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Schluss mit der Vermüllung: Auch Anna Mohr vom Café „m/a feine Kost“ setzt auf Mehrwegverpackung.
© Michele Galassi

Aktionstage "Gemeinsame Sache": Der Schillerkiez kämpft gegen den Müll

Seit der Neuköllner Schillerkiez hip ist, gibt es mehr Müll: Doch Anwohner und Gastronomen wehren sich dagegen. Ihr Ziel: Mehr Nachhaltigkeit.

Irgendwann in diesem Frühjahr war für Jascha Müller-Guthoff und einige Nachbarn im Neuköllner Schillerkiez zwischen Hermannstraße und dem ehemaligen Tempelhofer Flugfeld die Schmerzgrenze überschritten. „Wir haben uns unterhalten und festgestellt, dass die Straßen einfach nicht sauber waren. Wir wollen es aber auch schön haben und sind deshalb selbst aktiv geworden“, erzählt der Inhaber eines kleinen Verleih-Ladens in der Weisestraße. Die „Schillerkieznachbarn“, eine Gruppe von bis zu zwölf Anwohnern, gehen nun an jedem ersten Sonntag im Monat auf die Straße und sammeln Trinkbecher, Getränketüten und andere Abfälle ein.

Bis zu 25 prall gefüllte Müllsäcke sind bei den jeweils rund zweistündigen Arbeitseinsätzen schon zusammengekommen. Die Berliner Stadtreinigung (BSR) stellt Handschuhe, Westen und Greifer zur Verfügung und sorgt dafür, dass die Abfälle abgeholt werden. Für den nächsten Putztag am 2. September ist eine kleine Kunstaktion geplant. „Wir dekorieren unsere Greifzangen mit Material, das wir auf den Straßen oder bei den Spielplätzen finden“, kündigt Müller-Guthoff an. Das könnten vielleicht Lippenstifte oder anderer Müll sein.

Die Partylaune schwappt vom Tempelhofer Feld hinüber

Seit das einstige Flughafengelände zu einem beliebten Ausflugs- und Picknickziel geworden ist, haben Besucher, darunter auch viele Berlin-Touristen, den angrenzenden Schillerkiez entdeckt. Wenn das Tempelhofer Feld am Abend geschlossen wird, schwappt die Partylaune nach Neukölln über. Das hat Folgen: viele achtlos weggeworfene Coffee-to-go-Becher und mehr Schmutz im Kiez.

Das Bezirksamt reagierte: Innerhalb der schon seit 2016 bestehenden Initiative „Schön wie wir – für ein lebenswertes Neukölln“ steht jetzt das Thema Abfallvermeidung in der Gastronomie im Vordergrund. Das ortsansässige Planungsbüro Coopolis erhielt im März 2018 gemeinsam mit CRCLR, einem Berliner Zentrum für Kreislaufwirtschaft, den Auftrag, im Schillerkiez beispielhaft eine Mehrwegberatung zu starten. Gefördert wird das Projekt von der Europäischen Union, dem Bezirksamt Neukölln und den Wohnungsgesellschaften Buwog und Stadt und Land.

Jascha Müller-Guthoff verleiht in seinem Laden kleine Grills, der umweltfreundlich mit Maiskohle angefeuert wird.
Jascha Müller-Guthoff verleiht in seinem Laden kleine Grills, der umweltfreundlich mit Maiskohle angefeuert wird.
© Michele Galassi

Die Coopolis-Mitarbeiterin Duygu Örs ist seither in den Straßen um die Schillerpromenade unterwegs und spricht mit den Gastronomen. Ihr erstes Fazit: „Viele wollen mitmachen, mit Pfandsystemen oder indem sie mitgebrachte Becher nachfüllen.“ Die studierte Kulturwissenschaftlerin hat dabei nicht nur die hippen Straßencafés im Auge, sie geht auch in Backshops und Eckkneipen.

Bei Anna Mohr vom „m/a feine Kost“ in der Kienitzer Straße, Nähe Hermannstraße, musste Duygu Örs nicht lange Überzeugungsarbeit leisten. Das Café setzt ganz auf Mehrwegbecher und darüber hinaus auch auf umweltfreundliche Verpackungen bei Salaten, Suppen oder Lasagne. „Wenn man halbwegs auf Zack ist, dann gibt es dafür überhaupt keinen anderen Weg“, sagt die Chefin des modernen Tante-Emma-Ladens mit französischen und italienischen Spezialitäten.

Beutel für Mehrwegbecher

Auch bei Sezen Dogan vom Backshop an der Ecke Weise-/Okerstraße sind Einwegbecher bald ganz tabu. Sie macht mit beim Berliner „Better World Cup“-System. Kunden bekommen den Kaffee in den mitgebrachten Becher oder in die Tasse eingeschenkt. Vom Bezirksamt wurde dafür Unterstützung in Form von kleinen praktischen Edelstahlkännchen zugesagt, damit die Hygiene stimmt.

Domenico Richichi, der in seinem Bistro „La Gatta“ in der Selchower Straße Eis, Kaffeespezialitäten und kleine Happen wie Bruschette, Tramezzini und Taglieri anbietet, schlug vor: „Man müsste einen Beutel für den Mehrwegbecher haben. Dann kann man ihn besser in der Tasche oder im Rucksack mitnehmen.“

Duygu Örs fand die Idee gut. Inzwischen hat eine Designerin Prototypen aus vliesähnlichen Reststoffen vorgestellt. Die wasserdichte Hülle könnte den Mehrwegbecher attraktiver machen, findet die Beraterin. Nachhaltigkeit kommt an bei den Gastronomen im Kiez. Umherliegende Einwegbecher nerven auch die Geschäftsinhaber.

Für Jascha Müller-Guthoff war nachhaltiges Management nicht nur ein Studienfach. Das Thema wurde für ihn auch zur Geschäftsidee. Seit drei Jahren verleiht er in seinem Laden Skateboards für Besucher des Tempelhofer Feldes, ebenso Musikinstrumente, Kameras und Sonnenbrillen. Man kann bei ihm für einige Euro pro Tag sogar einen kleinen Grill, Marke Eigenbau, bekommen. Der wird anstatt mit Briketts umweltfreundlich mit Maiskohle angefeuert – hergestellt aus den Kolbenresten der Ackerpflanze.

Duygu Örs hat Prototypen Mehrwegbecher-Beutel aus vliesähnlichen Reststoffen hergestellt.
Duygu Örs hat Prototypen Mehrwegbecher-Beutel aus vliesähnlichen Reststoffen hergestellt.
© Michele Galassi

Am Sonntag, dem 2. September, trifft sich Jascha Müller-Guthoff mit seinen „Schillerkieznachbarn“ um 11 Uhr an der Ecke Okerstraße/Schillerpromenade zum mittlerweile vierten Sommerputz. Das Motto ist: „Kampf den Kronkorken, Wassereisverpackungen, Trinkpäckchen und achtlos auf den Boden geworfenen Zigarettenstummeln!“ Er freut sich über alle Bewohnerinnen und Bewohner, die dabei mithelfen wollen.

Ab zwölf Uhr werden dann die schwarzen Müllzangen mit Nagellack, Stoffresten und anderem Dekor verziert. Im „Nachbarschaftslabor“ in der Schillerpromenade 4 gibt es anschließend ein Palaver über Müllvermeidung, Recycling und Upcycling. Alle Gäste sind herzlich willkommen.

Machen Sie mit. Wollen Sie – allein, mit Nachbarn, Freunden oder Ihrer Initiative – mitmachen beim Aktionstag von Tagesspiegel und Paritätischem Wohlfahrtsverband? Alle Aktionen finden Sie hier: www.gemeinsamesache.berlin Dort können Sie auch Ihre eigene Aktion anmelden. Bei Fragen: gemeinsamesache@tagesspiegel.de

Sie alle machen mit:

Jeden Tag stellen wir Ihnen hier Projekte vor, die sich noch Helfer wünschen.

Hier spielt die Musik

Das Jugendfunkhaus lädt am Freitag, dem 7. 9., alle Jugendlichen von 13 bis 27 Jahren zur Jamsession auf der Bühne des Jugendfunkhauses in der Sewanstraße 43 in Lichtenberg ein.

Zeit: 15–19 Uhr. Kontakt: 5252589. E-Mail: buero@ jugendfunkhaus.de. www.jugendfunkhaus.de

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Schauen Sie vorbei in der Fahrrad-Selbsthilfewerkstatt! Die „grünen Radler“ im Stadtteilzentrum der Villa Mittelhof freuen sich am 7. 9. von 16–19 Uhr auf Ihren Besuch. Hier wird geschraubt, getüftelt und repariert. Es gibt ein großes Werkzeugsortiment und man steht sich hier mit Rad(t) und Tat zur Seite. Es gibt auch eine Teile-Börse auf Tausch- oder Spendenbasis, um alte Räder wieder fit zu machen. Im Nachbarschaftscafé gibt es Snacks und Getränke. Keine Anmeldung nötig.

Ort: Königstraße 42–43, 14163 Zehlendorf. Kontakt: Hr. Abeler. 80 19 75 33. E-Mail: salvermoser@mittelhof.org. www.mittelhof.org

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