Absage an die Hauptstadt: Definitiv kein Google Campus in Berlin
Ein Campus des Weltkonzerns in Berlin? Zuletzt hoffte man das in Lichtenberg – vergebens.
In Lichtenberg hatten sie bis zuletzt auf Google gehofft. „Wir fordern den Berliner Senat und das Bezirksamt Lichtenberg auf, auf Google zuzugehen und die Idee, den Google-Startup-Campus auf dem ehemaligen Stasigelände anzusiedeln, auszuloten“, hatte am Sonntagabend der Aufarbeitungsverein Bürgerkomitee 15. Januar in einer Pressemitteilung gefordert.
Die weltweit größte Suchmaschine auf dem Gelände der früheren Überwachungszentrale der DDR – für den Verein eine reizvolle Vorstellung. „Wo, wenn nicht hier, wird Google genau unter die Lupe genommen“, sagte Christian Booß, Historiker und Vorstandsmitglied des Vereins noch am Montagmorgen. Doch am Abend die Enttäuschung: Google wird den ursprünglich in Kreuzberg geplanten Campus definitiv nicht in Berlin ansiedeln.
„Google wird nirgendwo in Berlin einen Google-Campus etablieren“
Zuerst hatte Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) die Nachricht erhalten. „Google wird nirgendwo in Berlin einen Google-Campus etablieren“, sagte er dem Tagesspiegel nach einem Telefonat mit dem Konzern. Kleinere Kooperationen mit Google seien aber vorstellbar, dafür habe der Bezirksbürgermeister weitere Gespräche vereinbart. Auch die zuständige Senatorin Ramona Pop (Grüne) bestätigte das Aus im Wirtschaftsausschuss am Montag. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Burkhard Dregger zeigte sich verärgert: "Das ist rot-rot-grünes, unternehmensfeindliches und die Zukunftsaussichten zerstörendes Totalversagen".
Der Lichtenberger CDU-Abgeordnete Danny Freymark, der die Idee eines Google-Campus auf dem Stasi-Areal mit eingebracht hatte, will trotzdem weiter für eine Ansiedlung von Google werben. „Ich erwarte, dass die Wirtschaftssenatorin proaktiv bei Google für den Standort wirbt“, sagte er. Gleichzeitig hofft er auf eine Realisierung der Idee eines Campus der Demokratie. Demnach könnten dort Studentenwohnheime, Cafés, Bibliotheken und Büros entstehen. „Ideen sind willkommen“, sagte Freymark. Seinen Angaben zufolge wurden große Teile des Grundstücks im Jahr 2004 für einen Euro von der Deutsche Bahn an einen privaten Investor verkauft. Dieser wiederum sei offen für einen Verkauf, so Freymark. Andere Teile gehören Bund und Land.
Diskussion um Google auf Stasi-Areal
Wegen der schwierigen Eigentumsverhältnisse liegt das Gelände an der Frankfurter Allee seit Jahren brach. Nur ein kleiner Teil wurde zu einem Museum umgewandelt, große Teile des Bürotrakts sind weiter ungenutzt. Der Historiker Booß hätte sich daher über eine Google-Ansiedlung gefreut – im Einklang mit der Geschichte: „Google steht für eine radikale Demokratisierung der Informationen, ist damit das Gegenteil des Informationsmonopols, über das SED und Stasi seinerzeit wachten.“ Solange der Charakter eines Erinnerungsortes gewährleistet werde, sei Google willkommen. Anders dagegen in Kreuzberg, wo Bürger eine geplante Ansiedlung im Umspannwerk mit Protesten und einer Besetzung verhindert hatten.
Die alte Stasi-Zentrale in Lichtenberg wäre der perfekte Ort für Google gewesen.
schreibt NutzerIn FocusTunier
Auf dem Gelände des Ministeriums für Staatssicherheit war es am 15. Januar 1990 zu Bürgerprotesten gekommen. Tausende DDR-Bürger waren damals einem Aufruf der Bewegung „Neues Forum“ gefolgt und vor der Stasi-Zentrale aufmarschiert, bis sich das Tor öffnete und die Demonstranten in den Hof strömten. Scheiben wurden eingeschlagen, Läden mit West-Waren geplündert. Die Wut auf die Behörde, die ihre Bürger lange ausgespäht hatte, entlud sich. Zumindest dieses Schicksal bleibt Google in Berlin erspart.