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Europas größte Universitätsklinik - die Charité in Berlin. Nach jahrelangem Tarifkampf gibt es nun mehr Personal. Ein Abschluss mit bundesweiter Signalwirkung.
© Doris Spiekermann-Klaas

Mehr Personal für Berliner Uniklinik: Die Charité schreibt Tarif-Geschichte

Erstmals wird an diesem Freitag in einer Klinik ein Tarifvertrag unterzeichnet, der Mindestbesetzungen auf den Stationen vorschreibt.

An der Charité wird heute der bundesweit erste Tarifvertrag unterzeichnet, der einer Klinik verbindliche Personalschlüssel vorschreibt. Damit geht einer der ungewöhnlichsten Tarifkonflikte des Landes zu Ende. Die Universitätsklinik wird nun nach heftigem Streit mit den in Verdi organisierten Beschäftigten mehr Pflegekräfte anstellen: Intern wird von 220 Neuen ausgegangen, bislang arbeiten 4300 Pflegekräfte an der landeseigenen Charité.

Die Gewerkschaft hatte über Jahre nicht zuvorderst mehr Lohn, sondern eine Mindestbesetzung auf den überlasteten Stationen gefordert. Der Charité-Vorstand lehnte das ab, weil der Personalbedarf von der jeweiligen Zahl und dem Zustand der Patienten abhänge – und weil die für die Personalkosten zuständigen Krankenkassen nicht mehr Geld in Aussicht stellten.

Kürzlich hatte der Vorstand aber mehr Personal geboten, in einer Urabstimmung haben sich nun 89,2 Prozent der Verdi-Mitglieder in der Charité für das Angebot ausgesprochen. Wissenschaftssenatorin und Charité-Aufsichtsratsvorsitzende Sandra Scheeres (SPD) sagte: „Der Tarifvertrag ist deutschlandweit einmalig und wegweisend. Gerade darum ist es notwendig, dass Bund und Krankenkassen endlich für eine bessere Finanzierung der Pflege sorgen.“

Mario Czaja: "Das wird hoffentlich Signalwirkung entfalten"

Der Charité-Vorstand ist in eine Art Vorkasse gegangen, denn die Versicherungen werden nicht mehr Geld für die Patientenbehandlung geben, selbst wenn dort bald mehr Pflegekräfte arbeiten. „Der Abschluss ist ein Novum, bundesweit“, sagte Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU). „Er wird hoffentlich Signalwirkung entfalten. Ein guter Tag nicht nur für die Charité, sondern für die gesamte Krankenhauslandschaft.“

Tatsächlich wird schon in anderen Kliniken mehr Personal gefordert, um Stress, Überstunden und Behandlungsfehler zu vermeiden. Die meisten Häuser gelten als personell knapp besetzt, während die Zahl der Patienten steigt. Von anderen Klinikvorständen ist die Charité deshalb beobachtet worden. Auch in den ebenfalls landeseigenen Berliner Vivantes-Kliniken wünschen sich Schwestern und Pfleger mehr Personal, dort wiederum sitzt Senator Czaja im Aufsichtsrat.

Verdi: Charité-Tarif erster Schritt einer bundesweiten Bewegung

Der Verdi-Verhandler Carsten Becker, selbst Charité-Pfleger, sagte: Der Abschluss sei der erste Schritt einer bundesweiten Bewegung für mehr Personal – mit dem Ziel, bessere Klinikfinanzierung gesetzlich zu regeln. Konkret bedeutet der Tarif: Eine Pflegekraft auf den Intensivstationen versorgt im Schnitt zwei Patienten pro Schicht, bislang waren es oft bis zu fünf Kranke.

Auf den Normalstationen soll es keinen festen Personalschlüssel geben. Dort soll ein Verfahren gelten, wonach eine Fachkraft pro Schicht sieben bis zehn Patienten versorgt, noch sind es oft bis zu zwölf Kranke. Der Charité-Aufsichtsrat muss noch zustimmen, was als Formsache gilt.

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