Ein neuer Feiertag in Berlin: Der Frauentag ist nur ein Placebo
Rot-Rot-Grün macht den 8. März zum Feiertag und hält das für frauenpolitisches Engagement. Dabei wird das nichts zur Gleichstellung beitragen. Ein Kommentar.
Auf ihrem Landesparteitag am heutigen Samstag haben also auch die Berliner Grünen – nach den Sozialdemokraten und der Linken – beschlossen, dass der Internationale Frauentag, der 8. März, in Berlin zum Feiertag werden soll. Auf einmal geht alles ganz schnell, damit die Berlinerinnen und Berliner schon im kommenden Jahr davon etwas haben. Die rot-rot-grüne Koalition wird in diesen Wochen rasch eine Gesetzesvorlage ins Abgeordnetenhaus einbringen, die dann ruckzuck im Januar beschlossen wird.
Und dann ist der 8. März 2019 schon Feiertag. Trifft sich natürlich supergut, dass dieser zudem ein Freitag ist. Ein weiteres langes Wochenende steht Arbeitnehmerinnen uns Arbeitnehmern bevor.
Was Frauen wirklich brauchen, sind gleiche Löhne. Damit wäre sehr viel mehr gewonnen.
schreibt NutzerIn lotta
Genau in diesem Sinne hatte sich die Linke vor gut zehn Tagen für den Frauentag ausgesprochen, obwohl sie eigentlich den 8. Mai, den Tag der Befreiung, als neuen Berliner Feiertag favorisierte: „Wir halten es aber für angebracht, diese Diskussion nicht endlos fort-, sondern eine Entscheidung herbeizuführen, damit die Berlinerinnen und Berliner nicht noch länger auf einen weiteren Feiertag warten müssen“, hieß es vor zehn Tagen in einer Erklärung des Partei- und Fraktionsvorstands.
Die Grünen wollen kämpfen und nicht nur feiern
Dass es am 8. März nicht so viel zu feiern gibt, weiß der Regierende Bürgermeister Michael Müller, der auf dem Landesparteitag der SPD vor einer guten Woche feststellte, dass „für die Gleichstellung der Frauen noch viel zu tun ist“. Müller hatte zuvor immer den 18. März präferiert, also den Tag der deutschen Märzrevolution 1848. Und die Grünen geben sich aktionistisch: „Solange Gleichberechtigung und Gleichstellung nicht erreicht sind, werden wir Grünen am 8. März kämpfen und nicht nur feiern.“ Auf diesen Kampf kann man gespannt sein.
Schnell den freien Tag für das Wahlvolk zu sichern, scheint R2G also wichtiger zu sein als ein Ringen um Positionen, und die Koalition klopft sich auf die Schultern ob des frauenpolitischen Engagements. Dabei hätte man über den 8. Mai als auch über den 18. März trefflich diskutieren können; beide Daten sind historisch bedeutsam und bei beiden gibt es gute Gründe, sich ihrer mit einem Feiertag zu erinnern.
Der 18. März ist Equal Pay Day
Kleine Randbemerkung im Übrigen zum 18. März: Dieser ist auch frauenpolitisch bedeutsam. Er ist bekannt als Equal Pay Day. Um das Einkommen zu erzielen, das Männer bereits am 31. Dezember des Vorjahres erzielt haben, müssen Frauen bis zu diesem Tag arbeiten; denn sie verdienen durchschnittlich rund 20 Prozent weniger.
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In Sachen Gleichberechtigung und Gleichstellung ist durch den Frauenfeiertag nichts gewonnen. Da mögen noch so wohlfeile Erklärungen veröffentlicht werden.
Frauen werden weiter weniger verdienen, die Hauptbelastung in den Familien tragen, seltener in Unternehmensvorständen oder Aufsichtsräten sitzen. Kurzum, der Frauentag ist für die Politik billig zu haben. Mehr als ein Placebo ist er nicht. In der Medizin können Placebos teilweise Wirkung durch Einbildung entfalten. In der Politik wird das nicht funktionieren.
Und in den Familien? Wer wird da wohl in den meisten Fällen den Feiertagsbraten auf den Tisch bringen?