„Im Mittel zwei Grad zu warm“: Der Berliner Herbst kann den Trocken-Sommer nicht ausgleichen
Zu wenig Regen: Der meteorologische Herbst hat die Wasserreserven nach dem trockenem Sommer nicht aufgefüllt. 400 Liter pro Quadratmeter fehlen.
Der meteorologische Winter könnte in diesem Jahr mit ein paar nassen Schneeflocken gleich am Premierentag beginnen. Auf dem Kalender bleibt der Herbst zwar noch bis zum vierten Advent, aber meteorologisch endete er bereits am ersten.
Und obwohl er sich nicht so anfühlte, war er schon wieder deutlich zu warm: 11,1 Grad Celsius im Mittel der vergangenen drei Monate – berücksichtigt sind dabei Tage und Nächte – bedeuten Platz vier in der Datenreihe vom Potsdamer Brauhausberg, die bis 1893 zurückreicht und damit die älteste der Region ist.
„Im Mittel war der Herbst zwei Grad zu warm“, sagt Jörg Riemann, meteorologischer Leiter des Dienstes „Wettermanufaktur“ in Tempelhof. „Nur 1982, 2006 und 2014 war es noch wärmer.“
Der September fiel vor allem durch zwei komplett trockene Wochen am Stück sowie durch einen fast 32 Grad heißen Tag in der Monatsmitte auf. Der Oktober wiederum war in diesem Jahr nicht golden und tagsüber oft frisch, aber wegen der bewölkten und entsprechend milden Nächte insgesamt trotzdem minimal zu warm.
Der November begann an der seit 1908 bestehenden Messstation in Berlin-Dahlem mit einem Monatsrekord von 20,5 Grad an seinem zweiten Tag. In Potsdam war es an jenem Tag ein knappes Grad kälter – und die noch ältere Messreihe dort vermerkt sogar 21,5 Grad im November 1899. „Interessant, dass es sowas schon mal gab“, sagt dazu Meteorologe Jörg Riemann, der sich mit klaren Zuschreibungen, wie eng die Wetterextreme mit dem menschgemachten Klimawandel verbunden sind, stets zurückhält.
Pro Quadratmeter fehlen 40 große Eimer Wasser
Akut noch bedeutsamer ist gegen Ende des dritten aufeinanderfolgenden Dürrejahres die Niederschlagsbilanz. Obwohl der September geringfügig und der Oktober deutlich nasser waren als im langjährigen Mittel, fällt der Herbst insgesamt zu trocken aus. Denn im November sind nur knapp 20 statt der üblichen 50 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen; seit dem Monatsbeginn kam fast nichts mehr nach.
So kommt die Potsdamer Messstation seit Jahresbeginn auf 474 Liter – was einem Defizit von 67 Litern für die ersten elf Monate entspricht. „Um das noch auszugleichen, müsste es im Dezember mehr als doppelt so viel regnen oder schneien wie üblich“, sagt Riemann.
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Mit dem Rückstand aus den vergangenen beiden Jahren summiert sich das Regendefizit inzwischen auf rund 400 Liter pro Quadratmeter – 40 große Wassereimer. Das entspricht zwei Dritteln eines üblichen Jahressolls. „Wir haben keine realistische Chance, das im nächsten Jahr auszugleichen“, sagt Riemann mit Verweis auf die Statistik: Selbst im bisher nassesten Jahr seit Aufzeichnungsbeginn regnete es pro Quadratmeter nur etwa 250 Liter mehr als sonst. Das war im Jahr 2017.
In einer internen Sommerbilanz der Berliner Wasserbetriebe (BWB) ist von „durchaus rekordverdächtigen 198 Tagen“ die Rede, an denen die Berliner Wasserwerke überdurchschnittliche Mengen gefördert haben. Das lasse die Brunnen schneller altern und „verschärft eine Entwicklung, die durch den steigenden Wasserbedarf einer wachsenden Bevölkerung, klimatische Veränderungen sowie Einschränkungen bei der Nutzung der Ressource durch Sulfat, Spurenstoffe und Naturschutz geprägt ist. Vereinfacht gesagt: Mehr Menschen brauchen mehr Wasser, ohne dass sich Grundwasser in diesem Ausmaß in guter Qualität neu bildet.“
Wobei für die Vorräte das Winterhalbjahr entscheidend ist: Im Sommer wird der Regen fast komplett von der Vegetation aufgenommen und verdunstet.
Nun soll sich das Wetter bei spätherbstlicher Feuchtkälte einpendeln – ohne Dauerfrost und großen Regen. „Markante Wärme wie in den vergangenen Dezembern ist nicht in Sicht, ein wirklich spürbarer Wintereinbruch aber ebenso wenig“, sagt Riemann.