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Wegen der Corona-Krise bleiben Bühnen und Säle leer.
© Kai-Uwe Heinrich

Berlins Konzertveranstalter in der Krise: „Der Overkill 2021 ist absehbar“

Berlins Konzertveranstalter rechnen mit dem Totalausfall für 2020. Und mit überbuchten Bühnen im Folgejahr.

Die Stimmung in der Berliner Konzertbranche ist angespannt. Ob er sich, trotz aller Widrigkeiten, sicher fühle, beantwortet der Betreiber der Columbiahalle, Norbert Döpp-Veidt, schlicht mit „nein“, dann folgt eine längere Atempause. „In diesem Jahr wird es, gefühlt, keine Konzerte mehr geben.“ 

Nach aktueller Gesetzeslage sind Veranstaltungen mit mehr als 5000 Teilnehmern bis 24. Oktober kategorisch ausgeschlossen, die Zahl und das Datum könnten sich aber auch ändern, weshalb die Planung bis mindestens Jahresende grundsätzlich spekulativ bleibt, sagt Döpp-Veidt. 

Und solche Spekulation kann sehr teuer werden. „Jedes Konzert braucht mehrere Monate Planungsvorlauf und jeder Ausfall betrifft neben Veranstaltern und Künstlern auch Hunderte Jobs von Subunternehmern wie technischer Crew, Security, Werbemachern, manchmal Catering.“ Ganz zu schweigen von Ticketkäufern, die nicht wissen, ob sie auf bereits gekauften Karten sitzenbleiben oder wie der Ersatztermin in ihre sonstige Planung passt.

Die Großveranstalter, berichtet Döpp-Veidt, stehen laufend in Kontakt miteinander und diskutieren derzeit Konzepte wie das Gutscheinmodell – bei Ausfall eines Konzerts könnte dem Käufer ein gleichwertiger Gutschein ausgestellt werden. 

Ticketverkauf ist eingebrochen, alternative Modelle noch nicht ausgereift

Noch seien aber viele Fragen ungeklärt, etwa nach einem möglichst unbürokratischen Umgang mit Preisdifferenzen oder das Problem, dass die Gutscheine grundsätzlich an den jeweiligen Veranstalter geknüpft bleiben. Der Kunde könne damit nicht in irgendein beliebiges anderes Konzert gehen, was die Kaufhemmung verstärke. Dann sei da die Unsicherheit, ob der Veranstalter, bei dem man sein Ticket erwirbt, die Krise überhaupt durchhalten wird – was geschieht im Fall seiner Insolvenz? Der Kartenverkauf sei drastisch eingebrochen und wenn sich die Bedingungen nicht ändern, sei keine Erholung zu erwarten.

Daraus entsteht auch ein erheblicher Mehraufwand in Sachen Kundenbetreuung, sagt Alexander Zahlmann vom Concertbüro-Zahlmann. „Der Kunde will wissen, was passiert, dabei wissen wir eigentlich selbst nichts. Wer länderübergreifend veranstaltet, wie wir, hat zudem auch mit den bundesweit uneinheitlichen Richtlinien zu kämpfen, die sich auch noch jederzeit ändern könnten. Wir versuchen, die Konzerttermine daher so weit wie möglich in die Zukunft zu legen. Das tun allerdings auch alle anderen, was zur Folge hat, dass viele Theater schon jetzt keine freien Termine mehr für 2021 zu vergeben haben.“ Auch den Kunden hemme die unsichere Gesetzeslage beim Ticketkauf. Zahlmann appelliert an die Politik, verbindliche und bundesweit einheitliche Regelungen zu finden.

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Laut Döpp-Veidt diskutieren die Veranstalter Möglichkeiten, mehrere Konzerte am selben Ort und Abend aufeinanderfolgen zu lassen und führen Gespräche mit dem Senat über eine Erhöhung der zulässigen Jahreszahl sogenannter lauter Veranstaltungen an Spielorten wie Wulheide, Waldbühne und Zitadelle – derzeit sind es jeweils 18. Fast könnte man in der 2021 zu erwartenden Veranstaltungsdichte einen Gewinn für den Konzertgänger ausmachen.

Auch kleinen Veranstaltern fehlt Planungssicherheit

„Der Overkill 2021 ist absehbar“, sagt Ran Huber von AmStart. „Da große internationale Acts unflexibler als lokale sind und mehr Planungssicherheit brauchen, kann ich mir vorstellen, dass sie sich tendenziell weiter in die Zukunft schieben.“ 

Das könne für die erste Zeit nach dem Lockdown ein Vakuum schaffen, das den kleinen Veranstaltern, die vergleichsweise kurzfristig auf Gegebenheiten reagieren können, zugute kommen könnte. Allerdings hänge vieles auch davon ab, wie viele der kleinen Clubs die Krise überhaupt überstehen, sagt Huber. 

„Wenn am Ende schlicht Bühnen fehlen, haben wir auch nichts davon.“ Er sehe sich zurzeit nicht akut bedroht, die Soforthilfe der IBB und eine schnell aufgestellte Spendenkampagne würden ihn zumindest mittelfristig tragen. Aber die Konzertplanung sei auch im kleinen Maßstab fast unmöglich. 

„Ich tüftle an alternativen Lösungen wie einer mobilen Bühne, nehme Promojobs an und arbeite an virtuellen Veranstaltungen. Es ist auch spannend, zu sehen, was sich gerade überall an kreativen Potenzialen entfaltet, wo sonst immer die gleichen Jobroutinen abgespult werden.“ Als reiner Veranstalter ohne eigenen Club sei er allerdings in einer vergleichsweise bequemen Lage. Sonst säße auch er auf laufenden- und Zusatzkosten, bei totalem Ausfall von Einnahmen.

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