BER-Eröffnung wohl erst 2016: Dem Schallschutz zuliebe
Der Pannenflughafen BER kann wohl erst 2016 eröffnet werden. Berlin und Brandenburg schieben sich deshalb nun gegenseitig die Schuld zu. Was folgt daraus?
Absagen, Absagen, Absagen. Am BER-Flughafen in Schönefeld ist weiter nur klar, was nicht geht: Der geplante Probebetrieb im Nordpier ist geplatzt, die Sanierung der nördlichen Start- und Landebahn verschoben, eine klare Nachtflug-Regelung weiter in der Schwebe.
Was ist das Problem?
Flughafenchef Hartmut Mehdorn und der BER-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Wowereit (SPD) sind sich einig: Brandenburg bremse seit Monaten die Entwicklung am BER, werfen sie dem Land vor. Brandenburg hatte die Vorgabe gemacht, allen Lärmbetroffenen an der noch nicht zugelassenen Südbahn, die während der Sanierung der Nordbahn vorübergehend in Betrieb genommen werden muss, sechs Monate vor den ersten Starts und Landungen vollständige Kostenübernahmeerklärungen zu geben. Das aber sei mit dem geplanten Beginn der Arbeiten am 1. Juli 2014 nicht zu vereinbaren, begründet Mehdorn die Verschiebung. Allerdings hätte Mehdorn auch kein Geld für die Arbeiten gehabt. Der Aufsichtsrat hatte das 44-Millionen-Euro-Projekt nur unter der Bedingungen erlaubt, dass der Flughafen dafür einen Kredit aufnimmt. Das sei bisher nicht gelungen, heißt es am Flughafen.
Das Infrastrukturministerium kontert, die verlangte Frist sei zuvor schon mehrfach in der Fluglärmkommission und auch öffentlich im Landtag besprochen worden. Unstimmigkeiten zwischen Flughafen und Brandenburg gibt es zudem bei der Ermittlung der Verkehrswerte der Häuser in den Lärmschutzbereichen. Schutz wird nur gewährt, wenn die Kosten 30 Prozent des Verkehrswerts nicht übersteigen. Wird es teurer, können sich die Betroffenen die 30-Prozent-Summe auszahlen lassen.
Wie reagieren die Gesellschafter?
Am Donnerstag wollen sich Wowereit und Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) mit Mehdorn zum Krisengipfel treffen. Ein Vertreter des Bundes ist nicht dabei. Die nächste Aufsichtsratssitzung findet nach derzeitigem Stand, wie geplant, erst im April statt. Seit Monaten gebe es „keinen Entscheidungsbedarf für eine vorgezogene Sitzung", sagte Senatssprecher Richard Meng am Dienstag. Margaretha Sudhoff, Staatssekretärin aus der Senatsfinanzverwaltung, ergänzte, bei Bedarf könne der Aufsichtsrat jederzeit kurzfristig einberufen werden. Die verschobene Sanierung der Nordbahn berühre nicht den Eröffnungsfahrplan für den BER, sagte Meng weiter. Einen solchen Fahrplan gibt es bisher allerdings auch nicht.
Gründe, Kosten, eine mögliche Eröffnung und was wird mit Tegel?
Was treibt Brandenburg?
Vor der Landtagswahl im September wollten die Regierungsparteien SPD und Linke die Gemüter rings um den Flughafen beruhigen, heißt es am Flughafen. Die regierende SPD von Ministerpräsident Woidke findet die Vorwürfe aus Berlin irritierend. Es gehe nicht, Mehdorns Rückzieher Brandenburg anzulasten, sagte Woidke in der SPD-Landtagsfraktion am Dienstag. Die Rechtslage sei eindeutig und Mehdorn könne diese nicht nach Belieben frei interpretieren. Die Flughafengesellschaft habe ihre Hausaufgaben beim Schallschutz nicht gemacht und zwar – wie von den Gerichten festgestellt – seit Jahren. Der Flughafen liegt beim Schallschutz im Rückstand, erst für 14 der 4700 Wohnungen an der Südbahn wurde Bescheide erstellt. Jetzt dürften keine neuen Klagen riskiert werden.
Was bedeutet das für die Eröffnung?
Ein Datum hat Mehdorn ohnehin bisher nicht genannt. In Aussicht gestellt hatte er das Jahr 2015. Jetzt „befürchtet“ er allerdings, „dass beim Eintreten weiterer unvorhersehbarer Ereignisse“ eine Eröffnung erst 2016 umsetzbar wäre. Umgekehrt gilt so, dass er es immer noch für möglich hält, bereits 2015 an den Start zu gehen. Das sehen die Verantwortlichen in Potsdam anders: Wegen der weiter ungelösten Probleme im Terminal mit der Brandschutzanlage, mit überbelegten Kabelschächten und Lücken in der Bauleitplanung sei eine BER-Eröffnung ohnehin erst im Jahr 2016 realistisch und hätten nichts mit Schallschutz und Nordbahnsanierung zu tun hätten, hieß es.
Was kostet das Abwarten?
Den Mehraufwand für den Betrieb von Schönefeld-Alt und Tegel beziffert Mehdorn bisher mit rund 17 Millionen Euro monatlich. Hinzu soll eine ähnlich hohe Summe durch erwartete, aber nicht erzielte Einnahmen durch den BER-Betrieb kommen. Dem Flughafen fehlen so fast 35 Millionen Euro monatlich in der Kasse, was auch die Bilanz des vergangenen Jahres verhageln wird. Bereits das Jahr 2012 hatte der Flughafen mit einem Verlust in Höhe von 185 Millionen Euro abgeschlossen.
Wie lang hält Tegel durch?
Knapp 20 Millionen Euro hat der Flughafen seit der Absage des BER-Eröffnungstermins 3. Juni 2012 in die Infrastruktur am Flughafen Tegel gesteckt. Der Betrieb laufe inzwischen ziemlich rund, lobt Lufthansasprecher Wolfgang Weber. Das System sei technisch stabiler als vor eineinhalb Jahren. Die Lufthansa werde auch noch einige weitere Flugplanperioden in Tegel durchhalten. Dann müssen aber auch die Anwohner noch länger den Krach am Himmel ertragen. Für die Pläne zur Nachnutzung des Geländes in Tegel gebe es mehrere Varianten, sagte der Sprecher der Tegel Projekt GmbH, Peter Strunk. Eine davon beruhe auf der Annahme einer Übergabe des Geländes im Jahr 2016.