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In vielen Gemeinden in Brandenburg stehen die Windräder dicht an dicht. Daran sollen die Ortschaften in Zukunft mitverdienen.
© Patrick Pleul/dpa

Erneuerbare Energien in Brandenburg: Der "Windkraft-Euro" soll kommen

In Brandenburg sollen Gemeinden künftig an den Erträgen von Windrädern beteiligt werden - eine bundesweit bislang einmalige Maßnahme.

Potsdam - Neue Pflichtabgabe für Windräder in der Mark: Im Land Brandenburg werden betroffene Gemeinden künftig mit einem „Windkraft-Euro“ an Erträgen von Windrädern in ihren Gemarkungen beteiligt. Nachdem sich die rot-rote Koalition und CDU-Opposition auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf geeinigt hatten, galt eine Verabschiedung auf der Plenarsitzung des Landtages am Dienstagabend als sicher.

Wenige Monate vor der Landtagswahl am 1.September zieht das Parlament in einer ungewöhnlichen Parteienallianz damit auch Konsequenzen aus den zunehmenden Protesten gegen Windparks in Brandenburg. So trug die Beschlussempfehlung des Wirtschaftsausschusses die Unterschriften von Ralf Holzschuher (SPD), Dierk Homeyer (CDU) und Matthias Loehr (Linke).

Gemeinden sollen von Windrädern profitieren

„Der Windeuro kommt“, sagt SPD-Fraktionschef Mike Bischoff zu dem Projekt. „Das ist bundesweit erstmalig. Wir gehen einen neuen Weg.“ Mit dem noch einmal nachgebesserten Gesetzentwurf sollen Betreiber von Windrädern, die in Brandenburg neu errichtet oder erweitert werden, pro Jahr 10 000 Euro an Anrainer-Gemeinden zahlen. Und zwar nicht nur an die Gemeinde, in deren Gemarkung das Windrad steht, wie ursprünglich geplant, sondern anteilig an die Orte in einem Umkreis von drei Kilometern, also in Sichtweite.

Die CDU hatte zunächst einen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, der die Höhe der Abgabe aber an die Leistungskraft der Anlagen koppeln wollte. „Wir halten das immer noch für besser“, hatte Jan Redmann, parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, erklärt. Die Union stimme trotzdem zu, damit Gemeinden endlich an den Erträgen aus Windkraftanlagen beteiligt werden. „Wenn in der Nähe eines Dorfes zehn Windräder stehen, sind das 100 000 Euro im Jahr für die Gemeindekassen. Damit kann man schon etwas machen.“

In Brandenburg, eins der drei führenden Windenergieländer in Deutschland, stehen 3 734 Windräder (Stand 2017) mit einer Gesamtleistung von 6 794 Megawatt. Sie liefern 16,9 Prozent des brandenburgischen Stroms. Vor Ort gibt es inzwischen massive Proteste dagegen, wegen der „Verspargelung“ des Landschaftsbildes, aber auch der Lärmbelastung. Bislang gehen Gemeinden leer aus, was sich nun ändern soll.

Abgaben juristisch umstritten

Allerdings gilt eine solche Abgabe als juristisch heikel. In einer Anhörung im Landtag hatten Experten gewarnt, dass der Plan verfassungswidrig wäre. Deshalb halten sich die Grünen zurück, obwohl gerade sie sonst den Ausbau erneuerbarer Energien – eine Voraussetzung für den Ausstieg aus der Braunkohle – forcieren. Fraktionschef Axel Vogel erklärte am Dienstag, dass sich die Fraktion bei der Abstimmung enthalten wolle.

SPD, Linke und CDU haben diese Bedenken nicht. Bei Juristen gebe es immer unterschiedliche Auffassungen, sagte Redmann. Einig sind sich alle, dass eine nachträgliche Abgabe auf bestehende Windräder juristisch keinen Bestand hätte, weshalb die Abgabe nur für neue Windräder gelten soll und für Windräder, die modernisiert und dabei meist erhöht werden.

Inzwischen werden zwar nur jährlich nur noch wenige neue Windräder gebaut, was an ungünstigeren Forderungen aber auch Protesten vor Ort liegt. Doch in den nächsten Jahren steht die Modernisierung – Stichwort: Repowering – vieler alter Anlagen an, für die dann der Windkraft–Euro fällig wird.

Vier Sitzungstage für die Mammuttagung

Am Dienstag begann die letzte Parlamentssitzung vor der Landtagswahl am 1.September. Es wird eine Mammuttagung, für die – erstmals in der jüngeren Landesgeschichte – sogar vier Sitzungstage angesetzt sind. Das Parlament legt noch einen Schlussspurt ein, um alles Unerledigte noch zu schaffen. So wollen SPD und Linke unter anderem das Gesetz zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge einbringen, und zwar rückwirkend zum 1. Januar 2019. Am umstrittensten dürfte die Novelle des veralteten Verfassungsschutzgesetzes sein, mit dem der Verfassungsschutz mehr Befugnisse erhalten, die parlamentarische Kontrolle verstärkt und zugleich Konsequenzen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss gezogen werden sollen.

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