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Gentrifizierung in Berlin-Neukölln.
© Kitty Kleist-Heinrich

Ferienwohnungen in Berlin: Das radikale Verbot ist die schlechteste Lösung

Mit viel Eifer wird der Missbrauch von Immobilien für Ferienwohnungen von Behörden bekämpft. Das eigentliche Problem - die Wohnungsnot - wird damit nicht gelöst. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ralf Schönball

Ab Montag wird es teuer: 100 000 Euro Strafe riskiert, wer in Berlin die eigenen vier Wände ohne Genehmigung als Ferienwohnung vermietet. Vor dem Zugriff der Ämter sollte sich niemand sicher wähnen, weil diese gerade das Personal aufstocken und ein „Petzportal“ eingerichtet haben, wo jeder anonym den Nachbarn denunzieren kann, der mal wieder illegal Kasse macht.

Viel Eifer verwenden die Behörden im Kampf gegen einen Missstand, dabei wird dessen Beseitigung mitnichten das eigentliche Problem in Berlin lösen – die Wohnungsnot. Die Online-Makler von Airbnb führen gut 20 000 Berliner „Gastgeber“ in ihrer Kartei. Schätzungen zufolge gibt es rund 24 000 illegale Ferienwohnungen in der Stadt. So viele wie es braucht, um die Nachfrage zu decken, nur eines einzigen Jahres.

Das spricht nicht unbedingt für ein hartes Verbot, wie es nun durchgesetzt wird. Andererseits breitet sich das Geschäft mit Ferienwohnungen wild wuchernd aus. Klagten zunächst nur Mieter in Mitte über ständig wechselnde, aber immer feierwütige Nachbarn, bieten nun auch „Gastgeber“ in Randbezirken ihre Wohnungen an – meldet das Vermittlungsportal Airbnb. Und was ist schon so schlimm daran, die Wohnung in den Ferien anderen zu überlassen?

Wenn’s denn so wäre. Bis zu 90 Tage lang werden die meisten Wohnungen vermietet. Wer, bitte, hat so viel Urlaub im Jahr? Nein, die meisten „Gastgeber“ haben ein lukratives Geschäft entdeckt.

Sie sind Mitte 30 und erklären, das Geld zur Finanzierung der eigenen Miete zu brauchen, sind also selbst Opfer des obszön frei laufenden Wohnungsmarktes. Andere vermieten Ferienwohnungen, weil sie ihren Job verloren haben oder die Rente nicht reicht. Befördert ein Verbot sie nicht ins Abseits und in die Netze des Sozialstaats?

Zumal das aus der Not geborene Geschäft dem Bedürfnis vieler Reisender entgegenkommt: Welches Hotel nimmt Familien mit drei Kindern zu Normaltarifen auf? Und welches Mitglied der europäischen Party-Gemeinde will im Hotel Garni absteigen statt im coolen Friedrichshainer Kiez-Altbau?

Diese Beispiele zeigen: Die „Sharing Economy“ bringt die Verhältnisse ins Wanken, entdeckt Bedürfnisse und schafft Märkte. Ähnlich wie Uber der Taxi-Branche Konkurrenz machte, machen Ferienwohnungs-Vermittler Hotels und Pensionen das Geschäft streitig. Nur, die Vermieter von Ferienwohnungen müssen keine Vorschriften des Gastgewerbes einhalten, etwa zu Hygiene oder Sicherheit.

Old-school-Argumente der old economy sind das nicht, es geht um gleiche Chancen für alle auf einem hart umkämpften Markt. Dieser Konflikt lässt sich nur lösen durch eine Regulierung der einen oder Deregulierung der anderen Seite. Das ist das Spannungsfeld, in dem die schlechteste aller Lösungen noch einmal abgewogen werden sollte: das radikale Verbot von Ferienwohnungen durch ein Gesetz gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum – zumal dieses Gesetz andere Arten gewerblicher Nutzung von Wohnungen nicht annähernd so hart trifft.

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