Buga 2015: Die graue Stadt ist jetzt ’ne Schau
Brandenburg galt mal als trist. Dann kam die Buga – und taucht alles in Farbe. Die Buga habe die Menschen in der Gegend näher zusammengebracht, sagt Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann. Sogar eine Kirche blüht.
Mit jedem Meter, den die durchsichtige Gondel höher schwebt, steigt das Kribbeln im Bauch. Immer kleiner erscheint die Welt unter den Füßen, bis die Besucher unwillkürlich einen Schritt zurücktreten. Der Panoramablick aus 72 Meter Höhe auf die Stadt Brandenburg und deren Umland ist beeindruckend. Der direkt an der Havel und schräg gegenüber der Blumenschaukirche St. Johannis aufgebaute Buga-Skyliner bietet den besten Überblick über die „Hauptstadt“ der ungewöhnlichen Bundesgartenschau in der Havelregion. Denn von der Stadt Brandenburg ging vor zwölf Jahren der Vorstoß zur Bewerbung um diese Veranstaltung aus.
Damals galt die Stadt der Stahlwerker noch als „graue Maus“ mit vielen verfallenen Häusern und einem großen Loch im Stadtzentrum als Relikt des gescheiterten Baus eines Einkaufszentrums. Für einen touristischen Abstecher gab es nur wenige Gründe. Deshalb erschien eine Bundesgartenschau vielen Menschen als ein abenteuerliches Unterfangen. Selbst die Brandenburger Landesregierung zeigte sich von der Idee ganz und gar nicht begeistert und versagte jegliche Unterstützung. Heute ist der damalige Ministerpräsident Platzeck nicht mehr im Amt und dessen Nachfolger Woidke sonnt sich im Lichte der bundesweiten Aufmerksamkeit für dieses erfolgreiche Engagement, das vor allem mit dem Namen der Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann verbunden ist.
Sie selbst bezeichnet die damalige Idee heute als ein „bisschen verrückt“. Aber aus der schwachen Flamme der Hoffnung sei inzwischen ein mächtiges Feuer geworden. „Blicken Sie in die Gesichter der Menschen“, sagt die Oberbürgermeisterin selbstbewusst. „Die meisten Gäste und Einheimischen lächeln beim Stichwort Buga.“ Die ganze Region sei enger zusammengerückt und eine ganze Menge habe sich positiv entwickelt.
Eine Blumenschau in der Kirche
Bestes Beispiel für den Wandel ist die St. Johanniskirche, in der bis zum 11. Oktober wechselnde Blumenschauen stattfinden. In den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs schwer von Bomben getroffen und zur Ruine geworden, existierte für sie in den 1960er Jahren schon ein Abrissplan. Brandenburg sollte als „Stadt der Aktivisten“ ein sozialistisches Zentrum wie in Karl-Marx-Stadt (Chemnitz) oder auch Dresden erhalten. Dazu kam es glücklicherweise nicht. Doch die Gemeinde konnte nur noch ein Seitenschiff für den Gottesdienst nutzen, bis auch dieser wegen Baufälligkeit gesperrt wurde.
Der Zusammenbruch schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Dann kam die Buga als Retter. Die Kirchengemeinde verkaufte das nur notdürftig gesicherte Gotteshaus an die Gartenschau – für einen symbolischen Euro. Für 3,7 Millionen Euro wurde aus der Ruine ein Schmuckstück, das dank des Geschicks der Floristen im Innern toll erblüht ist. Nach der Buga will die Kirchengemeinde zumindest im Sommer wieder einziehen. Außerdem sind Kulturveranstaltungen geplant.
Auf dem Marienberg soll nach 200 Jahren wieder Wein gelesen werden
Auch der Marienberg mit dem silbern glänzenden Aussichtsturm „Friedenswarte“ bleibt erhalten. Im Herbst sollen auf dem Marienberg nach 200-jähriger Pause sogar wieder Trauben gelesen und zu Wein verarbeitet werden.
Eine Attraktion nur auf Zeit sind dagegen die Themengärten auf dem ehemaligen Werftgelände „Packhof“. Besucher werfen hier einen Blick ins Paradies, entdecken Treibgut aus der Havel, lernen die Herkunft von so mancher vermeintlich einheimischen Pflanze kennen oder genießen einfach die Blumen, Stauden und Bäume. Aber die neu gestaltete Grünanlage mit glatten Wegen zum Spazieren und Radeln können die Brandenburger und ihre Gäste natürlich auch nach der Gartenschau nutzen.
Noch nicht endgültig entschieden ist über die Zukunft der Waldmöpse im Humboldthain, jener hübschen Parkanlage zwischen Johanniskirche, Havel, Nicolaiplatz und Eingang zum Marienpark. Hier stehen und liegen die von Loriot alias Vicco von Bülow in einem unvergessenen Sketch beschriebenen Hunde mit Elchgeweih, zerdrückter Schnauze und Ringelschwanz.
Ausgedacht hat sich die etwa 50 Zentimeter hohen Bronzefiguren die junge Berliner Innenarchitektin Clara Walter, die im Rahmen ihres Studiums einen Wettbewerb für ein Denkmal zu Ehren des in Brandenburg geborenen und 2011 gestorbenen Künstlers betreute. Sie nahm Zeichnungen von Loriot und echte Möpse zum Vorbild und fertigte bisher neun Exemplare. Weitere sollen folgen, damit das erste Waldmopszentrum seinem Namen auch gerecht wird. Schließlich stammt von Loriot der unvergessliche Schatz: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.“