Einblicke ins Humboldt-Forum: „Das Humboldt-Forum wird ein Raum für Debatten sein“
Multimedial öffnet das Humboldt-Forum am Mittwoch seine Türen. Wie das funktioniert, erklärt Lavinia Frey, künstlerische Leiterin der Digitalen Eröffnung.
Das Humboldt Forum im wiederaufgebauten Berliner Schloss soll nach gut sieben Jahren Bauzeit und mehrfach verschobener Eröffnung am Mittwochabend seine Pforten öffnen - coronabedingt zunächst nur digital.
Zwischen 19 und 20 Uhr erwartet Zuschauer ein multimediales Programm: Kuratoren führen durch erste außereuropäische Ausstellungen, ein Comedian erkundet „geheime“ Orte des Gebäudes und eine 360-Grad-Begehung erlaubt dem Online-Besucher, ganz in Ruhe durch die Gänge zu stromern, Skulptur für Skulptur.
Lavinia Frey, künstlerische Leiterin der Digitalen Eröffnung, erzählt im Interview, was die Besucher erwartet.
Die Digitale Eröffnung findet am Mittwoch, den 16.12., von 19 bis 20 Uhr auf der Website des Humboldt Forums statt. Informationen unter www.humboldtforum.org
Frau Frey, nach vielen Jahren ist der Moment endlich gekommen: Das Humboldt Forum eröffnet - leider nur digital. Warum wurden die Feierlichkeiten nicht in den kommenden Sommer verschoben?
Das Haus ist fertig. Mit der digitalen Öffnung wollen wir erste Einblicke ins Humboldt Forum geben. Wir haben ja mehrere Eröffnungen, das heißt, es kommen noch großartige Höhepunkte nächstes Jahr. Dann können wir auch ein viel größeres Publikum ins Haus lassen. Zudem werden mit dem digitalen Format internationale Kolleginnen und Kollegen aus Südamerika, Afrika oder Asien auch dabei sein. Trotz Corona wollten wir es unbedingt möglich machen, das Humboldt Forum zu erleben, zumindest von Zuhause aus.
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Das Programm musste in recht kurzer Zeit erarbeitet werden. Welche Aspekte spielten eine Rolle? Was war Ihnen wichtig?
Es ist großartig, dass viele Künstler und Institutionen mit digitalen Formaten experimentieren. Diese Impulse aufnehmend, ist es auch bei uns mehr als einfach ein Film. Wir werden das Haus aus mehreren Perspektiven zeigen. Es wird einen Hauptstream geben, die Live-Veranstaltung, die klassisch von einem Moderator begleitet durchs Haus führt und Kuratoren trifft. Dann bieten wir noch drei weitere Kanäle an. Einmal wird die Schriftstellerin und Aktivistin Priya Basil das Humboldt Forum in einem Kurzfilm-Essay aus einer sehr persönlichen Perspektive erkunden, ausgehend von ihrer indisch-kenianischen Familientradition und ihrem Leben in Deutschland. Wir gehen mit ihren Fragen durchs Haus, sicherlich mit einer kritischen Perspektive. Außerdem gibt es einen Streifzug mit dem Comedian Stefan Danziger, der unter dem Titel „Ich kiek schon mal rin...“ ein Blick hinter die Kulissen wirft.
Es wird an besondere, ungewöhnliche und teils „geheime“ Orte gehen, wie zum Beispiel in den Technikkeller oder auf geheime Treppen. Oder er stellt durchaus auch wichtige Fragen wie „Was kostet eigentlich der Kaffee?“ oder „Kann man die Kinder auch auf der Männertoilette wickeln?“. Danziger war Stadtführer und wird auf amüsante Weise Bezüge zur Geschichte des Hauses machen. Zusätzlich bieten wir eine 360-Grad-Begehung auf unserer Website an. Über diese Visualisierung können sich Nutzer im eigenen Tempo durch das Haus bewegen, vom Schlüterhof bis zum Dach mit Blick über Berlin. Kleine Filme setzen Ausstellungsstücke in Kontext. Kuratorinnen und Kuratoren sprechen über Humboldt, die Geschichte des Ortes und die Kunst am Bau.
Durch das gesamte Haus?
Erstmal durch die Räume, die jetzt in dieser ersten Phase eröffnet worden wären. Zusammen bieten diese zusätzlichen Formate drei sehr unterschiedliche Perspektiven auf das Humboldt Forum. Alle Formate werden parallel ab Mittwochabend online sein. Zuschauer können sich somit entscheiden, ob sie beim Hauptstream bleiben oder zwischendurch wechseln. Alle Videos stehen nach der Eröffnung auf Website und YouTube-Kanal zur Verfügung.
Gibt es die Möglichkeit als Zuschauer auch teilzunehmen?
Ja, es wird einen Chat auf YouTube geben. Außerdem werden sich viele der Projektbeteiligten in einem Zoom-Meeting gleichzeitig zum Live-Stream treffen und diesen gemeinsam schauen. Es wird auch eine künstlerische Verknüpfung dieser beiden Kreise geben. Also ein digitales Format mit einer wirklich großen Vielfalt.
Was ist für das kommende Jahr geplant? Auch im Hinblick auf weiter bestehende Beschränkungen...
Das Humboldt-Forum ist ja vor allem ein Ort des Austausches, an dem auch Veranstaltungen eine wichtige Rolle spielen werden. Sobald wir aufmachen dürfen, planen wir abendliche Videoinstallationen im Schlüterhof, dem zentralen Platz des Forums. Außerdem werden Soundinstallationen von dem Resident Music Collectiv in den Portalen zu hören sein. Das sind 23 Musikerinnen und Musiker, die auf Instrumenten aus aller Welt spielen. Dann werden wir Veranstaltungsreihen haben, die wir zu Beginn auch Hybrid anbieten werden. Wir hoffen, dass es ein bisschen Live-Publikum geben kann. Aber wir nutzen auch die Gunst der Stunde, dass Menschen digital mitdiskutieren können und so ganz anders eingebunden werden.
Gerade im Lockdown werden viele Berliner das Event sicher dankend annehmen.
Genau, das ist einfach ein Angebot an all diejenigen, die jetzt Zuhause sind. Wir wollen damit auch danke sagen. Danke, dass ihr Zuhause bleibt. Auch wenn wir jetzt die Fassade enthüllen, soll das kein Anlass für Menschenansammlungen sein. Bleibt bitte Zuhause, wartet noch mit dem Spaziergang. Das Humboldt Forum kann man noch lange vor Ort entdecken.
Die wertvollen Benin-Bronzen sollen das Herzstück des Humboldt-Forums werden. Doch sie sind umstritten, gelten als Raubkunst. Jetzt fordert Nigerias Botschafter erstmals öffentlich deren Rückgabe. Werden die Skulpturen zu sehen sein?
Die Ausstellung zu den Benin-Bronzen ist Teil der Eröffnung des Ostflügels zum Jahreswechsel 2020/21. Die Verantwortung für die Objekte und deren Präsentation liegt bei unseren Kollegen bei den Staatlichen Museen. Das Humboldt-Forum wird ein Raum für Debatten sein und verschiedene Stimmen zu Wort kommen lassen, gerade auch zu diesem Thema.