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Am Sonntag trat in Berlin der Mietendeckel in Kraft. Doch für die Umsetzung fehlt das Personal.
© Paul Zinken/dpa

Kein Personal in den Berliner Bezirken: Der Mietendeckel ist da – aber niemand, der ihn umsetzt

Auf die Wohnungsämter kommt viel Arbeit zu, sie sollen dafür sorgen, dass der Mietendeckel auch eingehalten wird. Mitarbeiter gibt es dafür bislang nirgendwo.

Seit Sonntag gilt der Mietendeckel – aber wer setzt seine Regelungen um?

Ob unwissentlich oder nicht, mit ihrem am Montag veröffentlichten Twitter-Beitrag traf die Pressestelle der Berliner SPD mitten ins Schwarze: „Falls sich Vermieter nicht an ihre Pflichten halten und eine nach dem Mietendeckel unzulässig hohe Miete verlangen, dann können sich Mieter an ihr Bezirksamt wenden“, schrieben die Sozialdemokraten am Montagmittag.

Und lieferten eine Übersicht der zwölf Berliner Bezirksämter gleich mit. Das Problem an der Sache: In den bezirklichen Wohnungsämtern gibt es stadtweit nicht einen einzigen Mitarbeiter, der das „Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen“ umsetzen soll.

Überhaupt erst in drei Bezirken wurden entsprechende Stellen ausgeschrieben – nachdem das Gesetz über Monate diskutiert und schließlich bereits am 30. Januar im Abgeordnetenhaus beschlossen worden war.

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Da die Bewerbungsfristen bei zwei der drei bereits eingeleiteten Verfahren noch bis Mitte März laufen, dürfte bis zur Besetzung der Stellen noch Wochen oder Monate ins Land gehen. Sie sind alle auf fünf Jahre befristet, wie auch das Gesetz selbst. An wen sich Mieter bis dahin wenden sollen, die den Verdacht hegen, zu hohe Mieten zu bezahlen, ist völlig unklar.

Aufgabe der Bezirksämter

Genau das nämlich ist Aufgabe der Bezirksämter – so schreibt es das seit Sonntag gültige Gesetz vor. Sie sollen Bescheide für die zulässigen Höchstmieten für einzelne Wohnungen erteilen. Mit diesen können Mieter gegen Mieten vorgehen, die über den Grenzwerten liegen. Notfalls vor Gericht.

Darin besteht der Senkungsanspruch, den Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) in das Gesetz verhandelt hatte und der – allen rechtlichen Bedenken zum Trotz – bis zum Schluss bestehen blieb.

Spätestens ab November dürfte die Arbeit richtig losgehen

Zunächst sollte für die Aufgabe der Mietenkappung die Stadtentwicklungsverwaltung selbst zuständig sein und hätte nach eigener Berechnung 140 Stellen schaffen müssen. Jetzt tragen die Hauptlast Mieter und Bezirksämter. Angewandt werden darf die Regelung zur Mietsenkung erst neun Monate nach dem gesetzlichen Mietenmoratorium, also Mitte November.

Beraten lassen hätten Mieter sich auch vorher können. Nur ist niemand da. Spätestens im November dürfte die Arbeit für die Wohnungsämter aber richtig losgehen. Vorausgesetzt, der Mietendeckel ist bis dahin nicht vom Bundesverfassungsgericht kassiert worden. CDU und FDP in Berlin wie im Bund haben Verfassungsklagen angekündigt.

Einige Bezirksämter wollten sich auf keinen Zeitpunkt festlegen lassen

Katrin Dietl, Sprecherin der Senatsbauverwaltung, die für die Erarbeitung des Gesetzes zuständig war, stellt die derzeitige Lage wie folgt dar: „Die Besetzungsverfahren der bezirklichen Stellen sind angelaufen“, sagte sie dem Tagesspiegel.

Demnach hätten die drei Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg, Treptow-Köpenick und Lichtenberg die Stellen bereits ausgeschrieben.

Spandau, Neukölln, Pankow, Marzahn-Hellersdorf und Reinickendorf sollen laut Dietl bis Ende Februar beziehungsweise in der ersten Märzwoche ihre Stellen ausschreiben. „Die verbleibenden Bezirksämter wollten sich auf keinen Zeitpunkt festlegen lassen oder gaben keine Rückmeldung ab“, sagte Dietl.

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Aus den vom Tagesspiegel angefragten Bezirken, egal ob mit oder ohne Ausschreibung neuer Stellen, antwortete nur Neuköllns zuständiger Stadtrat Jochen Biedermann (Grüne). Die Stellen hätten leider noch nicht ausgeschrieben werden können. Das Bezirksamt könne Mietern „derzeit nur raten, selbst gegen Verstöße vorzugehen“, schrieb Biedermann.

Wibke Werner, stellvertretende Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins, dürfte sich angesichts der Personalnot in den Bezirken in ihrer Kritik bestätigt fühlen.

Bislang scheinen die Berliner noch keinen hohen Beratungsbedarf zu haben

Bereits vor Wochen sprach sie von einer „etwas misslichen“ Situation. Damals wurde klar, dass sich Mieter nach Inkrafttreten des Mietendeckels größtenteils selbst um die Einhaltung der darin vorgesehenen Mietobergrenzen kümmern müssten. Sie kritisierte, „dass da nicht mehr Rückendeckung für die Mieter durch den Senat herauskommt“ – und sprach damit wohl auch für die Bezirke.

Bislang scheinen die Berliner noch keinen gesteigerten Beratungsbedarf zu haben.

Werner erklärte am Montag, zunächst habe sich der Beratungsaufwand „in Grenzen gehalten“. Wer am Vormittag die Beratungshotline des Mietervereins wählte, bekam binnen einer Minute einen Mitarbeiter ans Telefon. Auch unter der Nummer der „Berliner MieterGemeinschaft“, die ebenfalls berät, hieß es am Montag: kein erhöhtes Aufkommen, alles wie immer. Davon, dass sich das ändern wird, ist Werner aber überzeugt.

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