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Stern und Kreis. Der Sonnenschein lockt die Radler hervor – und es sollen noch viel mehr werden. 
© Doris Spiekermann-Klaas

Radverkehrstrategie: Senat will Berliner und Touristen aufs Fahrrad locken

Der Senat hat ein weitreichendes Konzept verabschiedet, um den Fahrradverkehr in Berlin zu fördern. Das Ziel: Berliner und Touristen sollen sich in Zukunft öfter auf das Rad schwingen. Doch ein paar entscheidende Punkte sind aus dem Entwurf verschwunden.

Der Senat hat ein Werk der Vorgängerregierung vollendet: Am Dienstag beschloss er die Neuauflage der Radverkehrsstrategie, die langfristige und teils ehrgeizige verkehrspolitische Ziele enthält. Ein Vergleich mit dem ursprünglichen, von der Stadtentwicklungsverwaltung bereits mit Experten aus Ämtern und Verbänden abgestimmten Entwurf von 2011 zeigt allerdings, dass das Werk auf dem Weg durch den Senat Federn gelassen hat: Einst verbindliche Formulierungen etwa zur Ahndung von Falschparken auf Radfahrstreifen und zur Schaffung von Fahrradständern auf Autostellplätzen statt im Gehwegbereich sind ebenso verwässert worden wie die Vorgaben zum Budget, mit dem der Radverkehr gefördert werden soll. Monatelang hatten Stadtentwicklungs- und Finanzverwaltung um diese Vorgabe gestritten. Danach hing der Entwurf in der – für die Polizei zuständigen – Innenverwaltung.

Kern der Strategie ist eine Liste mit etwa 80 Positionen. Sie reicht von der Instandhaltung der – größtenteils nicht mehr benutzungspflichtigen – Gehweg- Radwege als Angebot für weniger routinierte Radler über die Beschilderung eines stadtweiten Netzes bis 2017 sowie Informationen über fertiggestellte Routen bis zu einer Regelung, die die Aufstellung kombinierter Fahrrad-Werbetafel-Ständer etwa vor Läden nur noch dann erlaubt, wenn sich Fahrräder darin tatsächlich sicher parken lassen. Und Bauherren sollen sich nicht mehr so leicht vom Bau neuer Fahrradständer freikaufen dürfen wie bisher, als beispielsweise Discounter lieber in die Ablöse investierten statt in brauchbare Fahrradbügel.

Mit acht Modellprojekten soll erprobt werden, was machbar und praktikabel ist: Zwei möglichst schnelle Haupt- und drei Nebenrouten stehen ebenso auf der Liste wie je drei „fahrradfreundliche Nahbereiche“, „innovative große Abstellanlagen“ und „innovative Knotenlösungen“, die Radlern beispielsweise direktes Linksabbiegen ermöglichen sollen. Hinzu kommen eine „fahrradfreundliche Einkaufsstraße“ und die bereits laufende Kampagne für mehr Rücksicht im Verkehr. Umgesetzt werden sollen die anderen Modellprojekte bis etwa 2017. Wo, ist nach Auskunft der Verkehrsverwaltung noch offen.

Weitere Budgets für einen „Masterplan Fahrradparken“ und die Umsetzung von Modellprojekten wurden gleich ganz gestrichen.

Würden die Pläne konsequent umgesetzt, bekämen das auch die anderen Verkehrsteilnehmer zu spüren, weil ein Großteil der Radwege und -spuren angesichts der stark wachsenden Nutzerzahlen breiter werden müsste und auf Hauptstraßen, an denen sich keine normgerechten Spuren anlegen lassen, „ein mit den Sicherheitsbedürfnissen des Radverkehrs verträgliches Geschwindigkeitsniveau anzustreben“ ist. Letzteres müsste nach gängiger Meinung von Verkehrssicherheitsexperten Tempo 30 für diese Strecken bedeuten.

Die besseren Bedingungen sollen Berlinern und Touristen den Umstieg aufs Fahrrad erleichtern und sie ermuntern, auch längere Wege als die bisher im Durchschnitt gefahrenen 3,7 Kilometer zu radeln. Der Anteil der per Rad zurückgelegten Wege soll bis 2025 von zurzeit 15 auf stadtweit 18 bis 20 Prozent steigen. Vor allem in den Außenbezirken soll dadurch weniger Auto gefahren werden.

Ob die Pläne konsequent umgesetzt werden, ist nach den bisherigen Erfahrungen fraglich: Die mit der ersten Radverkehrsstrategie 2004 beschlossenen Ziele hat der Senat teils klar verfehlt, wie er dem Grünen-Abgeordneten Stefan Gelbhaar im Herbst 2012 auf Anfrage mitteilte: Die Zahl der Schwerverletzten ist konstant (Ziel war die Senkung um ein Drittel), das bis 2010 geplante Hauptroutennetz ist noch nicht einmal zur Hälfte beschildert worden und statt der avisierten fünf Euro pro Einwohner und Jahr stehen weniger als drei zur Verfügung.

Als Forderung steht der Betrag auch in der Neuauflage. Doch von der Entwurfsformulierung, „die Ansätze müssen“ auf fünf Euro steigen, blieb in der endgültigen Fassung nur eine „angestrebte Größenordnung“. Weitere Budgets für einen „Masterplan Fahrradparken“ und die Umsetzung von Modellprojekten wurden gleich ganz gestrichen.

Ähnlich erging es dem Passus zur Kontrolle: Sollten die Ordnungsamtler im Entwurf noch zur konsequenten Ahndung von Radspurparken „angewiesen werden“, sind sie dazu nun lediglich „im Rahmen ihrer Tätigkeit gehalten“. Und die „vermehrte“ Schaffung von Fahrradständern auf Autoparkplätzen – im Interesse der Fußgänger – kann jetzt nur noch im Einzelfall „in Betracht gezogen werden“.

Stefan Jacobs

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