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Denis Girn vor der Gradestraße 77.
© Joana Nietfeld
Update

Warnstreik bei der Berliner Stadtreinigung: „Der Müll bleibt einfach liegen“

Die Gewerkschaft Verdi bestreikt am Dienstag Müllabfuhr, Sperrmüll-Abholung und Recyclinghöfe in Berlin. Auch bei den Kliniken geht der Ausstand weiter.

Die Fahrzeuge der Müllabfuhr bleiben in den Garagen, die Recyclinghöfe sind zu, die Stadtreinigung BSR wird bestreikt. „Der Müll bleibt einfach liegen“, sagt Gregor von Paczensky. Er steht unter einem weißen Plastikpavillion, neben dem BSR-Recyclinghof in der Gradestraße in Britz und weist seine Kolleginnen und Kollegen ein, die zum „Stempeln“ kommen.

Gestempelt wird eigentlich nichts, dafür aber Unterschriften erfasst, damit die Streikenden trotz Arbeitsniederlegung ihren Tageslohn erhalten. Verdi zahlt heute.

Die Gewerkschaft hat für Dienstag zu einem eintägigen Warnstreik aufgerufen. Gerechnet wurde mit rund 1200 BSR-Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Die Müllabfuhrtermine verschieben sich diese Woche um einen Tag nach hinten. Ebenfalls am Dienstag in den Ausstand getreten sind Pflegekräfte und andere Mitarbeiter bei Charité und Vivantes. Sie streiken bereits den zweiten Tag in Folge.

Nach Angaben von Verdi haben sich am Dienstag insgesamt mehr als 4000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes an Warnstreiks beteiligt. 

Im Untergeschoss der Gradestraße 77 sitzt Denis Girn hinter einer Plexiglasscheibe. Er trägt Maske, Mütze und Fleecejacke im BSR-Orange. Er erklärt noch mal die Forderungen: „Ein Lohn- und Gehaltsplus von 4,8 Prozent, mindestens aber 150 Euro mehr im Monat“ - und das für die einjährige Laufzeit des neuen Tarifvertrages, danach solle es neue Verhandlungen geben.

Bereits Ende September hatte Verdi zum Warnstreik bei der BSR aufgerufen. Am Samstag den 26. September blieben alle Recyclinghöfe geschlossen, am Montag den 28. September trat die Straßenreinigung in den Ausstand.

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Girn fragt die Angestellten, ob sie Kinder haben und Partner, die ebenfalls streiken. Je nach Antwort macht er sich Kreuze auf einem Zettel, das habe später mit der Abrechnung zu tun. Alles läuft sehr geregelt ab. Auf dem Boden bedeuten Klebepfeile die Gehrichtung. Die Belegschaft ist in Gruppen eingeteilt, um den Andrang coronabedingt zu entzerren.

Vor einer Kleingartenkolonie türmen sich die Müllsäcke

„Viele sind trotzdem heute Morgen zwischen fünf und sechs gekommen“, sagt von Paczensky unter dem Plastikpavillion, das seien die Angestellten hier einfach gewohnt. Die Kernarbeitszeit auf dem Hof in der Gradestraße sei von 6 bis 14.18 Uhr, „das sind genau 7,9 Stunden - wie im Vertrag steht.“

Denis Girn (vorne) sammelt die Unterschriften der BSR-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Streik.
Denis Girn (vorne) sammelt die Unterschriften der BSR-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Streik.
© Joana Nietfeld

Dass am Dienstag kein Müll abgeholt wird, macht sich schon auf der Hinfahrt bemerkbar. Vor den Kleingartenkolonien in der Gradestraße türmen sich die Müllsäcke. Ja, das könne auch am Streik liegen, sagt ein anderer BSR-Mitarbeiter, der in gelber Warnweste seine Kollegen begrüßt – und darauf hinweist, bloß noch mal die Bankdaten, die auf dem Verdi-Zettel stehen, zu checken. Da habe es bei einem Streik vor zweieinhalb Jahren einige Probleme gegeben.

Immer wieder fahren Transporter langsam vor dem Recyclinghof vor, die von einem Sicherheitsmann abgewiesen werden. Gregor von Paczensky erläutert weiter die Streik-Forderungen: „Wir lassen uns nicht alles gefallen.“ Das vorangegangene Angebot der Arbeitgeberseite von 3,5 Prozent mehr Geld über drei Jahre sei viel zu niedrig angesetzt. „Die Laufzeit ist viel zu lang.“ Außerdem erinnert er an einen großen Streik von 1992: „Damals lag fünf Tage alles lahm.“

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