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Belastend. Auch ein Atlas mit Irokesenfrisur ist im Körperwelten-Museum ausgestellt.
© Kitty Kleist-Heinrich

Körperwelten-Museum öffnet am Mittwoch: Der blühende Tod

Von Hagens’ Leichenplastinate sind am Fernsehturm angekommen. Ab Mittwoch, 9 Uhr, kann jeder sie anschauen.

Drei Herzinfarkte und eine ausgeprägte Raucherlunge. Körperspender Detlef von Wengler, 61, glaubt fest daran, dem künftigen medizinischen Nachwuchs posthum gutes Anschauungsmaterial zu bieten. Als Ganzkörperplastinat mit ausgeklappten Lungenflügeln und offenem Herzen. Seinen Chirurgen habe er schon gewarnt, besonders sorgfältig zu arbeiten, „irgendwann wird das alles ausgestellt.“ Ist das nun makaber oder würdelos? Von Wengler fürchtet sich eher vor der Alternative: „Ist doch eklig, von Maden zerfressen zu werden.“ Wenn er tot ist, möchte er möglichst als Ritter mit Schwert ausgestellt werden. „Ritter hamse noch nich.‘“

Das Berliner Körperwelten-Museum nimmt am heutigen Mittwoch um 9 Uhr nunmehr seinen regulären Betrieb auf. Mittes Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) hatte sich, wie berichtet, vergeblich abgemüht, mit Androhungen von Zwangsgeld die Eröffnung zu verhindern. Das Verwaltungsgericht gab schließlich grünes Licht.

Detlef von Wengler ist Fotograf und Körperspender. Er möchte mal als Ritter mit Lanze plastiniert werden.
Detlef von Wengler ist Fotograf und Körperspender. Er möchte mal als Ritter mit Lanze plastiniert werden.
© Thomas Loy

Zum Vorabrundgang für die Presse kamen viele Körperspender, aber keine Politiker oder prominente Unterstützer. Die Aufgabe, der umstrittenen Ausstellung von präparierten Leichen eine gesellschaftliche Bedeutung zuzumessen, übernahm der Philosophieprofessor der Pädagogischen Hochschule in Schwäbisch Gmünd, Franz Josef Wetz, ein enger Vertrauter von Hagens’.

Wetz wetterte in seiner Rede gegen die Gruselmetaphern der Boulevardpresse und die „Moralapostel“ aus Kirche und Politik. Die plastinierten Körper zeigten die „Fragilität des Organismus“ und mahnten den Betrachter, die Quelle seines eigenen Lebens sorgsam zu hegen. Dazu hatte die Kuratorin des Museums und Ehefrau von Hagens’, Angelina Whalley, Zahlen parat: Umfragen hätten ergeben, dass neun Prozent der Besucher nach der Besichtigung der Plastinate mit dem Rauchen aufhören wollten, 30 Prozent würden mehr auf gesunde Ernährung achten. Körperspender von Wengler zeigt sich gegen solche Pädagogik bislang völlig immun.

Und was bringt nun die Ausstellung? Die inszenierten Körper – ein Akrobatik-Paar, ein Skateboarder im Sprung erstarrt, ein Atlas mit Weltkugel (und Irokesenfrisur) – zeigen die Knochen-, Muskel- und Sehnenstränge des Menschen in Bewegung. Die Muskeln sind rot eingefärbt, die Knochen und Sehnen elfenbeinfarben. Die Gesichter wirken alterslos, die Körper athletisch. Die Vorstellung, präparierten Toten gegenüberzutreten, stellt sich nicht ein. Viele Körperteile erscheinen wie versteinert oder aus einer Kunststoffmasse modelliert. Der Magen-Darm-Trakt in einer Vitrine könnte auch aus Sprühschaum bestehen. Gruseln geht anders. Das Bemühen, die Objekte in einen aufklärerischen Kontext mit relevanten Botschaften zu stellen, ist allerdings sehr durchsichtig. Themen wie Bluthochdruck, Cholesterin und Bewegungsarmut werden angesprochen, doch die plastinierten Körper sind allesamt wohlgestaltet und schlank. Kuratorin Whalley erklärt dazu, sie habe nicht abschrecken wollen und man könne sich die Körperspender schließlich nicht aussuchen. Auf das Exponat zweier kopulierender Körper hat Whalley verzichtet. „Ich möchte nicht unnötig provozieren.“ Jugendliche können die Ausstellung ohne Begleitung besuchen.

Die Kurzinfos: Täglich ab 9 Uhr geöffnet. Eintritt: 14 Euro, Jugendliche 9 Euro. Ort: Sockelbau am Fernsehturm.

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