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Volles Haus. Auch der Tagesspiegel ist immer wieder mit Veranstaltungen in der Urania zu Gast.
© Kai-Uwe Heinrich

130 Jahre Urania in Berlin: "Die Insel der Wahrheit"

Vor 130 Jahren wurde die Urania gegründet – ein würdiger Anlass zum Feiern. Für den scheidenden Direktor gab es eine Medaille samt Standing Ovations.

Eine Urania ohne Himmelsglobus? Undenkbar. Schließlich ist sie in der griechischen Mythologie die Muse der Sternenkunde, da ist solch ein kugelrundes Zeichen ihrer Würde Pflicht.

Auch die personifizierte Urania, die am Montagabend in – natürlich – der Urania auftrat, hatte solch einen symbolischen Globus dabei: eine Frau in Weiß, eine optische Überraschung und ein guter Einfall, um 130 Jahre Urania zu feiern – und zugleich den Abschied des langjährigen Direktors Ulrich Bleyer. 23 Jahre hatte er das Amt inne, überreichte die Urania-Medaille Männern wie Hans-Dietrich Genscher – und erhielt sie nun selbst, nicht wegen der langen Dienstzeit, sondern weil er die Urania weitergebracht habe, wie sein Laudator Harald Lesch, Philosophieprofessor, TV-Moderator und selbst einst mit der Medaille ausgezeichnet, hervorhob. Da gab es Standing Ovations.

Als „Insel der Wahrheit“ pries Lesch die Urania, rühmte Bleyer als „unaufgeregten Idealisten“, der dem Fach, der Sache, dem Menschen verpflichtet sei. Doch es war nicht der einzige Preis, der verteilt wurde, Bleyer hatte 40 kleine Urania-Statuen anfertigen lassen, vergab sie nun seinerseits an alle, die sich in seinen Augen um sein Haus verdient gemacht hatten.

Den Wissensdurst der Bevölkerung stillen

Gäbe es die Urania nicht, müsste man sie erfinden. Aber das taten zum Glück exakt vor 130 Jahren beherzte Männer wie der Berliner Direktor der Königlichen Sternwarte Wilhelm Foerster, der Wiener Astronom Max Wilhelm Meyer und der Industrielle Werner von Siemens. Sie hatten die Idee, den Wissensdurst der breiten Bevölkerung zu stillen. Durch Vorträge und Ausstellungen wollte man alle am einsetzenden Fortschritt teilhaben lassen.

In elf Monaten Bauzeit wurde 1888/89 in der Invalidenstraße das damalige Gebäude der Berliner Urania errichtet, der weltweit ersten Einrichtung für wissenschaftliche Volksbildung. Dazu gehörten eine Sternwarte – Meyer war ja Astronom – und ein Theater. Man wollte auch, frei nach Urania-Vordenker Alexander von Humboldt, das „Gemüt ergötzen“.

Muse der Sternenkunde. Die Urania ehrt Direktor Ulrich Bleyer.
Muse der Sternenkunde. Die Urania ehrt Direktor Ulrich Bleyer.
© DAVIDS/Sven Darmer

Der Erfolg gab den Gründervätern recht. Das junge Deutsche Reich investierte in Wissenschaft und Kultur, die Industrie boomte, es herrschte Aufbruchsstimmung im Land. Hunderttausende strömten in die Veranstaltungen. So gesehen war die Urania das erste „Science Center“ der Welt. Doch die Gründer hatten den Nerv der Zeit getroffen. Alsbald wurden die Vorstellungen ihres „Wissenschaftlichen Theaters“ in die USA eingeladen. Und auch in anderen Städten wurden Urania-Vereine gegründet.

Nobelpreisträger live erleben

Auch heute kommen die Besucher in Scharen, mittlerweile ins neue Urania-Haus, um Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Kultur zuzuhören. Wo kann man schon einen Nobelpreisträger live erleben? In der Urania ist das möglich. Der amerikanische Physiker Kip Thorne zum Beispiel diskutierte 2015 auf Einladung von Urania-Direktor Ulrich Bleyer mit Besuchern des Wissenschaftszentrums – 2017 bekam er tatsächlich den Nobelpreis. Bleyer bewies mit dieser Einladung ein Gespür für Qualität.

Der studierte Physiker hat sich dafür eingesetzt, die Urania in sich rapide verändernden Zeiten neu zu positionieren und ein breites Publikum anzusprechen. Dazu gehören auch Filme und Gastveranstaltungen, unter anderem in Zusammenarbeit mit dem Tagesspiegel: Bereits seit 2010 läuft die gemeinsame Reihe „Stadt im Gespräch – Berlin im Wandel“.

Hereinspaziert. Die Urania ist für alle neugierigen Bürger da.
Hereinspaziert. Die Urania ist für alle neugierigen Bürger da.
© Kitty Kleist-Heinrich

„In einer Stadt, in der es Tausende von Veranstaltungen pro Tag gibt, muss man sein Programm mit Selbstbewusstsein vertreten“, sagte Ulrich Bleyer im großen Interview in der Jubiläumsbeilage im Tagesspiegel am Sonntag. „Und die Leute kommen ja zu uns, zu tausend Veranstaltungen im Jahr. Natürlich spüren wir die Konkurrenz, aber das ist nur mehr Ansporn, uns anzupassen, ohne allerdings unsere Kernkompetenz aus den Augen zu verlieren: Wissenschaft aus erster Hand, live.“

Und noch eines ist Bleyer wichtig gewesen: Die Urania finanziert sich aus Eintrittsgeldern, Mitgliedsbeiträgen und Spenden sowie der Vermietung von Räumen für Veranstaltungen. Es ist die neugierige Bevölkerung, die die Urania trägt.

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