Rot-Schwarz: Die künftige Koalition und das Thema Sicherheit
Nach neuen Attacken im Nahverkehr diskutiert Berlins Politik das Thema Sicherheit. Zum Knackpunkt in den Koalitionsverhandlungen wird das Thema vermutlich nicht - aber Differenzen gibt es dennoch.
Nach neuen Gewalttaten im Nahverkehr am Wochenende rückt das Thema Sicherheit in Bussen und Bahnen auch in den Fokus der Koalitionsgespräche von SPD und CDU. Am Sonntagmorgen ging in der Ringbahn zwischen Treptower Park ein Mann auf einen anderen mit einem Messer los. Sonntag früh hatten drei junge Randalierer auf dem U-Bahnhof Elsterwerdaer Platz in Biesdorf zunächst einen Waggon beschädigt und dann ein Pärchen attackiert. Eine BVG-Angestellte rief die Polizei, die drei Schläger (18 bis 19) wehrten sich jedoch massiv gegen die Festnahme und verletzten mehrere Beamte leicht. Am Sonnabend war ein junger Mann auf einem S-Bahnsteig geschlagen und ins Gesicht getreten worden. Die beiden Täter wurden nicht gefasst. Auch die beiden Räuber, die in der U7 eine Frau leicht verletzten, konnten flüchten.
Dass die erneuten Vorfälle die Gespräche zwischen SPD und CDU aufheizen könnten, gilt als unwahrscheinlich. Man sei sich einig, dass die öffentlichen Übergriffe nicht hinnehmbar seien, hieß es am Wochenende auf beiden Seiten. Die potenziellen Koalitionäre würden die innere Sicherheit aber nicht in den Mittelpunkt ihrer Verhandlungen stellen. Dies könne man auch daran ablesen, dass die Arbeitsgruppe „Recht / Innere Sicherheit“ sich erst am 21. Oktober trifft. Unüberbrückbare Differenzen seien nicht zu erwarten.
So verwies ein CDU-Abgeordneter darauf, dass auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit sich in der Vergangenheit bereits für eine 48-stündige Speicherung der Videobilder bei der BVG ausgesprochen habe. Genau dies fordern CDU und BVG. 48 Stunden dürfen die Bilder bereits bei der Deutschen Bahn gespeichert werden, die Bundesrecht unterliegt. Allerdings hat die S-Bahn nur in großen Umsteigestationen Kameras montiert. In den Zügen gibt es bislang keine – auch weil der Betriebsrat dagegen ist, sagte ein Sprecher. Er betonte jedoch, es sei Sache der Länder Berlin und Brandenburg, die den Nahverkehr bezahlen, eine Nachrüstung mit Videokameras zu bestellen – und natürlich zu finanzieren.
Bei der BVG ist bereits fast jeder Bus und jeder dritte U-Bahn-Wagen mit Kameras gesichert, allerdings werden die Bilder nur 24 Stunden gespeichert, mehr erlaubt das Berliner Recht bislang nicht. Dies ist aus Sicht von Polizeiexperten zu knapp, um auf jeden Fall eine Auswertung sicherzustellen. Eine rot-schwarze Koalition könnte dieses Gesetz ändern.
Lesen Sie auf Seite 2, was das Thema Sicherheit für die Verteilung der künftigen Senatorenposten bedeutet.
Die spannendste Frage – wer wird Innensenator – stellt sich der CDU bislang angeblich nicht. Schließlich sei offen, ob SPD-Senator Ehrhart Körting weitermachen wolle oder dürfe. Eine CDU-Abgeordnete sagte, dass es auch andere wichtige Posten gebe, „in denen man etwas gestalten kann“. Sie nannte neben Wirtschaft auch Bildung und Soziales. Schon vor Monaten hatte ein einflussreicher Parlamentarier der CDU zugegeben, „auch unter einem CDU-Innensenator würden Autos brennen“. Das gleiche, so hieß es jetzt, gelte für Gewalt im Nahverkehr.
Ein echter Streit zwischen beiden Parteien schwelt um die Personalie des Polizeipräsidenten. Wie berichtet, hatte Innensenator Körting in der vergangenen Woche die beiden verbliebenen Kandidaten zum Auswahlgespräch in seine Behörde geladen. Wann der Nachfolger benannt wird, ist offen. „Es wäre wenig elegant, wenn dies während der Koalitionsgespräche passiert“, warnte eine CDU-Abgeordnete die SPD.
Bekanntlich versucht Körting seit Monaten, seinen Wunschkandidaten Udo Hansen durchzusetzen, war damit aber im Sommer vor Gericht gestoppt worden. „Der beste Weg wäre eine Neuausschreibung der Stelle“, hieß es bei der CDU. Doch Abgeordnete betonten auch, dass eine Koalition an dieser Frage bestimmt nicht scheitern werde.
Das gleiche gelte bei der Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Diese war nach jahrelangem Streit vom bisherigen Polizeipräsidenten Dieter Glietsch erlassen worden. In der CDU hieß es, dass kein großer Druck bestehe, da noch zwei Klagen gegen die Kennzeichnung anhängig seien. In ihrem Wahlprogramm hatte die CDU die Abschaffung der Kennzeichnungspflicht gefordert. „Aber über diesen Punkt werden wir uns nicht prügeln“, sagte einer, „dann muss uns die SPD an anderer Stelle entgegenkommen.“