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Der „Pionierpalast“ in der Wuhlheide verlieh der DDR besonderen Glanz.
© FEZ-Archiv

85 Pfenning für eine Bockwurst: Das Kinderzentrum FEZ wird 40 Jahre alt

In der DDR als „Pionierpalast“ eröffnete, bietet der verwinkelte Bau auch heute noch maximales Programm. Jetzt wird gefeiert.

Man kann sich herrlich verlaufen im FEZ, diesem Palast mit seinem Grundriss aus ineinandergesteckten Sechsecken mit vier angebauten Querriegeln auf der einen sowie Schwimm- und Sporthalle auf der anderen Seite. Manche Kinder, die heutzutage hier zwischen Kosmonautenzentrum, Modellbauräumen, Theater- und Konzertsälen verloren gehen, tun das in Begleitung ihrer Eltern, denen es einst genauso ging.

Man wollte eigentlich nur rein oder raus oder am Imbiss für 85 Pfennig eine Bockwurst kaufen – und blieb dann vor den Seilen mit den Segelknoten hängen oder vor dem Aquarium mit den Schiffsmodellen oder an der Sojus-Rakete oder an den silbernen Handschmeichlerkugeln auf den Treppengeländern oder an den rot funkelnden Glasbausteinen neben dem Haupteingang oder auf der großen Treppe im Foyer, deren Stufen für einen Kinderschritt zu lang und für zwei zu kurz sind. Es gab einfach so viel, was die verschlungenen Wege durch dieses Wunderland säumte.

An diesem Wochenende wird der 40. Geburtstag dieser tollen Kiste gefeiert, die Staats- und Parteichef Erich Honecker kurz vor dem 30-Jährigen der DDR als „Pionierpalast Ernst Thälmann“ eröffnet hat. Den Grundstein hatte im Sommer 1976 Honeckers Frau Margot als Volksbildungsministerin gelegt.

Dreieinhalb Jahre und 180 Millionen Mark später war das Kinderparadies fertig, das einerseits fürs übliche Hochlebenlassen des Arbeiter- und Bauernstaates mit Einheitspartei samt offizieller Einheitsmeinung genutzt wurde, aber andererseits eine Perle ohnegleichen war: Während es anderswo an den einfachsten Dingen fehlte, konnten hier in Arbeitsgemeinschaften Computerprogramme geschrieben, elektronische Schaltungen zusammengelötet, Schiffs- und Flugmodelle gebaut sowie Theater gespielt und Sport getrieben werden – unter professioneller Anleitung und mit einer Ausstattung, die anderswo undenkbar war. Als Süd-Ost-Berliner Kind fuhr man vormittags mit der Klasse und nachmittags allein mit der Straßenbahn in den „Pipala“, wo man alles lernen konnte.

Das Jubiläum eines Überlebenden

Nach der Wende wurde dieser teure Hochkaräter zunächst dem Bundesbildungsministerium zugeordnet, in „FEZ“ für „Freizeit- und Erholungszentrum“ umbenannt und 1995 samt Landesmusikakademie sowie Jugend- und Familienzentrum in eine eigene Betreibergesellschaft des Landes Berlin eingegliedert. Aus 360 Mitarbeitern waren etwa 100 geworden, und während der sarrazinschen Sparorgien war nicht immer sicher, wie lange es noch weitergehen würde.

Insofern kann beim Jubiläum auch ein Überlebender gefeiert werden, der für die kleine DDR sehr groß und fürs klamme Nachwendeberlin arg teuer war. Jetzt werden mit 6,2 Millionen Euro Förderung pro Jahr etwa 800 000 Gäste versorgt – werktags Schulklassen, an den Wochenenden Familien und in den Ferien alle, die wollen. Zu Veranstaltungsreihen wie der „Zauberschule“ in den Winterferien und „FEZitty“ kommen Abertausende, ebenso zu Kindertagspartys, Modellbahnausstellungen, Kinderkochschule und dem jährlichen Puppentheaterfest im November.

Zu vielen Projekten kommen auswärtige Gäste, teilweise aus halb Europa. Allen Projekten gemein sind Eintrittspreise, die auch Familien mit knapper Kasse nicht ausschließen. Tribut fordert die allumfassende Bespielung des Hauses gelegentlich bei den Vereinen, die die in „Mehrzweckhalle“ umdeklarierte Sporthalle oft wochenlange nicht nutzen können. Und einzelne langjährige Mitarbeiter – etwa zehn waren schon vor der Wende im Haus beschäftigt – sehen den wachsenden Anteil von Diversitäts- und Multikulti-Themen durchaus skeptisch, weil sie fürchten, dass das Praktische zu kurz kommen könnte.

Optisch ist das inmitten der bewaldeten Wuhlheide und nicht weit von der Alten Försterei gelegene FEZ mit seiner Fassade aus Lärchenholz und Glasparterre auch nach der gerade abgeschlossenen energetischen Sanierung ganz das alte. In neuem alten Glanz erstrahlt auch der Brunnen vor dem Haupteingang: Vor sechs Jahren war die stählerne Blume versiegt; dank mühsamer Spendenkampagnen kann sie nun wieder sprudeln. Wie das aussieht, können Gäste bei der Jubiläumsfeier an diesem Sonnabend erleben. Und sich anschließend nach Belieben im Palast verlaufen.

Jubiläumsfeier am 28.9 von 12-21 Uhr; 12-16 Uhr „Wissenschecker-Weltentdecker“ für Kinder ab vier Jahren, ab 16 Uhr Live-Musik, Filme, Polonaise und Themenprogramm, abends Feuerwerk. Eintritt frei.

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