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Ralf Steffes (l-r), Geschäftsbereichsleiter Infrastruktur Betrieb Post & Paket Deutschland, Andreas Igel, Bürgermeister Ludwigsfelde, Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident Brandenburgs, und Dietmar Büdenbender, Deutsche Post DHL Group, Executive Vice President Corporate Real Estate.
© Bernd Settnik/dpa

Millioneninvestition in Ludwigsfelde: DHL sucht Anschluss für „Mega-Paketzentrum“

Die Deutsche Post DHL hat südlich von Berlin die Bauarbeiten für sein bisher größtes Paketsortierzentrum aufgenommen. Doch woher sollen die Mitarbeiter kommen?

Hohe Millioneninvestitionen, ein erster Spatenstich bei frühlingshaftem Sonnenschein, dazu Lob für die Landesregierung: Diese Termine sind ganz nach dem Geschmack aller wahlkämpfenden Politiker. Entsprechend gut gelaunt ist Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Montagmittag in ein Gewerbegebiet in Ludwigsfelde (Teltow-Fläming) am südlichen Berliner Stadtrand gekommen, um mit Vertretern des Logistikkonzerns Deutsche Post DHL und Parteifreund Andreas Igel, dem Bürgermeister der Stadt, den offiziellen Start der Bauarbeiten für das bisher größte Paketzentrum des Unternehmens zu feiern.

Nach seiner Fertigstellung im kommenden Jahr und im vollen Betrieb, der Anfang bis Mitte 2021 angestrebt wird, sollen hier jede Stunde bis zu 50.000 Päckchen und Pakete sortiert werden können. Es wird die bundesweit größte und modernste Anlage dieser Art sein. Bisher betreibt die Post nur im hessischen Obertshausen nahe Frankfurt am Main und bald auf dem ehemaligen Opel-Werk in Bochum vergleichbar große Sortierzentren. 35 dieser Zentren sind es insgesamt bundesweit.

Rund 600 neue Arbeitsplätze

Rund 100 Millionen Euro investiert der Bonner Konzern in Ludwigsfelde, rund 80 Millionen davon gehen in Erschließung des rund 20 Fußballfelder großen Grundstückes und den Bau des U-förmigen Gebäudes mit immerhin noch 37.000 Quadratmetern Fläche (etwa fünf Fußballfelder). An 288 Toren werden die gelben Lkw be- und entladen werden. Ein modernes Blockheizkraftwerk und stromsparende LED-Beleuchtung sollen für eine gute Öko-Bilanz sorgen.

Am Tag des ersten Spatenstichs sieht man in dem Gewerbepark in Ludwigsfelde wenig mehr als Sand - und ein Lkw, den die Deutsche Post fürs Foto platziert hat. Doch die Bagger rollen bereits.
Am Tag des ersten Spatenstichs sieht man in dem Gewerbepark in Ludwigsfelde wenig mehr als Sand - und ein Lkw, den die Deutsche Post fürs Foto platziert hat. Doch die Bagger rollen bereits.
© Kevin P. Hoffmann

Woidke begrüßte vor allem die Absicht, dass DHL hier „eine ganze Reihe hochqualifizierte und sozialversicherungspflichtig Beschäftigte“ einstellen will. „Ich glaube, dass diese Investition nicht nur für Ludwigsfelde wichtig ist, sondern für das gesamte Land Brandenburg“, fügte er hinzu. Insgesamt soll das „Mega-Paketzentrum“ rund 600 Menschen Arbeit geben. Brandenburg wolle ein Land sein, „in dem alle eine Chance bekommen und hier nach ihrer Façon glücklich werden können“, so Woidke.

Offen ist gleichwohl, wie schnell das Unternehmen diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter findet. In Ludwigsfelde selbst wohl kaum, wie Bürgermeister Igel deutlich machte. „Es wird eine große Herausforderung, die nötigen Fachkräfte hier zu organisieren“. Die Arbeitslosenquote liege bei rekordverdächtigen niedrigen zwei Prozent, schon heute würden rund 3000 Menschen mehr zu den Arbeitgebern der Gemeinde - darunter der Flugzeugtriebwerkhersteller MTU - pendeln als es hier Menschen im erwerbsfähigen Alter gibt.

Und in boomenden Nachbargemeinden wie Schönefeld ist die Lage ähnlich: Der Arbeitsmarkt ist mehr als leergefegt, die neuen Post-Angestellten müssen also von Außerhalb kommen - auch aus Berlin. Man sei bereits in Gesprächen mit der dortigen Bundesagentur für Arbeit, sagten Post-Vertreter.

Der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern könnte zum größten Problem nicht nur dieses Projektes werden: Die aktuelle Verkehrsinfrastruktur erlaubt derzeit kein bequemes Pendeln in diese Ecke von Ludwigsfelde. Der Industriepark „An der Eichspitze Nord“ an der B101 nahe des südlichen Berliner Rings (A10) ist zwar über die Straße gut zu erreichen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln aber nicht. Derzeit wäre ein halbstündiger Fußmarsch zum Regionalbahnhof Ludwigsfelde-Birkengrund nötig, von dem man aus in 17 Minuten den Berliner Bahnhof Südkreuz erreichen kann. „Ohne den Ausbau des ÖPNV wird es nicht gehen“, sagte Igel. „Herr Ministerpräsident, ich setze dabei auf die Unterstützung des Landes“.

Anbindung zu neuem Paketzentrum problematisch

Woidke hörte es, erklärte sich später im Gespräch aber nur für bedingt zuständig. „Wir sind hier nicht die, die investieren können. Das ist vor allem Sache der Deutschen Bahn“, sagte er dem Tagesspiegel. Er verwies auf das Verkehrskonzept 2030, das seine Landesregierung gemeinsam mit dem Land Berlin beschlossen habe. Und darauf, wie wichtig es sei, das ganze Land Brandenburg verkehrstechnisch anzubinden - nicht nur das Berliner Umland.

Wie die Deutsche Post DHL ihr neues „Mega-Paketzentrum“ (Eigenbeschreibung) anbinden will, damit es als Arbeitsstätte auch Berlinerinnen und Berliner attraktiv ist, bleibt also abzuwarten. Die bestehenden Paketzentren in Rüdersdorf östliche von Berlin und Börnicke am nordwestlichen Stadtrand sind jedenfalls mehr als gut ausgelastet. Um fünf bis sieben Prozent pro Jahr wächst das Paketaufkommen wegen des abhaltenden Umschwungs im Versandhandel.

Mit dem dem neuen Zentrum in Ludwigsfelde will die Post den Service in der Hauptstadtregion verbessern. Privat- und Geschäftskunden sollen ab 2021 ihre Sendungen später am Tag abgeben können und trotzdem damit rechnen dürfen, dass es am kommenden Tag zugestellt wird, hieß es. „Sie sind richtig hier“, erklärte Woidke seinen Gastgebern in Ludwigsfelde. Davon sind auch die derzeit offenbar noch überzeugt. Damit diese Einschätzung auch nach Inbetriebnahme Bestand des Zentrums hat, ist aber noch einiges zu tun.

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Kevin P. Hoffmann

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