Debatte zum Bündnis gegen Linksextremismus: "Der Rechtsstaat ist nicht verhandelbar"
Die Berliner CDU fordert alle anderen Parteien auf, sich von „militantem Linksextremismus“ abzugrenzen. Das ist hochgradig anmaßend, schreibt SPD-Experte Torsten Schneider. Ein Gastbeitrag.
In einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel hat CDU-Generalsekretär Kai Wegner ein Bündnis der Parteien gegen Linksextremisten gefordert - gerade im Angesicht der Auseinandersetzungen rund um die Rigaer Straße. Hier antwortet nun der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Torsten Schneider, in einem eigenen Gastbeitrag.
Die Berliner CDU fordert alle anderen Parteien auf, sich von „militantem Linksextremismus“ abzugrenzen. Das ist hochgradig anmaßend. Keine demokratische Partei in Berlin braucht zu dieser Selbstverständlichkeit aufgefordert zu werden. Es ist nämlich breiter Konsens der Berliner Stadtgesellschaft, dass Bürger- und Menschenrechte des Einzelnen, ob Anwohner oder Eigentümer, Mieter oder Polizisten durch den Staat zu schützen sind.
Der staatsprägende Rahmen unseres Zusammenlebens ist der Rechtsstaat. Dieser Rechtsstaat wird mit Entschiedenheit gegen Besitz- und Eigentumsstörer, Sachbeschädiger und Schläger vorgehen, von denen er tagtäglich herausgefordert ist.
"Die CDU-Polemik lenkt nur ab"
Die CDU-Polemik ist nur Ablenkung davon, dass der Rechtsstaat nicht nur herausgefordert sondern in Gefahr ist, wenn eine Regierungspartei zu verdecken sucht, dass es im Rahmen der rechtsstaatlichen Gewaltenteilung Sache der Gerichte ist zu entscheiden, ob sich jemand ins Unrecht setzt. Die Gerichte entscheiden seit 1979 in ständiger Rechtsprechung, dass sich der Eigentümer trotz verbotener Eigenmacht nur dann gegen den Besitzer durchsetzt, wenn sich Besitzer- und Eigentümer-Ansprüche gerichtlich entscheidungsreif gegenüber stehen.
Auf lange Sicht wird aller Voraussicht nach auch in der Rigaer Straße der Eigentümer seine Rechte gerichtlich durchsetzen können. Bis zu diesem Zeitpunkt können sich die Besitzer allerdings sogar auf ein spezielles Notwehrrecht gegen den Eigentümer berufen, das im Ernstfall durch den Staat zu verteidigen ist.
Der Rechtsstaat wäre sogar in höchster Gefahr, wenn ein Innenminister Polizisten verheizte und mit wahltaktischen Spielchen Ausschreitungen in Kauf nähme, ohne dass die Besitzer gerichtlich delegitimiert wären. Das würde nämlich die demokratiegefährdende Frage aufwerfen, ob die Berliner statt durch, vor dem „CDU-Rechtsstaat“ zu schützen sind.
Torsten Schneider, 47, sitzt seit 2006 für die SPD im Abgeordnetenhaus. Seit 2011 ist er Parlamentarischer Geschäftsführer der Berliner SPD.
Torsten Schneider