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Vier Wohnblöcke in der Karl-Marx-Allee in Friedrichshain wurden an die Deutsche Wohnen verkauft.
© imago/Schöning

Berlin-Friedrichshain: Deutsche Wohnen kauft 700 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee

Einer der Wohnblöcke liegt im Milieuschutzgebiet. Der Bezirk erwägt, das Vorkaufsrecht zu nutzen.

Rund 700 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee sind nach Tagesspiegel-Informationen an den Immobilienkonzern Deutsche Wohnen verkauft worden. Die vier betroffenen Wohnblöcke befinden sich östlich des Strausberger Platzes, sie gehören zur ehemaligen Stalinallee, die in den 1950er Jahren als Prachtstraße im sogenannten Zuckerbäckerstil errichtet worden war. Die betroffenen Mieter wurden bereits vom Verkauf unterrichtet, allerdings blieb der Käufer ungenannt. „Wir dementieren den Ankauf nicht“, sagte eine Sprecherin der Deutsche Wohnen. Wie in solchen Fällen üblich sei Stillschweigen vereinbart worden.

Bezirk prüft Vorkaufsrecht

Verkäufer sind Immobilienfonds-Gesellschaften, die von der Predac Immobilien Management verwaltet werden. Die Fonds hatten die Blöcke Anfang der 1990er Jahre übernommen und denkmalgerecht saniert. Für den Block D-Süd mit 82 Wohnungen und Ladengeschäften im Erdgeschoss prüft der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg das Vorkaufsrecht. Der Block befindet sich im Milieuschutzgebiet, die anderen drei liegen außerhalb. „Wir gehen davon aus, dass wir das Vorkaufsrecht kriegen“, sagte der Vorsitzende des „Mieterbeirats Karl-Marx-Allee“ Norbert Bogedein.

Der Block solle für 28 Millionen Euro verkauft werden, das entspreche ungefähr einem Quadratmeterpreis von 3500 Euro, so Bogedein. Der Kaufpreis sei für die Lage und den Zustand der Wohnungen nicht zu hoch. Der Bezirk werde zunächst ein Verkehrswertgutachten erstellen, die WBM als möglicher Käufer der Wohnungen müsse prüfen, ob der Kauf wirtschaftlich tragbar ist. Die Deutsche Wohnen kann aber auch eine Abwendungsvereinbarung mit dem Bezirk unterschreiben.

Die Deutsche Wohnen expandiert stark, vor allem durch Zukäufe, aber zunehmend auch durch Neubau. In Berlin besitzt das Unternehmen nach eigenen Angaben rund 110 000 Wohnungen und ist damit Marktführer, insgesamt gehören 164 000 Wohn- und Gewerbeeinheiten zum Bestand. Bei vielen Mietern ist die Deutsche Wohnen unbeliebt, weil Mieten regelmäßig erhöht werden, man es mit der Mängelbeseitigung aber nicht so eilig hat.

Nach Einschätzung des Berliner Mietervereins versuche das börsennotierte Unternehmen, mit Kniffen und Tricks den Mietspiegel zu umgehen. Bürgerinitiativen werfen dem Unternehmen vor, Gebäude jahrelang nur notdürftig instand zu setzen, um dann mit einer umfassenden Sanierung und entsprechenden Mietsteigerungen eine bessere Rendite erzielen zu können. Die Deutsche Wohnen weist solche Vorwürfe zurück.

Mietschutz nur für ältere Mietverträge

Die 700 Wohnungen gehören zum ehemaligen Bestand der Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain (WBF), die später von der WBM übernommen wurde. Die WBF verkaufte 1993 rund 2700 Wohnungen in der Karl-Marx-Allee an die DepFa-Bank, um Altschulden zu tilgen. Später wurden einzelne Blöcke weiterverkauft. Bei der Privatisierung der Wohnungen kam eine besonders weitgehende Schutzklausel in die Verträge. Die Mieter bekamen ein Vorkaufsrecht und einen dauerhaften Schutz vor Eigenbedarfskündigungen. Dieser Schutz gelte allerdings nur individuell für die Mieter von damals, sagt Bogedein.

Er schätzt, dass heute noch ein Drittel der Mieter davon profitieren. Einige Blöcke außerhalb des Milieuschutzgebietes sollen bereits in Eigentumswohnungen aufgeteilt sein, danach haben die Mieter noch zehn Jahre lang einen Schutz vor Eigenbedarfskündigungen.

Die Deutsche Wohnen versichert, alle vertraglich fixierten Mieterschutzregeln zu akzeptieren. Unternehmenszweck ist nicht die systematische Umwandlung in Eigentumswohnungen, allerdings können auch einzelne Wohnungen zur Stärkung der „Innenfinanzierungskraft“ verkauft werden, wie es auf der Internetseite des Unternehmens heißt.

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