70 Jahre Berliner Luftbrücke: „Das war Kladows verrückte schwarz-weiße Zeit“
In Kladow kurvten 1948 die Flugboote über den Wannsee, Laster-Karawanen rollten durch die Straßen. Klaus Schach erlebte die Luftbrücke als Kind direkt vor der Haustür.
Kladow im Hochsommer 1948: Sunderland-Flugboote der Royal Air Force kurven im Anflug über den Wannsee. Ein letztes Mal röhren ihre 1000-PS-Motoren auf, bevor die silbrigen Hochdecker zwischen Schwanenwerder und Lindwerder auf der Havel niedergehen. Doch auch am Hafen des südlichsten Spandauer Ortsteiles ist jede Menge los: An der Imchenallee schütten Laster von einer Rampe Kohlebriketts in Schleppkähne.
Und nur ein paar Schritte weiter bringen Trecker mit Hängern Mehlsäcke zu einer zweiten Verladestation. Kohle und Mehl – angeliefert vom nahen Flugplatz Gatow – und Stückgüter aus den Flugbooten: Alles wird von hier aus per Schiff weitertransportiert zu Kraftwerken, Bäckereien und Läden in West-Berlin.
Schmalspurbahn vom Flugplatz Gatow
Heutzutage ist das Kladower Ufer zumindest unter der Woche eher ein Idyll. „Aber damals, in den Tagen der Luftbrücke“, sagt Klaus Schach, „ging’s bei uns heftig rund.“ Schach war neun Jahre alt, als die Berlin-Blockade im Juni 1948 begann. Und er war in seinem Elternhaus an der Straße Alt-Kladow, wo er bis heute lebt, nah dran.
Die Laster-Karawanen rollten an seinem Kinderzimmer vorbei, fasziniert beobachtete er mit seinen Freunden die Aktion: Wie die Lastwagen die gut sechs Meter hohe Rampe hinauf fuhren und ihre Ladung über eine Schütte auskippten.
Kohlestaub legte sich auf Kais und Häuser, während in Sichtweite, etwa in Höhe des heutigen BVG-Fähranlegers, feines Mehl die Gegend bestäubte. Klaus Schach: „Das war Kladows verrückte schwarz-weiße Zeit.“
Zu Beginn der Luftbrücke rumpelte noch eine rasch verlegte Schmalspurbahn vom Flugplatz Gatow zum Hafen, erinnert sich der 78-jährige pensionierte Richter. Aber sie bewährte sich nicht, weshalb man bald Lkw und Trecker einsetzte.
Die Schleppkähne wurden noch von Dampfern gezogen. Mit Tuten und schwarzen Wolken legten sie Richtung Stadtspree ab. „Neben den Flughäfen Tempelhof, Tegel und Gatow war die Havel ja die vierte Start- und Landebahn während der Luftbrücke“, sagt Klaus Schach. Das gerate oft in Vergessenheit.
Und Kladow avancierte zum Hotspot der Luftbrücke. Nahezu rund um die Uhr war dort zu Wasser, zu Lande und in der Luft Hochbetrieb. Über den Lärm habe sich niemand beschwert, sagt Schach. „Wir freuten uns ja über die Hilfe.“ An die Ruhe nach der Blockade allerdings mussten sich die Kladower erstmal wieder gewöhnen.