Debatte über Personal und das schlechte Wahlergebnis in Berlin.
© dpa

Interview mit der Berliner Juso-Vorsitzenden: "Die SPD hat ein massives Vertrauensproblem"

Die Berliner Jusos-Vorsitzende Annika Klose will ein Signal gegen die "Weiter so"-Rhetorik. Auch Personalfragen müssen zur Debatte stehen.

Frau Klose, Sie haben zu Ihrer Juso-Landesdelgiertenkonferenz am heutigen Sonntag auch SPD-Parteichef Michael Müller eingeladen. Hat er zugesagt?

Michael Müller ist unser Landesvorsitzender. Wir haben ihn eingeladen und noch keine Absage erhalten. Deshalb erwarte ich, dass er kommt. Und darauf freuen wir uns natürlich.

Sie wollen auch über den Wahlausgang debattieren. Wie sehen sie das Ergebnis von 21,6 Prozent?

Die große Koalition wurde abgewählt. Aber es ist ein sehr schlechtes Ergebnis für die SPD. Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir das verbessern. Die soziale Gerechtigkeit war die wahlentscheidende Frage. Und die ist unser Markenkern. Und offenbar hat die SPD ein massives Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsproblem.

Was muss sich verändern?

Der Konsolidierungskurs war zu lang, die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge war ein großer Fehler. Das Umsteuern ist zu spät passiert. Die SPD hat dann ja auch zum Beispiel in die Schulsanierung investiert. Das aber wurde nicht ausreichend kommuniziert. Und das ist bei den Menschen nicht angekommen beziehungsweise sie haben uns das nicht mehr abgenommen. Und da war der Wahlkampagnen-Claim „Berlin bleibt“ nicht besonders hilfreich. Es geht uns Jusos wirklich nicht darum, alles schlecht zu reden. Aber wir müssen Vertrauen zurückgewinnen, indem wir die Themen klarer herausstellen

Muss die SPD selbstkritischer sein?

Man muss hinterfragen, was schief gelaufen ist. Das macht die Partei auch. Unser Spitzenpersonal muss sich da einbringen und die Konsequenzen daraus ziehen. Wir brauchen ein deutliches Signal, dass es ein Weiter so nicht geben wird.

Meinen Sie auch personelle Konsequenzen an der Parteispitze?

Einen Führungsstreit möchte niemand. Er ist nicht hilfreich. Während der Koalitionsverhandlungen muss man geschlossen auftreten. Dennoch bin ich der Überzeugung, dass wir uns genau anschauen müssen, welches Personal in Zukunft unsere Inhalte glaubwürdig vertreten kann.

Was erwarten Sie von einem rot-rot-grünen Bündnis?

Wir unterstützen dieses Bündnis und halten das für eine gute Chance für Berlin, um soziale Aspekte wieder mehr in den Vordergrund zu stellen wie zum Beispiel der Ausbau der Gemeinschaftsschule, der mit der CDU nicht möglich war. Mit Rot-Rot-Grün kann man auch in der Mietenpolitik stärker eingreifen und Milieuschutzgebiete ausweiten, die Mietpreisbremse verschärfen und den landeseigenen Wohnungsbau mit bezahlbaren Mieten verstärken. Auch die Rekommunalisierung der Netze von Strom, Gas und Fernwärme muss vorangetrieben werden.

Das Gespräch führte Sabine Beikler.

Annika Klose (24) ist seit Oktober 2015 die Berliner Juso-Vorsitzende. Die Berliner Jusos haben rund 5000 Mitglieder und sind bundesweit der viertgrößte Juso-Landesverband.

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