Landtagswahlen in Brandenburg: Die Kohle ist schon lange von gestern
Die viel beschworenen Arbeitsplätze schwinden in der Branche schon seit 1990. Auch wirtschaftlich seien die Kohlekraftwerke nicht mehr rentabel.
Spätestens 2038 ist Schluss mit der Kohleverstromung in Deutschland. Diese Entscheidung, die die Kohlekommission im vergangenen Januar getroffen hat, muss auf viele Lausitzer wie ein Schock gewirkt haben. In der Region zwischen Brandenburg und Sachsen hängen tausende Job an der Kohlewirtschaft. Sie werden verschwinden.
Tief hat sich den Menschen ins Gedächtnis eingebrannt, dass nach der Wende ganze Industrien entkernt wurden. Alle Hoffnungen lagen auf der Kohlewirtschaft, auch, weil es an Alternativen fehlte – bis heute. Vergessen wird aber oft, dass in dem Sektor seit den 1990er Jahren Stellen abgebaut wurden. Arbeiteten 1990 noch mehr als 100 000 Menschen im ostdeutschen Braunkohlebergbau, sind es jetzt rund 8000. Und der Trend dürfte sich fortsetzen: Braunkohlekraftwerke sind am Markt immer weniger rentabel, weil ihnen etwa der steigende CO2-Preis zu schaffen macht.
Die Nichtregierungsorganisation Sandbag, die die Profitabilität deutscher Kohlekraftwerke jüngst in einer Studie unter die Lupe genommen hat, spricht angesichts von Millionenverlusten in dreistelliger Höhe von einem „Kollaps“. Mit der Kohle wäre es also nicht ewig gegangen. Viele Energieexperten sagen, dass der Kohleausstieg allein mit Blick auf die Marktsituation wohl viel früher kommen würde als 2038. Gleichzeitig fallen die Kosten der Stromerzeugung aus Solaranlagen und Windkraftanlagen. Freilich: Die Bundesregierung hat noch einige Hürden aus dem Weg zu räumen, damit das Ziel, den Anteil der sauberen Stromerzeugung im Jahr 2030 auf 65 Prozent zu heben, wirklich erreicht werden kann.
Mit dem Kohleausstieg werden die betroffenen Regionen nicht allein gelassen: 40 Milliarden Euro fließen insgesamt für den Strukturwandel, auch das hat die Kohlekommission beschlossen. Die Bundesregierung folgt dieser Empfehlung.
Planlos in den Ausstieg
Damit die strukturschwache Lausitz durch den Kohleausstieg nicht überfordert wird, sollen erste Kohleblöcke bis 2022 zunächst im rheinischen Revier vom Netz gehen. Durch die Nähe etwa zu Köln gilt die Region als besser aufgestellt, der frühere Ausstieg damit als besser verkraftbar. Das Wirtschaftsministerium verhandelt derzeit mit dem Energieversorger RWE über die Höhe der Entschädigung. Der Deal könnte bald abgeschlossen sein. Denn: Die große Koalition im Bund befindet sich in einer Dauerkrise, unklar ist, wie lange sie noch durchhält. Da dürfte RWE ein großes Interesse daran haben, sich mit der jetzigen und nicht mit einer möglichen neuen schwarz-grünen Koalition zu einigen. Hinzu kommt die beschriebene Situation der Kraftwerke am Markt. RWE allerdings bestreitet in offiziellen Stellungnahmen, dass die Anlagen nicht mehr rentabel seien.
Für die Kraftwerke in Ostdeutschland gibt es noch keinen Abschaltplan. Möglicherweise kommt vom ostdeutschen Versorger Leag aber ein Angebot, einen Block stillzulegen, sobald die Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen gelaufen ist. Denn auch die Leag dürfte die schwindende Wirtschaftlichkeit der Braunkohle im Blick haben.
Wenn die Kohle in der Lausitz allmählich verschwindet, sollen neue Industrien kommen und bleiben. Die Region soll beispielsweise Wasserstoff-Zentrum werden, die Technologie ist ein elementarer Baustein für mehr Klimaschutz in der Industrie. Mit Blick auf den Kohleausstieg spricht Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier daher auch von einer „Riesenchance“. (nmz)