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Die Gegner der A 100 sind beunruhigt über den von rot-grün geschlossenen Kompromiss.
© dapd

Frank Henkel über den A-100-Kompromiss: "Das lässt Schlimmes befürchten"

Rot-Grün muss viel Kritik für A-100-Kompromiss einstecken – von Opposition, Wirtschaft und Bürgerinitiativen.

Auf große Zustimmung bei Verbänden, Initiativen und den künftigen Oppositionsparteien stößt der zwischen der SPD und den Grünen ausgehandelte Kompromiss zur A 100 nicht, entsprechend kritisch fallen auch einige Reaktionen auf die geplante rot-grüne Koalition im Allgemeinen aus. Lediglich der Berliner Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sieht – wie berichtet – in dem Kompromiss eine „Chance für stadtverträgliche Infrastruktur“.

Der Vorsitzende der Linksfraktion, Udo Wolf, warf den Grünen vor, „das zentrale Wahlversprechen schon in der Sondierung gebrochen“ zu haben. Deren Fraktionschef Volker Ratzmann habe noch kurz vor der Wahl getönt, „wenn Klaus Wowereit die A 100 wolle, müsse er das mit der Berliner CDU machen“. Jetzt setzten die Grünen ihre Resthoffnung komplett auf Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). „Damit dürfte entschieden sein, dass die A 100 mit den Grünen gebaut wird“, sagte Wolf. Gar Wahlbetrug der Grünen sah der Linken-Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich: „Wer den Grünen geglaubt hat, wird sich leider asphaltgrau ärgern.“

Sorgenvoll auf eine mögliche rot-grüne Koalition schaut auch Berlins CDU-Partei- und Fraktionschef Frank Henkel: „Ich hatte einen Formelkompromiss erwartet. Das lässt Schlimmes für die nächsten Jahre befürchten.“ Der Kompromiss zeige, dass mit den Grünen „nur Mini-Entscheidungen“ zu machen seien. Klaus Wowereit habe sich „voll durchgesetzt“. Doch sei er mit einer rot-grünen Koalition auf eine „winzige Mehrheit“ angewiesen.

In der Fraktionssitzung der Piraten erinnerte am Dienstag ein Abgeordneter an das Wahlprogramm und eine Mitgliederbefragung der Partei zur A100. Beiden zufolge wollen die Piraten den Weiterbau der A100 nicht.

Die Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB) halten die A 100 für ein unverzichtbares Projekt, „weil damit die Leistungsfähigkeit der Verkehrsinfrastruktur im Ostteil der Stadt gesteigert wird“. Die Politik dürfe „nicht auf Zeit spielen“, sagte UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck: „Berlin kann sich den Verzicht auf ein Investitionsvolumen von 420 Millionen Euro aus wachstums- und beschäftigungspolitischen Gründen nicht leisten.“ Der UVB geht nicht davon aus, dass der Bund einer Umwidmung der Mittel zustimmen wird. Die Industrie- und Handelskammer mochte den Kompromiss nicht direkt kommentieren, betonte aber: „Die A 100 ist ein wichtiges Infrastrukturprojekt, das die Berliner Wirtschaft haben will.“

Die Gegner der A 100 sind ebenfalls nicht zufrieden. Die Bürgerinitiative Stadtring Süd (BISS) sprach von einem „janusköpfigen Kompromiss“. Er biete zwar eine Chance, „die teuerste Autobahnplanung Deutschlands endgültig zu beerdigen“. Doch nach Auffassung der Bürgerinitiative kann die Vereinbarung genauso gut „allen Autobahngegnern auf die Füße fallen“. Schließlich sei die Zustimmung einer schwarz-gelben Bundesregierung notwendig, um die für den Autobahnausbau bewilligten 420 Millionen anderweitig einsetzen zu können.

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) ist die A 100 „ein absolutes Nebenthema“. Aus Sicht der Gewerkschaften „gibt es ganz andere Knackpunkte.“ Dazu gehöre, wie es mit den öffentlichen Diensten weitergeht, welche soziale Infrastruktur erhalten bleibt und ob der künftige Senat an der Gebührenfreiheit der Bildung festhält.

Falls eine rot-grüne Koalition in den Verhandlungen doch noch scheitern sollte, wäre das für viele Berliner Wähler kein Desaster. Nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Info GmbH für den „Berliner Kurier“, wünschen sich zwar 34 Prozent der Berliner eine rot-grüne Koalition; genauso viele plädieren inzwischen für ein Bündnis von SPD und CDU.

Werner van Bebber, Sigrid Kneist

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