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Ein irrer Schnappschuss. Die Menschlange zieht sich quer durch den Tunnel. Alle wollen nur eins: einen Fahrschein.
© Melanie Berger

Flughafen Berlin-Schönefeld: Die endlose Schlange am S-Bahn-Ticketschalter

Schnell aus dem Flieger und ganz langsam weiter: Am Ticket-Automat verzweifeln Touristen, ob in SXF oder TXL. Doch BVG und S-Bahn rüsten jetzt auf.

Ankunft Flughafen Schönefeld, Brandenburg, Tarifzone C. Na, wenigstens gibt’s hier im Gegensatz zum Dauerprovisorium Tegel eine S-Bahn-Anbindung und man muss sich nicht mit 50 Rollkoffern in einen Bus quetschen.

Doch erst einmal heißt es hier: Schlangestehen am Fahrkartenautomaten. Und die hat es in sich, ist oft endlos lang – und damit so ziemlich das erste, was Berlin-Besucher von dieser Stadt sehen.

Keine Kreditkarte? "Ist das euer Ernst?", fragt der Russe

Igor und Vitali kommen aus Russland, sind auf einer Geschäftsreise. Sie lesen ihr Ziel von einer Karte ab, auf Deutsch. Einer buchstabiert, der andere tippt. Ein Fehler, zurück, das dauert. Sie stecken eine Karte in den Schlitz, um zu bezahlen: geht nicht. Erst jetzt sehen sie, dass auf den Automaten mit Filzstift „No Credit Cards“ geschrieben wurde. „Ist das ernst?“, fragt der Russe. Er hatte zuerst gedacht, es seien nur Schmierereien. Nein, das ist eine Information des Verkehrsunternehmens S-Bahn Berlin.

Im Mai kamen mehr als eine Million Menschen am Flughafen Schönefeld an. Täglich nutzen etwa 15.000 den Bahnhof dort. Neun Fahrkartenautomaten gibt es – drei auf dem Bahnsteig, sechs im Tunnel, der vom Flughafen zu den Bahnsteigen führt. Sie stehen jeweils als Paar und so weit auseinander, dass ankommende Touristen sie nicht auf einen Blick sehen. Deshalb drängeln sich alle am ersten Automat und tatschen aufs Display.

Es gibt zwei Automaten auf dem Bahnsteig - weiß nur keiner

Die Automaten auf den Bahnsteigen sind überhaupt was für Kenner. Von allen neun Automaten werden sie am wenigsten genutzt, Touristen bemerken sie erst, nachdem sie 20 Minuten in der Schlange vor den anderen Ticketautomaten gestanden haben. Das hat auch die Bahn beobachtet: Darum sollen nun auch zwei davon in den Tunnel verlegt werden, sagt Bahnsprecher Burkhard Ahlert.

Vitali (links) und Igor standen lange in Schlange - und konnten dann die Kreditkarte wieder wegstecken.
Vitali (links) und Igor standen lange in Schlange - und konnten dann die Kreditkarte wieder wegstecken.
© Melanie Berger

In einer Anfrage der SPD-Abgeordneten Ellen Haußdörfer aus dem vergangenen Sommer hieß es: „Die Anzahl der Fahrausweisautomaten im Bahnhof Berlin-Schönefeld Flughafen hält der Senat grundsätzlich für ausreichend.“ Wer mehr als einmal in SFX war, versteht diese Conclusio nicht. Zumal Berlin mit diesem Bahnhof bekanntlich noch ein bisschen leben muss – dabei sollten die Fluggäste seit 2011 den neuen BER-Bahnhof benutzen. Doch der hat ganz andere Probleme als seine Ticketautomaten, die mit Planen vor Staub geschützt werden.

BVG baut zwei neue Automaten auf

So ähnlich ist es auch am Flughafen Tegel. Hier landeten im Mai 1,8 Millionen Menschen, bald sind Sommerferien, dann wird es noch hektischer, noch voller, die Schlangen noch länger. Die BVG betreibt in TXL acht Automaten und beschäftigt insgesamt zehn Mitarbeiter, die ebenfalls Tickets verkaufen. Sie würden das Angebot gern ausbauen, aber es sei einfach kein Platz da, erklärt Petra Reetz von der BVG. „Wir haben ja alle mal geglaubt, wir bekommen einen neuen Flughafen.“

Immerhin: Erst vergangenen Monat sind zwei Ticketautomaten in Tegel dazugekommen. Eigentlich sollte auch der Flughafen längst geschlossen sein.

Und weil sich die Angelegenheit mit dem BER noch ein bisschen hinziehen dürfte, wird nun auch dort doch noch mal Geld in die Hand genommen. „Am Standort Bahnhof Schönefeld wird in Abstimmung mit dem VBB eine ’Automateninsel’ im Tunnel mit zwölf Automaten geplant“, heißt es von der Bahn. Zusätzlich soll es ab Herbst zwei S-Bahn-Schalter geben. Der alte Flughafen bleibt ja erst mal in Betrieb und damit auch der alte Bahnhof aus DDR-Tagen.

Die Frau aus den USA will ihren Zug zur Ostsee kriegen - wird knapp

Die Berlin-Touristin Betsy steht ganz hinten in der Schlange, die sich inzwischen durch den halben Tunnel zieht. Sie und ihr Mann sind aus Philadelphia und machen eine Tour durch Europa, jetzt, da sie in Rente sind. „Eigentlich wollen wir nach Rostock, aber das wir den Zug erwischen bezweifle ich gerade“, sagt sie und betrachtet die Menschenkette vor sich. Die Schlangen vor den Ticketautomaten sind an normalen Tagen schon lang, wenn mal was ist, nehmen sie den ganzen Tunnel ein. Am vergangenen Mittwoch legte ein Softwarefehler drei der neun Automaten lahm. Die Menschen standen quer durch den Tunnel. Willkommen in Berlin.

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Lesen Sie mehr im Tagesspiegel: Sollte die U7 langfristig von Rudow zum Flughafen Schönefeld verlängert werden? Die Pläne der Politik und die große Tagesspiegel-Leserdebatte finden Sie unter diesem Link.
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