Preußisches Arkadien: Die Sehnsuchtsorte des Gartenkünstlers
Vor 225 Jahren wurde Peter Joseph Lenné geboren. Ein neuer Bildband feiert seine Werke.
Breite Alleen, schön und gut, sie sind in städtischen Parks wohl unvermeidlich. Man will ja nicht nicht nur sehen, sondern auch gesehen werden. Aber „wie viel angenehmer sind nicht die gekrümmten Gänge der Naturgärten, durch welche man nicht nur den Raum besser benutzt, sondern auch den Plan des Ganzen nicht übersehen kann und fast jeden Schritt etwas Neues erblickt!“ So betonte immer wieder der „Buddel-Peter“, wie Peter Joseph Lenné von den Berlinern angesichts seiner nachhaltigen Grabetätigkeit gerne mal genannt wurde. Man muss hier nicht weit suchen, um sich sein gartengestalterisches Credo vor Augen zu führen, es sich Schritt für Schritt zu erlaufen. Man spaziere nur gemütlich durch den Großen Tiergarten, abseits der Straße des 17. Juni, die schon zu Lennés Zeiten, nebst anderen schnurgeraden Alleen, als Charlottenburger Chaussee das frühere kurfürstliche Jagdrevier durchschnitt. Man beschreite die geschwungenen Wege, verweile an den stillen Gewässern, halte wohl auch inne und gedenke des Herren Peter Joseph Lenné.
Nicht der einzige Vater des Großen Tiergartens, aber doch der, welcher ihm sein heutiges Gepräge gab, der die barock-pfeilgeraden Alleen seines Vorgängers Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff mit einem lockeren Wegegespinst im Stile des Englischen Landschaftsgartens umwob. Am 29. September 1789, an diesem Montag vor 225 Jahren, wurde er in Poppelsdorf bei Bonn geboren, am 29. Januar 1866 ist er in Potsdam gestorben und dort auf dem Bornstedter Friedhof, liegt er auch begraben, Seite an Seite mit seiner Frau.
Friederike hieß sie, nicht Karoline – das gibt einen ersten Einblick in Lennés selbstbewussten Charakter. Letztere war die Tochter des Potsdamer Gartendirektors Johann Gottlob Schulze, und es war üblich, dass Lenné als Untergebener und avisierter Nachfolger sich diese als Ehefrau erkor. Aber nicht mit ihm! Tradition hin, Brauch her – die Tochter des Hofgärtners Joachim Voß war Lenné lieber.
Auch gegenüber den Majestäten, unter denen Lenné seine Garten- und Landschaftskunstwerke entwerfen und verwirklichen durfte, schreckte er vor Sottisen, die man ihm leicht hätte übelnehmen können, nicht zurück: „Eure Majestät begreifen immer noch nicht das Geniale meiner Idee!“, soll er Friedrich Wilhelm IV. entgegnet haben, als dieser an Plänen zur Umgestaltung des Parks von Sanssouci nicht gleich Gefallen fand. Erboste Reaktionen? Es sind keine bekannt. Unter drei preußischen Königen hat Lenné gewirkt: Friedrich Wilhelm III., ein ziemlicher Knauserich, der die Pläne zur Umgestaltung des Großen Tiergartens erst wegen zu hoher Kosten ablehnte, so dass Lenné ihm mit Teilplänen austricksen musste; Friedrich Wilhelm IV., dem er ein preußisches Arkadien entwerfen durfte; und zuletzt Wilhelm I., aber da war Lenné schon alt, führte nur noch private Projekte aus, zog sich allmählich zurück.
Ein schaffens- und anekdotenreiches Leben, in dem der Spross einer Rheinländischen Gärtnerfamilie zum königlichen Gartengeneraldirektor und Ehrenmitglied der Berliner Akademie der Künste aufstieg. Die Kulturjournalistin Christa Hasselhorst hat es rechtzeitig zum Jubiläum des preußisch-grünen Zaubermeisters in einem üppig und überaus ansehnlich illustrierten Band gefeiert. Es sei „kein weiteres wissenschaftliches Werk“, sondern eines, „mit dem Menschen für Lennés zahlreiche grüne Kunstwerke begeistert werden sollen“, wie die Autorin zutreffend schreibt, die nach einer knappen Einführung in Lennés Leben 38 von ihm gestaltete Park- und Gartenanlagen vorstellt. Berlin ist mit dem Schlosspark Charlottenburg, der Pfaueninsel, Klein-Glienicke und dem Tiergarten vertreten, Potsdam mit Sanssouci, dem Neuen Garten, Babelsberg, das übrige Brandenburg mit acht weitere Grünanlagen. So ist das Buch eine schöne Anleitung zum Entdecken wenig bekannter Lennéscher Werke wie etwa des Parks von Schloss Marquardt bei Potsdam, der als „arg verwildert“ beschrieben wird. Wie mahnte schon Lenné? „Nichts gedeiht ohne Pflege und die vortrefflichsten Dinge verlieren durch unvernünftige Behandlung ihren Wert.“
Christa Hasselhorst: Peter Joseph Lenné – Vom Erschaffen der Landschaft. Edition Braus, Berlin. 144 Seiten, 140 Abbildungen, 39,95 Euro
Andreas Conrad
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