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Ein sogenannter Rundumblitzer an der Schönhauser Allee. Er erfasst sowohl Geschwindigkeitsübertritte als auch Rotlichtvergehen.
© Sebastian Kahnert/dpa

Berliner Blitzerbilanz 2018: Deutlich weniger Autofahrer von Blitzern erfasst

2018 stieg zwar die Zahl an stationären Raser- und Rotfahrer-Kontrollanlagen. Es wurden aber weniger Verkehrssünder erwischt.

Die Zahl der von stationären Blitzern erwischten Raser und Rotfahrer ist in Berlin im vergangenen Jahr teils deutlich zurückgegangen: Insgesamt 213.000 Schnellfahrer wurden an den stadtweit 18 funktionierenden stationären Anlagen geblitzt. Im Jahr davor waren es – bei erst 16 Anlagen – 229.000. Die Zahl der geblitzten Rotfahrer sank von rund 50.000 auf 41.000. Stadtweit waren im vergangenen Jahr 17 Ampeln mit der Rotlicht-Überwachung ausgestattet, also weniger als ein Prozent aller Ampeln. Die Zahlen nannte das Polizeipräsidium dem Tagesspiegel auf Anfrage.

Theoretisch ließe sich die gesunkene Zahl der Sünder mit einer verbesserten Verkehrsmoral erklären. Praktisch allerdings sind die Berliner Autofahrer einfach lernfähig – was die langjährige Bilanz der einzelnen Anlagen illustriert: Im ersten kompletten Betriebsjahr werden in aller Regel die meisten Schnellfahrer erwischt, danach sinken die Zahlen deutlich.

Rotlicht- und Tempo-Verstöße in Berlin im Jahr 2018. (Rotes Plus anklicken zum Vergrößern)
Rotlicht- und Tempo-Verstöße in Berlin im Jahr 2018. (Rotes Plus anklicken zum Vergrößern)
© Visualisierung: Tsp/Bartel

So fotografierten die zwar mit Schildern angekündigten, aber mit unsichtbarem Infrarotblitz ausgestatteten Geräte im Autobahntunnel Britz im Jahr 2011 stolze 148.000 Raser, wie die Innenverwaltung im vergangenen Juni auf eine parlamentarische Anfrage mitgeteilt hatte. In den Jahren darauf waren es meist um die 100.000, im vergangenen laut der aktuellen Auskunft der Polizei noch knapp 81.000.

Der Lerneffekt, wo man den Fuß vom Gas nehmen sollte, ist offensichtlich

Der Blitzer an der Schildhornstraße in Steglitz fotografierte „als zweitplatzierter“ 2018 gut 23.000 Schnellfahrer. Als er neu war, erwischte er beinahe doppelt so viele. Auf dem dritten Platz im Temposünder-Ranking folgt die Anlage an der Osloer Straße mit gut 20.000 Treffern. An anderen Kontrollstellen wie dem Halleschen Ufer, dem Nikolaus-Groß-Weg, der Frankfurter Allee und dem Hermsdorfer Damm sank die Zahl der Erwischten binnen weniger Jahre um etwa zwei Drittel.

Die einzige Ausnahme von dieser Regel ist der Blitzer an der Schönhauser Allee/Ecke Bornholmer Straße, der von Jahr zu Jahr mehr Raser fotografiert. Aber insgesamt ist der Lerneffekt, wo man den Fuß vom Gas nehmen sollte, offensichtlich. Dagegen helfen würde mehr mobile Überwachung, die weniger berechenbar ist. Die Polizei hat aber ihre Radar- und Videowagen sowie Handlaser in den vergangenen Jahren immer weniger genutzt. Ob dieser Rückgang sich 2018 fortgesetzt hat, war auf Nachfrage nicht zu erfahren: Laut Präsidium liegen bisher „keine validen Zahlen“ dazu vor.

Ein weiterer Grund für die Rückgänge kann die Verbreitung von Blitzer-Apps sein

Bei den Rotlichtverstößen führt 2018 der Blitzer an der Osloer/ Ecke Koloniestraße mit 7874 Treffern. Auf dem zweiten Platz folgt die Anlage an der Einfahrt zum Tiergartentunnel am Reichpietschufer, die 2016 nach vielen Unfällen installiert worden war. 4730 Rotfahrer meldete die Anlage im vergangenen Jahr an die Bußgeldstelle. Den dritten Platz belegt die Ecke Siemensdamm / Nikolaus-Groß-Weg mit 3911 geblitzten Rotfahrern.

Vereinzelt schwanken die Zahlen auch stark, weil irgendwo gebaut wird und Dauerstau herrscht oder die Anlage außer Betrieb ist. Ein weiterer Grund für die Rückgänge kann die Verbreitung von Blitzer-Apps sein, deren Benutzung für den Fahrer zwar illegal, aber kaum zu kontrollieren ist. Manche dieser Apps sind bereits millionenfach heruntergeladen worden.

Die gesunkenen Zahlen bedeuten auch geringere Einnahmen fürs Land: Während die Bußgeldstelle 2017 mehr als acht Millionen Euro – je etwa zur Hälfte durch Rotlicht- und Tempoblitzer – dank der stationären Geräte einnahm, waren es im vergangenen Jahr laut Polizei nur reichlich sieben Millionen Euro. Damit tragen die stationären Blitzer knapp zehn Prozent zum Jahresertrag der Bußgeldstelle bei. Für ein gutes Plus reicht es dennoch im „blitzarmen“ Jahr 2018: Die Betriebskosten der Geräte summierten sich laut Polizei auf knapp 115.000 Euro.

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