Blog „Worst of Chefkoch“: Die Rezeptsammlung des Grauens
Zwei Blogger sammeln die schlimmsten Kochideen. Im Festsaal Kreuzberg laden sie zum Probieren ein.
Da kann einem schon mal schlecht werden: Als Vorspeise gebackener Mett-Bananen-Toast mit Curry, danach mit Hackfleisch gefüllte Schinkenröllchen, die begraben sind unter einer rosa Masse aus Schmand, süßer Sahne und jeweils einer Flasche Chilisauce und Ketchup. Zum Nachtisch Handkäse-Eis mit Feigensenf, und weil das Ganze ja auch irgendwie verdaut werden muss, noch einen leckeren Wodka mit Maggi hinterher.
So oder so ähnlich könnte ein Dinner aussehen, wenn man es nach den Rezepten von „Worst of Chefkoch“ zubereitet. Dabei denken sich die beiden Gründer des erfolgreichen Blogs auf der Social-Media-Plattform „Tumblr“ die Gerichte nicht mal selbst aus, nach dem Motto je ekelhafter, desto besser. Lukas Diestel und Jonathan Löffelbein sammeln lediglich Gerichte, die in der online Rezepte- und Kochcommunity chefkoch.de veröffentlicht wurden. „Das Schlimmste, was aus der kulinarischen Hölle von chefkoch.de an die Oberfläche gespült wurde“, so beschreiben sie ihr Projekt selbst – und versehen die Rezepte mit eigenen, etwas über die Kreativität richtiger Foodblogs hinausgehenden Kochanleitungen.
"Ich bin ein Gewinner, ich kann wie Andi sein!"
So wird zum Beispiel für die Zubereitung der „Tomatenplatte à la Andi“ (rohe Tomatenscheiben, die so simpel wie unappetitlich mit Salz, Pfeffer, Fondant und Maggi mariniert werden, dazu rohe Zwiebeln) empfohlen: „Um dieses Rezept zuzubereiten, brauchen Sie vor allen Dingen eins: den richtigen Mindset. Channeln Sie Ihren inneren Christian Lindner. Wiederholen Sie vor einem Spiegel, wenn nötig stundenlang: ‚Ich bin ein Gewinner, ich kann wie Andi sein!“
Angefangen hat alles im Sommer 2017 in einem Biergarten, nach genau der richtigen Anzahl an Hopfengetränken, wie Lukas Diestel erzählt. Also fast eine echte Schnapsidee, von der die beiden damaligen Geisteswissenschaftsstudenten niemals gedacht hätten, dass sie damit mal ihren Lebensunterhalt bestreiten und in Berlin auf der Bühne stehen würden. „Wir wollten mit dieser Sammlung von völlig absurden Rezepten und Essensfotos einen Gegenpol bilden, zu all dem perfekt angerichteten und ausgeleuchteten Essen, das man sonst überall im Internet sieht“, sagt Diestel. Also quasi ein Anti-Instagram-Foodblog.
Manchmal schmeckt den Leuten ein Gericht tatsächlich
Mittlerweile hat „Worst of Chefkoch“ um die 160 000 Fans auf Facebook und Instagram, es gibt ein Kochbuch, „Die Rezeptsammlung des Grauens“, und eine Liveshow, mit der Diestel und Löffelbein auf Tour gehen. Am Donnerstag treten sie auch in Berlin auf, im Festsaal Kreuzberg in Alt-Treptow. Die Gäste erwartet eine Mischung aus Lesebühne und Kochshow. Sie lesen verschiedene eigene Texte, die nicht alle etwas mit Essen zu tun haben, machen ein wenig Stand-up-Comedy und „kochen“ live Rezepte aus ihrem Blog nach– natürlich mit den üblichen Probierhäppchen.
Wer zur Show kommt, hat also vielleicht Gelegenheit, ein paar der modernen Klassiker der „Worst of Chefkoch“-Küche zu kosten: Zubereitet wird unter anderem Nufleika (Toastbrot mit Nutella und Fleischwurst, überbacken mit Käse), mit Käse überbackener Käse oder Salzstangenauflauf. „Unsere Gerichte zu probieren, ist vielleicht kein großer Genuss“, sagt Diestel, „aber immer ein Erlebnis.“ Es passiere allerdings manchmal, dass den Leuten ein Gericht tatsächlich schmecke. Für alle, denen das nicht so geht, servieren die Gastgeber die Gute Laune Cola. Nach zwei bis drei Gläsern davon kann man sich am nächsten Tag eh an nichts mehr erinnern. Zutaten: vier Eiswürfel, 200 Milliliter Cola, 200 Milliliter Rum. Cheers!
Worst of Chefkoch am 10. Januar ab 20 Uhr im Festsaal Kreuzberg, Am Flutgraben 2 Alt-Treptow. Tickets kosten 17 Euro unter: www. festsaal-kreuzberg.de
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