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Dienst am Wochenende. Die Fenster werden alle kontrolliert.
© Davids/Darmer

Berlin-Charlottenburg: Die Poelchau-Schule, eine Bruchbude

Asbest in den Fenstern, die Flügel marode, die Eltern verzweifelt: Ständig werden Baumängel in der Poelchau-Eliteschule entdeckt. An diesem Wochenende müssen Handwerker eine Zusatzschicht schieben.

Alle Fenster der Charlottenburger Poelchau-Sekundarschule sollen am Wochenende Stück für Stück umgerüstet werden, um weiteren Unfällen vorzubeugen. Das ist das Ergebnis einer Sicherheitsüberprüfung, nachdem am Donnerstag ein Fenster aus seiner Verankerung gerissen wurde und drei Schüler verletzte. Die baugleiche benachbarte Anna-Freud-Berufsschule wird ebenfalls gesichert. Damit ist die Poelchau-Sportschule nach den Debatten auch um die Asbest-Sanierung erneut anders im Fokus der Öffentlichkeit, als es ihr lieb ist.

„Das Fenster ist nicht einfach aus der Wand gefallen, sondern der Unfall ereignete sich beim Öffnen“, sagte Schulleiter Matthias-Carsten Rösner am Freitag. In einem Gutachten, das dem Tagesspiegel vorliegt, steht: „Möglicherweise wurde das Fenster unsachgemäß geöffnet“. Laut Rösner habe ein Schüler versucht, das – oben mit einer sogenannten Halterungs-Schere – ausgerüstete Fenster in Kippstellung zu bringen. Dabei habe ein Haken nachgegeben und sei gebrochen. Um zu verhindern, dass sich dergleichen wiederholt, seien jetzt „sechs bis sieben“ Sicherheitsingenieure und Tischler dabei, die Holzfenster so umzurüsten, dass sie nur noch vollständig geöffnet und nicht mehr gekippt werden können. „Beim Kippen hängt das Fenster nur an einem Punkt am Fensterrahmen“, erläutert Rösner die Gefahr bei diesem speziellen Modell. Ihn „wundert, dass so ein Unfall in 40 Jahren das erste Mal geschehen ist“. Laut dem dieser Zeitung vorliegenden Gutachten drohe „bei sachgemäßer Öffnung keine akute Absturzgefahr“.

Falls es nicht so schnell gelinge, alle Fenster umzurüsten, werde aber in den bereits fertigen Räume unterrichtet. Am Freitag behalfen sich die Lehrer damit, die Bänke der Schüler von den Fenstern abzurücken – für alle Fälle. Kurz nach 7 Uhr hatte sich Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) in der Schule umgesehen, um das Vorgehen mit den Technikern und der Schulleitung zu besprechen. Sein Erscheinen war geboten, nachdem zwei Schüler verletzt worden waren: Der eine Junge hatte einen Schock erlitten, der andere eine Platzwunde am Kopf. Beide waren vorübergehend in das DRK-Klinikum Westend eingeliefert worden. Ein dritter Schüler konnte ambulant versorgt werden. Das ist aber nicht alles:

2015 soll die Poelchau-Schule zum Olympiastadion ziehen

Die Bildungsverwaltung muss auch deshalb ein besonderes Augenmerk auf die Schule haben, weil sie als Eliteschule des Sports direkt dem Land und nicht dem Bezirk unterstellt ist. Zuständig für die Sicherheit ist also die Bildungsverwaltung. Letztlich war auch der ehemalige Schulleiter Rüdiger Barney nicht mehr wohlgelitten, weil er sich stets an die Spitze der Protestbewegung gestellt hatte. Er ging im Frühjahr widerwillig in Pension. Besonders aufgeschreckt waren die Eltern, Schüler und Lehrer, weil in dem Gebäude Asbest verbaut ist. Zehn Prozent der Fenster sind seit langem nicht mehr zu öffnen, weil sie schadhaft waren und verhindert werden sollte, dass aus den Rollläden Asbest bröselte.

„Die Fenster waren immer wieder ein Thema“, sagte Barney am Freitag. Meist sei es darum gegangen, dass die Fenster nicht richtig schlossen. Alle Proteste mündeten darin, dass der Schule ein neues Gebäude auf dem Olympiapark zugebilligt wurde. Der Umzug kann allerdings erst im Sommer 2015 erfolgen. Vorher sind die neuen Gebäude nicht fertig. Somit müssen die Betroffenen noch über eineinhalb Jahre in dem alten Bau ausharren. Immer wieder hatten die Eltern Übergangsunterbringungen gefordert.

Laut Polizei hat eine Elternvertreterin der Schule den Fall angezeigt. Deshalb werde jetzt gegen unbekannt wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt, fügte die Polizei hinzu. Zuständig für die Immobilienbewirtschaftung des Landes ist die BIM (Berliner Immobilienmanagement GmbH).

Susanne Vieth-Entus

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