Aufsichtsrat für Berliner Flughafen: Die Neubesetzung am BER ist ein fauler Kompromiss
Wie können ein Kultur- und ein Justizsenator die Chaos-Baustelle BER voranbringen? Gar nicht. Die Personalien stehen nicht für Baufortschritte, sie sind allein politisch motiviert. Ein Kommentar.
Aus dem Urlaub heraus hat sich Michael Müller durchgesetzt. Der Regierende Bürgermeister kann den Vorsitz im BER-Aufsichtsrat behalten und in Zukunft die politische Verantwortung für die Horror-Baustelle in Schönefeld gleichmäßig auf die Schultern von SPD, Linken und Grünen verteilen.
Müller wird damit sehr zufrieden sein. Ab sofort hat er einen Kultur- und einen Justizsenator aus den Reihen der Regierungspartner mit ihm Boot, wenn wieder mal etwas schief geht beim BER. Gemeinsam kentern ist zwar nicht schöner, aber ein schweres Schicksal zu teilen, spendet immerhin Trost. Weniger flapsig lässt sich der Senatsbeschluss vom Dienstag nicht kommentieren. Denn sachlich begründbar ist der faule Kompromiss, den ein ferienbedingt stark dezimiertes Kabinett im Roten Rathaus gefunden hat, auch bei wohlwollender Betrachtung nicht.
Was hat ein Kulturpolitiker im Aufsichtsrat des wichtigsten Infrastrukturprojekts der Hauptstadtregion zu suchen? Und wie kann ein Berliner Justizsenator helfen, einen Flughafen zu retten, von dem niemand mehr mit Gewissheit sagen kann, ob und wann er eröffnet wird? Eine Erfahrung aus dem Bauvorhaben, das in der Krisenschleife hängt, ist doch: Terminüberlastete und schlecht vorbereitete Regierungspolitiker sind als Kontrolleure ungeeignet.
Wowereit scheiterte an der Doppelfunktion
Der ehemalige Berliner Regierungs- und Aufsichtsratschef Klaus Wowereit, der 2014 in dieser Doppelfunktion endgültig scheiterte, weiß davon ein garstiges Lied zu singen. Und sein sozialdemokratischer Parteifreund und Amtsnachfolger Müller hatte, als er ins Rote Rathaus einzog, zunächst auch den richtigen Reflex. Er wollte nämlich nicht in den Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft, erst recht nicht als Vorsitzender des Gremiums. Dann gab Müller sich doch einen Ruck – Macht ist nun mal verführerisch – und hat in den vergangenen zwei Jahren die Folgen tragen müssen.
Müller schlug sich durchaus tapfer, aber ohne jede positive Wirkung auf den Baufortschritt. Jetzt wäre die Gelegenheit gewesen, eine schlagkräftigere Variante für die Kontrolle des Bauvorhabens auszuwählen. Der Vorschlag der Grünen, mehr unabhängige Expertise in den Aufsichtsrat zu holen, wies auch in die richtige Richtung. Zumal die Miteigentümer Brandenburg und der Bund schon lange nicht mehr verstehen, warum Berlin ohne nachvollziebare Argumente auf einer hoch politischen Besetzung des Gremiums besteht.
Doch die Grünen sind mit ihrer Forderung krachend gescheitert. Es gibt dafür nur einen Grund, der plausibel klingt: Man wollte nicht schon wieder einen rot-rot-grünen Koalitionskonflikt, wie im Fall Holm, eskalieren lassen. Für schwere Belastungsproben, die sich in kurzen Abständen wiederholen, ist dieses Regierungsbündnis nicht gebaut.
Beim nächsten Streit, um was auch immer, werden sich die Sozialdemokraten allerdings vor den Grünen hüten müssen. Die sind überhaupt nicht amüsiert. Die Linken haben sich dieses Mal völlig rausgehalten und frühzeitig signalisiert, dass sie jede Lösung des Personalproblems im BER-Aufsichtsrat mittragen werden. Man muss sich ja nicht mit allem belasten. Erst recht nicht mit so einer komischen Bauruine am Berliner Stadtrand.