Vorwurf gegen Linke-Spitzenkandidat: Wahlkampf auf Landeskosten: Der doppelte Herr Görke
Der Spitzenkandidat der Linken macht als Finanzminister eine "Informationsreise" durch Brandenburg - Opposition wirft ihm Amtsmissbrauch und Vetternwirtschaft vor.
„Görke trifft“. So steht es auf einer roten Torwand, die regelmäßig im Wahlkampf des Linke-Spitzenkandidaten für die Brandenburg-Wahl am 14.September zum Einsatz kommt. Doch jetzt hat Christian Görke, auch Landesparteichef und Finanzminister, ein Eigentor geschossen. Die Opposition aus CDU, FDP und Grünen wirft ihm „Vetternwirtschaft“ und „Amtsmissbrauch für Parteizwecke“ sowie „Wahlkampf auf Steuerzahlerkosten“ vor. Die Vorlage dafür bietet Görkes „Sommertour“ als Finanzminister, bei der er in diesen Tagen landauf und landab unterwegs ist. Und für diese „Informationsreise“ mitten im Wahlkampf hat das Linke-geführte Ministerium ausgerechnet auch noch einen Parteifunktionär als Fotografen angeheuert. Nämlich den Potsdamer Linke-Kreischef Sascha Krämer, der für den Landtag kandidiert.
Am Wochenende zog Görke die Notbremse, bemühte sich, den Schaden zu begrenzen. „Der Honorarvertrag ist beendet“, sagte Görke dem Tagesspiegel. Dass die Pressestelle des Ministeriums „mit Herrn Krämer, nicht mit dem Linken-Politiker“ einen Honorarvertrag abgeschlossen habe, sei aber „rechtlich sauber“ gewesen. Eigentlich sollte der Vertrag, nach dem Krämer für die Homepage des Ministeriums Fotos von der Sommerreise machte, bis 6. September laufen. Es gehe um 700 Euro, sagte Görke. Wert legt er darauf, dass Krämer „die Bilder elektronisch übermittelt, das Ministerium nicht betreten“ habe. „Es gibt keine Verquickung von Partei und Finanzministerium.“
Auch in der Koalition gibt es Verstimmung
Die Kritik an seiner Sommertour selbst aber, bei der der Finanzminister nicht allein Finanzämter besichtigt, sondern auch Polizeistationen, Sporteinrichtungen, Gesundheitszentren, Schulen und Kindertagesstätten, weist Görke dagegen zurück. „Ich bin Querschnittsminister, zuständig für alle Liegenschaften im Land.“ Dennoch gibt es selbst in der rot-roten Koalitionsregierung Verstimmungen. Es wird als unkollegial empfunden, wie sehr Görke in anderen Ressorts „wildert“, obwohl er nicht einmal Vize-Ministerpräsident ist.
Auf einer Linke-Veranstaltung in Potsdam, dem Auftakt der heißen Wahlkampfphase der Partei, verteidigte Görke am Sonnabend seine Tour offensiv. „Immer wenn es um Geld geht, ist der Finanzminister gefragt“, rief Görke vor einigen hundert Parteifreunden. Denn „Linke-Minister hören eben zu, kümmern sich und lösen die Probleme – und das bis zum letzten Tag“, das mache den Unterschied. Er verwies auf den BER, wo er vorige Woche gewesen sei. Dort hatte Görke, auch Aufsichtsratsmitglied, die Verantwortlichen für das nach wie vor stockende Schallschutzprogramm vor laufender Kamera eineinhalb Stunden einem hochnotpeinlichen Kreuzverhör unterzogen. Das hatte zumindest vorher kein Regierungsmitglied, kein Regierungschef Brandenburgs je getan, obwohl rund 30 000 Anwohner betroffen sind.
Die Sommertour will Görke fortsetzen
Für die Linken geht es bei der Landtagswahl um viel, nämlich darum, ob die rot-rote Regierungskoalition, die einzige in Deutschland, fortgesetzt werden kann. Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage für die „MAZ“ liegt sie aktuell bei 22 Prozent, deutlich unter den eigenen Erwartungen, die CDU bei 23, die SPD bei 34 Prozent. Rot-Rot hat damit zwar derzeit eine Mehrheit, aber nur eine knappe. Auf der Veranstaltung versuchte Görke, die Parteibasis für den Endspurt zu mobilisieren. „Mir persönlich reicht das nicht. Da ist Luft nach oben, zwei, drei Prozent mehr sind drin.“ Wer Rot-Rot wolle, müsse links wählen. „Sonst ärgert er sich nach der Wahl vielleicht doch schwarz.“
Die umstrittene „Sommertour“ will Görke wie geplant, nur ohne Fotografen, fortsetzen. Am Freitag besucht der Finanzminister eine Fischerei, eine Agrargenossenschaft und das Kunstarchiv der Burg Beeskow. Für die CDU-Opposition ist das ein Skandal, sie forderte einen sofortigen Stopp. Es könne nicht sein, dass das Finanzministerium die Wahlkampftour des Linke-Spitzenkandidaten organisiere, bezahlt mit Landesgeld. Auch die Grünen sehen einen Missbrauch von Steuergeldern, einen „Fall für den Landesrechnungshof“.