BVG-Werbegag: Der große Sneaker-Hype
Der Verkauf der BVG-Sneakers geriet zum Spektakel. Manche warteten schon seit Samstag vor dem Kreuzberger Overkill-Laden auf die begehrten Unikate.
Hunderte Menschen bilden am Dienstagmorgen in eisiger Kälte und im Nieselregen eine lange Schlange vor dem „Overkill“-Laden an der Köpenicker Straße. Dick eingepackt warten sie auf den langersehnten Verkauf der BVG-Sneakers in Kreuzberg. Es herrscht ein riesiges Durcheinander.
Medienvertreter, Passanten, Schaulustige und sogar Polizisten. Angestrengt versuchen die Beamten, den Gehweg freizumachen. Erfolglos. „Wir stellen den Einsatz hier niemandem in Rechnung“, sagt Polizeisprecher Michael Gassen. „Wir sorgen eben für die allgemeine Sicherheit.“
Die Wartenden sind genervt vom Gedränge und den vielen Fragen. „Ich kann diesen Medienrummel nicht nachvollziehen – 500 Stück sind doch gar nicht so krass wenig“, wundert sich Alyn, die bereits seit Jahren Sneakers sammelt. Für andere Schuhe stehe man fünf Tage an. Zuhause habe sie 50 Paar Unikat-Sneakers. Einige seien 1000 Euro wert. Auch Attila ist ein begnadeter Fan der trendigen Sneaker-Turnschuhe. Für manche Sneaker reiste er schon zwölf Stunden mit dem Bus und campierte eine Woche vor einem Laden.
Liste statt Reservierung
Am Dienstag wurde in zwei Geschäften in Kreuzberg und Mitte Adidas-Sneakers als PR-Gag mit einer limitierten Auflage von 500 Stück verkauft. Diese Schuhe sind auch Teil der BVG-Kampagne „Weil wir dich lieben“, die dem Unternehmen ein jüngeres Image geben soll.
Das Besondere: Auf der Lasche ist ein BVG-Jahresticket eingenäht. Das gilt bis Ende 2018 in allen U-Bahnen und Bussen, jedoch nicht in der S-Sahn. Das Design ähnelt dem Look der Berliner U-Bahn-Sitzbezüge. Der Verkaufstermin wurde bewusst zu Beginn der Fashion Week festgelegt. Das Ticket gilt nur, wenn der Schuh getragen wird.
Um bei der Ladenöffnung ein größeres Chaos zu verhindern, wurde seit Samstag eine Liste geführt mit den Namen aller bereits derart früh wartenden Fans. Und zwar von Steven Fischer, der als erster Fan da war und alle paar Stunden bei einem Rundgang kontrollierte, ob noch alle anwesend sind. Ansonsten wurde man von der Liste gestrichen. Am Dienstag vor der Ladenöffnung standen schon 500 Namen auf der Liste.
Ein „Overkill“-Mitarbeiter beginnt einige Minuten nach 11 Uhr die Namen auf der Liste abzulesen, grüppchenweise werden jeweils fünf bis zehn Personen in den Laden gelassen. „Respekt! Wahnsinn, wie lange ihr durchgehalten habt!“ ruft er den Fans zu. Einer in der Schlange stöhnt: „Heute hat man mehr Glück im Lotto zu gewinnen, als noch ein Paar dieser Sneakers zu bekommen“.
Steven Fischer, der Erste auf der Liste, kann zuallererst sein Paar davontragen. Auch er ist überrascht vom Rummel und Medienauflauf. „Ich freue mich jetzt einfach nach Hause zu gehen und zu pennen“, sagt er müde in die Kameras. Doch lange wird er nicht weg sein: Bereits heute um 11 Uhr kommt der neue limitierte Jordan Sneaker in den Handel, ein weiteres Sammlerstück – und Steven will wieder als Erster den „Overkill“-Laden betreten und ein Paar ergattern, denn auch für diesen Schuh führt er bereits seit Samstag eine Warteliste.
Übrig bleibt ein zugemüllter Gehsteig
Der letzte BVG-Sneaker wird um 15 Uhr verkauft. Bis dahin warten rund 400 Menschen draußen im Regen und hoffen, doch noch einen Sneaker zu ergattern. Viele haben schon die letzten Nächte draußen in der Kälte verbracht. Einige machten es sich zu Fünft im Zwei-Personen-Zelt gemütlich. Andere dösten in Autos oder umliegenden Bars.
Übrig bleibt ein zugemüllter Gehsteig: Zelte, Matratzen, Sofas, Decken, Reste des Kurzzeit-Camps. Die "Overkill"-Mitarbeiter räumen später auf. Unterdessen warnt die Berliner Polizei bereits auf Facebook vor „Schnäppchen“-Angeboten angeblicher BVG-Sneaker im Internet.
„Overkill“ soll übrigens eine doppelt gute Beziehung zur BVG haben, wie bei den Verkehrsbetrieben nicht ohne Ironie verlautet. Im Laden an der Köpenicker werden Spraydosen in den buntesten Farben verkauft, auch im Onlineshop. Solche, mit denen Berlins Sprayerszene gerne U-Bahn-Waggons bemalt. Mancher griff am Dienstag wohl auch da gerne zu.
Anja Zobrist