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Der Turm hat einen trapezförmigen Grundriss und erreicht eine Höhe von 176 Metern. Im Flachbau mit begrüntem Dach sollen Kongresse stattfinden.
© Simulation: Barkow Leibinger Architekten

Neukölln wächst nach oben: Der Estrel-Turm kann gebaut werden

Die Bezirksverordneten haben grünes Licht für den ersten Berliner Wolkenkratzer gegeben. 175 Meter soll der Hotelbau aufragen.

Für das höchste Bauprojekt der Stadt hat der Bezirk Neukölln jetzt grünes Licht gegeben. Der 175 Meter hohe Estrel-Turm an der Sonnenallee kann gebaut werden. Der Bebauungsplan wurde von den Bezirksverordneten beschlossen, auch der städtebauliche Vertrag ist unterschrieben, teilte Neuköllns Baustadtrat Jochen Biedermann (Grüne) auf Anfrage mit.

Bauherr Ekkehard Streletzki, Eigentümer des Estrel-Hotels, ist seiner Vision damit einen großen Schritt näher gekommen. Er möchte nicht nur das größte, sondern künftig auch das höchste Hotel Deutschlands betreiben, mit knapp 2000 Zimmern und zehntausenden Quadratmetern Tagungs- und Eventflächen.

Das Estrel könnte mit seinen Bettentürmen das Tor zur Innenstadt werden, für alle, die mit dem Auto auf der künftigen A 100 von Süden her anreisen – vielleicht „ein neues Berliner Wahrzeichen?“ So stellt es Streletzki auf der Internetseite seines Unternehmens zur Diskussion. Hochhäuser sind immer auch Prestigeprojekte. Streletzki könnte im nächsten Jahr loslegen, aber der Erfinder des Event-Hotels Estrel hält sich mit konkreten Zeitplänen zurück, nachdem sich das Großprojekt wegen strittiger Fragen verzögert hatte.

Die Baustelle der A 100 blockierte das Projekt

Die Sanierung einer alten Gleis-Unterführung der Sonnenallee war zu klären, außerdem blockierte die Baustelle der A 100 das drei Hektar große, völlig versiegelte Grundstück. Die Bauarbeiten an der Sonnenallee sollen laut Plan aber noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Der Bauantrag für das Projekt wird vorbereitet, „die Detailplanungen“ schreiten voran, heißt es aus dem Estrel. Mehr möchte das Management derzeit nicht sagen.

Das Architekturbüro Barkow Leibinger stimmt mit der Bauleitung bereits die Realisierung des Vorhabens ab. Schließlich wird nicht nur ein Hotelturm mit 814 Zimmern gebaut, sondern auch eine weitere Kongresshalle, ein Bürohaus und ein Parkhaus. Die ursprünglich geplante Shoppingmall wurde aufgegeben.

Zweiter Kongressstandort neben der Messe

Das Estrel will sich neben der Messe als zweiter Kongress- und Tagungsstandort in der Hauptstadt etablieren. Der Bezirk Neukölln hat das Projekt von Anfang an unterstützt, schließlich hat Streletzki sein florierendes Estrel quasi aus dem Nichts erschaffen und damit eine Gegend belebt, die vorher aus einem Sammelsurium von Industrie- und Gewerbeflächen bestand.

Wo der neue Hotelkomplex entstehen soll, stand bis in die 90er Jahre ein „Kabelwerk mit Betriebstankstelle und Altöllager, Farb- und Lösemittellager und unbefestigten Lagerflächen für Abfälle“, der Boden ist stark mit Schwermetallen belastet.

Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) sieht das Hotel deutlich kritischer, weil es ihrer Ansicht nach kaum Sinn macht, außerhalb des S-Bahnrings den bislang einzigen Wolkenkratzer Berlins zu bauen, während man am Alexanderplatz, dem zentralen Plangebiet für Hochhäuser, gerade auf eine Maximalhöhe von 130 Metern zurücksteuert. Doch zum Intervenieren ist es zu spät, zumal das Baukollegium des Senats die Gebäudehöhe schon 2012 grundsätzlich für stadtverträglich erklärt hatte.

Senat kann nicht mehr intervenieren

Rechtlich ist mit dem Bebauungsplan (B-Plan) eine Höhe von 176 Metern genehmigt, also kann Streletzki seine Pläne realisieren. „Der B-Plan ist bei uns im Haus im Anzeigeverfahren geprüft worden. Ergebnis: beanstandungsfrei“, erklärte Lompschers Sprecherin Karin Dietl. Faktisch entsteht an der Sonnenallee also ein weiterer Berliner Hochhausstandort, neben City West, Europacity, Alexanderplatz, Potsdamer Platz, Treptower Park und Ostbahnhof.

Westlich vom Estrel, wo die Ringbahn die Karl-Marx-Straße kreuzt, ist ein weiteres Hochhaus geplant, mit rund 100 Metern aber deutlich niedriger. Auch hier soll wegen der Nähe zu S- und U-Bahn ein Hotel einziehen. Die Neuköllner Bezirksverordneten reagierten bei der Vorstellung im Stadtplanungsausschuss positiv. Das Baukollegium des Senats hat sich das Projekt aber noch nicht angeschaut.

Autobahnanschluss zu den Flughäfen

Mit der Verlängerung der A 100 erhält das Estrel ab 2022 einen direkten Autobahnanschluss zu den Flughäfen in Schönefeld und Tegel. S-Bahnring und der Neuköllner Schifffahrtskanal komplettieren das Verkehrsangebot für die Gäste. Die umstrittene Unterführung unter der Sonnenallee soll das neue Hotel kreuzungsfrei mit dem alten verbinden. Am Ufer des Kanals ist eine öffentliche Terrasse mit Bäumen und Sträuchern geplant. Grün werden auch die Dächer der neuen Kongresshalle. Das sieht nach einer Win-win-Variante aus, selbst für die Natur.

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