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Ausbaufähig. Um stadtweit, wie hier in der Tiergartenstraße, neue Radwege anzulegen, fehlt das Geld.
© Doris Spieckermann-Klaas

Streit um Radwege in Berlin: Der Senat lässt die Luft raus

Die Landesregierung will beim Ausbau von Fahrradwegen sparen und widerspricht damit eigenen Zielen. Das provoziert Widerstand auch in den eigenen Reihen: SPD und CDU wollen den Plan von Finanzsenator Nußbaum stoppen.

Offiziell hat sich der rot-schwarze Senat vorgenommen, den Radverkehr in Berlin auszubauen. Das Fahrrad soll als „effizientes und umweltfreundliches Verkehrsmittel“ gefördert werden, heißt es in der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU. Auch in der gerade vier Monate alten Radverkehrsstrategie des Senats ist explizit das Ziel formuliert, die Investitionen für den Radverkehr Jahr für Jahr zu erhöhen. Dieses hehre Vorhaben hat allerdings im Senat einen Dämpfer erfahren, wie jetzt bekannt wurde: In der Haushaltsplanung für die kommenden zwei Jahre wurde der Etat für den Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur nicht etwa erhöht, sondern reduziert.

Während für neue Radwege und ähnliche Investitionen im laufenden Jahr 3,5 Millionen veranschlagt sind, soll die Summe 2014 und in den Folgejahren auf jährlich 2,5 Millionen sinken. Dem Vernehmen nach war die von Michael Müller (SPD) geführte Senatsverwaltung für Stadtentwicklung in den Verhandlungen mit dem Finanzsenator mit ihrem Ansinnen gescheitert, den Fahrrad-Etat zu erhöhen. Stattdessen wurde der Posten von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für SPD) zunächst noch radikaler eingedampft. Das wurde mit der Volkszählung begründet, nach der Berlin weniger Einwohner hat als zuvor gedacht. Erst in den Chefgesprächen mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wurde dann die Summe wieder auf die jetzt beschlossene Höhe angehoben – sie entspricht aber immer noch einer Kürzung von rund 30 Prozent.

Allerdings ist das noch nicht das letzte Wort in der Sache, denn der Haushaltsentwurf muss noch vom Abgeordnetenhaus beschlossen werden. Dort formiert sich Widerstand gegen die Kürzungen, und zwar nicht nur bei den Grünen, die die Senatspläne am Donnerstag als „Affront gegen die Radfahrer in Berlin“ kritisierten. Auch in den Regierungsfraktionen von SPD und CDU will man die Kürzungen nicht mittragen. „Wir werden uns dafür einsetzen, auch im nächsten Haushaltsplan so viele Mittel wie 2013 für die Fahrrad-Infrastruktur zu haben“, kündigt Ole Kreins an, der verkehrspolitische Sprecher der SPD.

Sein CDU-Kollege Oliver Friederici sekundierte: „Es wird keine Abstriche beim Fahrradverkehr geben.“ Das Konzept sei nur „ein nett gemeinter Versuch der Finanzverwaltung, aber nicht das letzte Wort“. Stattdessen wollen SPD und CDU nun an anderer Stelle im Verkehrsetat kürzen. Wo, ist noch offen. Bereits im vergangenen Jahr hatten die beiden Regierungsparteien Pläne des Senats gekippt, die Mittel für die Sanierung von Radwegen zu halbieren.

Sollten sich SPD und CDU auch diesmal gegen den Finanzsenator durchsetzen, wäre ihnen die Zustimmung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), des ökologisch orientierten Verkehrsclubs VCD und des Umweltverbandes BUND sicher. Alle drei kritisierten die geplanten Kürzungen bei der Fahrrad-Infrastruktur scharf. Mehr als die Hälfte der Berliner Hauptstraßen haben laut ADFC keine Radwege, die dem Stand der Technik genügen. Und das, obwohl sich laut BUND der Anteil der Radler am Verkehr in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt hat.

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