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Bildungssenatorin Sandra Scheeres, SPD, wollte die Anbindung aller Schulen 2018/19 beendet haben.
© dpa
Update

Scheeres unter Zugzwang: Das sind die Baustellen der Schulverwaltung

Am Montag beginnt für Schüler und Lehrer das zweite Schulhalbjahr: Die Zweifel am Kurs der Bildungsverwaltung mehren sich. Und eine Schule wird übertölpelt.

Dieser Winter hatte es in sich für Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Anstatt Probleme zu lösen, bekam sie neue hinzu: Zuerst wurde bekannt, dass der Sanierungsstau der Berliner Schulen bei rund zwei Milliarden Euro liegt, dann hat das Statistische Bundesamt Scheeres dabei erwischt, dass sie den Kleinkindern die bundesweit größten Krippengruppen zumutet, und schließlich ergab die Auswertung des ersten Sekundarschuljahrgangs, dass trotz aller Reformbemühungen noch immer fast jeder zehnte Schüler ohne Abschluss die Schule verlässt. Neben diesen ebenso teuren wie zentralen bildungspolitischen Großbaustellen gibt es allerdings noch mehr Baustellen, um die sich Scheeres jetzt dringend kümmern muss.

Frisch saniert, seit 30 Jahren am Ort: Die Friedrich-List-Schule soll dennoch umziehen.
Frisch saniert, seit 30 Jahren am Ort: Die Friedrich-List-Schule soll dennoch umziehen.
© Foto. Susanne Vieth-Entus

Berufsschulen im Wartestand

Das hochgesteckte Ziel, Berufsschulen zu „Kompetenzzentren“ aufzuwerten, wurde still und heimlich nach jahrelangen Diskussionen zu den Akten gelegt. Zwei Arbeitsgruppen entwickeln gerade eine Strategie, wie man die Berufsschulen dennoch stärken könnte. Obwohl die Ergebnisse noch nicht feststehen, werden in Schöneberg vollendete Tatsachen geschaffen: Eines der wenigen echten Kompetenzzentren, die es schon gibt, nämlich die angesehene Friedrich-List-Schule für Wirtschaftssprachen in Schöneberg, muss ihren frisch sanierten und mit Sprachlaboren bestens ausgestatteten Vorzeigestandort verlassen und nach Lichtenberg umziehen, weil ihr Gebäude anderweitig gebraucht wird.

Von "Wort- und Rechtsbruch" ist die Rede

Die Schüler und Mitarbeiter sind fassungslos, weil sie nicht gehört wurden. Von „Wort- und Rechtsbruch“ ist die Rede. „Nach unserer Kenntnis gibt es keinen aktuell gültigen Schulentwicklungsplan, trotzdem werden hier anscheinend Fakten geschaffen“, kritisiert Stefan Platzek, der Vorsitzende der Vereinigung der Berufsbildenden Schulen (BBB). Und weiter: „Unbeschadet Ihres Rechts auch unpopuläre Entscheidungen treffen zu dürfen, erwarten die Schulleitungen von der politischen Führung des Hauses – also von Ihnen, Frau Scheeres – zeitnah eine klare Perspektive für ihre zukünftigen Aufgaben und damit für die Entwicklung der berufsbildenden Schulen in Berlin“, heißt es in einem Brief an Scheeres, der dem Tagesspiegel vorliegt. In das Gebäude der List-Schule soll die Anna-Freud-Schule ziehen, deren Gebäude saniert werden muss. Allerdings ist das List-Gebäude zu klein, sodass ein zweiter Ausweichstandort gefunden werden muss.

Rahmenlehrpläne unter Verdacht

Erstmals soll es für alle Schulformen einheitliche Rahmenpläne für alle Fächer geben. Hiergegen regt sich doppelt Widerstand – politischer und fachlicher. Die CDU sieht bereits den „Schulfrieden“ in Gefahr: der einheitliche Plan sei ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass die SPD durch die Hintertür die „Einheitsschule“ erreichen wolle. Aber auch Fachleute sind skeptisch. Wie berichtet, ist besonders der Rahmenplan für Geschichte umstritten, weil ein „anekdotisches Wissen“ an die Stelle einer Gesamtschau trete. Mit Häme und Skepsis wird von den Kritikern die Onlinebefragung zu den Rahmenlehrplänen bedacht. Die Art der Fragen gehe am Kern vorbei, die Befragung sei daher nur ein Feigenblatt.

Millionengrab IT-Verwaltung

Ungelöst ist seit Jahren das Problem des IT-Projekts eGovernment@school, mit dem die Verwaltungsabläufe modernisiert werden sollten. Über 37 Millionen Euro wurden schon ausgegeben, ohne dass das Ziel in greifbare Nähe gerückt wäre. Im März läuft die nächste Frist ab, innerhalb derer die Bildungsverwaltung eine Entscheidung über das weitere Vorgehen fällen wollte. In den Schulen verstauben hochwertige und – wie manche meinen – überdimensionierte Superrechner, ohne dass die Schulleiter über den Stand der Dinge auf dem Laufenden gehalten würden. Anders ausgedrückt: Während die Schulen unter zugigen und brüchigen Fenstern, verrotteten Sanitäranlagen und alten Fußböden leiden, müssen sie mit ansehen, dass fünfstellige Werte in ihren Kellern veralten. Das Projekt wurde schon unter Scheeres‘ Vorgänger Zöllner initiiert. Im Abgeordnetenhaus gibt es außer dem grünen Haushälter Thomas Birk kaum noch jemanden, der bei dem Thema am Ball geblieben ist.

Dauerbrenner Unterrichtsausfall

Einen Brief hat Scheeres auch von der GEW-Schulleitervereinigung bekommen: Vorstandsmitglied Lothar Semmel warnt vor dem Mangel an Sozialpädagogen, Grundschul- und Sekundarschulpädagogen sowie an Fachlehrern für die Naturwissenschaften. Und er gibt auch Tipps, wie dem Mangel zu begegnen sei. Dazu gehören Stundenermäßigungen für Lehrer an Brennpunktschulen, was schon in der Koalitionsvereinbarung vorgeschlagen wurde – bislang ohne Konsequenz. Semmels Befürchtung, dass an diesem Montag nicht alle 720 freien Stellen besetzt sein könnten, wird von der Bildungsverwaltung aber zerstreut: „Der Stand bei den Einstellungen ist sehr positiv“, teilte ein Sprecher auf Anfrage mit, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Tatsache ist: Infolge der schlechteren Bezahlung will kaum noch jemand Grundschullehrer werden: Ihre Stellen werden durch Studienräte besetzt, die aus anderen Bundesländern nach Berlin kommen, weil ihre Fächer anderswo nicht nachgefragt sind. Wer nicht kommt, sind die Mathematik-, Physik-, Chemie- und Informatiklehrer: Sie sind überall Mangelware und gehen dorthin, wo am meisten bezahlt wird. Verschärft wird die Lage durch die rasant wachsende Nachfrage nach Lehrern für die Flüchtlingsklassen. Dem Vernehmen nach soll allein in Mitte die Zahl dieser Klassen innerhalb der Winterferien von 55 auf über 70 gestiegen sein.

Susanne Vieth-Entus

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