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Bohren im Zeitplan. Die 2,2 Kilometer lange U-Bahn-Strecke durch die Stadtmitte soll nach derzeitigem Stand Ende 2020 in Betrieb gehen.
© Thilo Rückeis

Neue U-Bahn-Strecke: Die Bohrarbeiten für die U5 kommen voran

Bald fallen die Bauzäune in Mitte. Die Strecke zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor soll Ende 2020 in Betrieb gehen.

Es ist fast geschafft. Insgesamt 95 je 105 Meter lange Bohrungen sind in die Erde getrieben; der schwierigste Part damit absolviert. Doch entspannen kann sich Torsten Brenner noch immer nicht. Er ist Teilprojektleiter beim Bau des Bahnhofs Museumsinsel der künftigen U-Bahn-Linie U 5, die die Lücke zwischen den Stationen Alexanderplatz und Brandenburger Tor schließen soll. Es fehlen zehn Bohrungen, die allerdings nur jeweils zehn Meter lang sein werden. Aber auch sie können es in sich haben, auch wenn die Planer sie nicht mehr als kritisch einstufen. Bis Ende November sollen sie fertig sein. Geht etwas schief, ist der Zeitplan nicht mehr zu halten. Die Reserven waren bereits Anfang des Jahres aufgebraucht.

Ausgerechnet die letzte der großen Bohrungen auf der unteren Ebene, die sich waagrecht um den künftigen Bahnhof herum durch Sand, Kies und Mergel gefressen haben, machte die bisher größten Probleme. „Nach drei Metern war Schluss, wir kamen nicht weiter,“ sagt Brenner auf der Baustelle. Ein Steinbrocken war im Weg. Der Bohrer musste neu angesetzt werden – und wieder war nach nur wenigen Metern Schluss. Neuer Versuch. Und noch ein unfreiwilliger Stopp. „Dann aber ging es in einem Rutsch durch“, freut sich Brenner bis heute.

Die Bohrungen sind erforderlich, um die Erde rings um den künftigen Bahnhof vereisen zu können. So soll das Grundwasser – und das Wasser des Spreekanals darüber – ferngehalten werden. In einer offenen Grube lässt sich die Station nicht bauen. Durch die Leitungen, die jetzt in die gebohrten Röhren gelegt werden, fließt später eine Kalziumchloridlösung – minus 37 Grad kalt. Die Kältemaschinen stehen schon da.

„Blindflug im Untergrund“

Im oberen Bereich über der künftigen Decke des Bahnhofs war das Bohren fast ein Spaß, so gut wie keine Probleme habe es hier gegeben, sagt Brenner. Weiter unten, im „Vereisungskeller“ unter dem späteren Bahnsteig, gab es dafür um so mehr. Bei fast jeder Bohrung, sagt Brenner. Immer wieder waren Findlinge im Weg. Wo der Bohrer sie nicht zertrümmern konnte, mussten sie „umfahren“ werden. Bis zu einem halben Meter durfte man von der Ideallinie abweichen. Eine hoch moderne Technik machte es möglich. Die Steuerungstechnik für den Bohrkopf war für Kampfflugzeuge entwickelt worden. Sie wird per Satellit geregelt und steuert so den „Blindflug im Untergrund.“

Durch die Probleme ist der Zeitplan voll ausgereizt worden, obwohl rund 20 Spezialisten rund um die Uhr – auch an Wochenenden – im Einsatz waren und sind. Trotzdem könne die 2,2 Kilometer lange Strecke nach derzeitigem Stand Ende 2020 in Betrieb gehen, sagt Ute Bonde, Geschäftsführerin Finanzen der Projektrealisierungsgesellschaft U 5. Passieren darf aber nichts mehr.

80 Tage wird es dauern, bis sich der Eisblock unter der Erde gebildet hat, sagt Brenner. Wegen des Gewichts müssen die schon fertigen Röhren im Innern abgestützt werden, damit sie nicht zusammenbrechen. Losgehen soll das Eismachen im Januar. Mit einer aufwendigen Messtechnik wird dann ermittelt, ob alles dicht ist. Und dann rücken die Bagger an und heben innerhalb der eisigen Hülle die Erde für den Bahnhof aus. Auch die von der Riesenbohrmaschine „Bärlinde“ erstellten Röhren müssen im Bahnhofsbereich dann abgerissen werden.

Der Boulevard sieht wegen der Baustelle ziemlich trostlos aus

Und ganz am Ende erfolgt der zeitaufwendige Innenausbau. Die Baustelle wird deshalb nicht so schnell verschwinden; der Bauzaun vor dem Humboldtforum noch auf Jahre stehen bleiben. Am Marx-Engels-Forum ist er dagegen schon entfernt; die früheren Wege durch die Grünanlage sind wieder hergestellt, der direkte Zugang zum Nikolaiviertel ist wieder möglich.

Auch am Roten Rathaus sind die Hüllen zum großen Teil gefallen. Nur noch ein Gitterzaun trennt die Fläche ab, unter der der Bahnhof Rotes Rathaus entstanden ist. Derzeit werden der Gehweg und die Rathausstraße wieder hergestellt. Ganz verschwinden wird die Baustelle aber auch dort noch nicht.

Fast freie Sicht soll es ab Februar auch wieder am Brandenburger Tor geben. Dann soll auch dort der größte Teil der Baustelleneinrichtung abgebaut werden. Bisher sieht der Boulevard wegen der Baustelle ziemlich trostlos aus – weshalb auch der Sponsor der Weihnachtsbeleuchtung in diesem Winter lieber die stimmungsvollen Lichter ganz auslässt.

Länger wird es dauern, bis die Linden wieder ausgewachsen sind, die für den U-Bahn-Bau weichen mussten. Die meisten waren nach Angaben von Fachleuten ohnehin stark geschädigt. Die U-Bahn- Bauer sorgen hier jetzt für Nachwuchs.

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