Kostenlose Krippe: Das falsche Geschenk für die falschen Eltern
Die Berliner SPD will die beitragsfreie Krippe. Das Geld wäre anders besser angelegt.
Berlins Eltern müssen sich gerade so fühlen wie Kinder, die sich jahrelang ein Fahrrad wünschen und stattdessen von ihrer eigenwilligen Tante ein Ruderboot bekommen. Fürs tägliche Leben wäre das Fahrrad viel wichtiger, nur fand die Tante das Ruderboot schöner, und so laufen die Kinder weiter zu Fuß.
Berlins Eltern haben auch so eine Tante. Die heißt SPD. Alle zehn Jahre fällt ihr ein besonders schönes Geschenk für die Mütter und Väter ein: 2006 waren das die kostenlosen Kindergartenplätze, und jetzt soll auch noch die Krippen-Gebühr entfallen: Das hat SPD-Fraktionschef Raed Saleh am Montag noch mal bekräftigt. 2016 wird ja gewählt in Berlin.
Die Kostenlos-Krippe ist das falsche Geschenk für Berliner Eltern
Das Auffallendste an diesem Geschenk ist, dass die Betroffenen es sich nicht gewünscht haben. Jedenfalls nicht hörbar. Es ist ein Ruderboot-Geschenk. Der Landeselternausschuss betont vielmehr seit Jahren, dass die Berliner Eltern ganz gern weiterhin Gebühren bezahlen, wenn der Senat das Geld in eine bessere Betreuungsqualität stecken würde. Das haben die Elternvertreter gesagt, als Klaus Wowereit 2006 die kostenlosen Kitas präsentierte, und dann wieder vor einem Jahr, als Raed Saleh erstmals einen Versuchsballon in Sachen „Krippe umsonst“ losließ.
Immerhin, auch daran will die SPD nun etwas ändern. Der Betreuungsschlüssel soll parallel verbessert werden. Sie konnte kaum anders, als auf die jüngste Schreckensnachricht zu reagieren. Gerade erst hat das Statistische Bundesamt herausgefunden, dass Berlins Krippen das bundesdeutsche Schlusslicht bei der Personalausstattung sind: dass sich in Berlin eine Erzieherin um 6,6 Kleinkinder kümmern muss, im Bundesschnitt aber nur um 4,4. Da soll nun auch Berlin hinkommen – wann ist allerdings noch völlig offen.
Bildungsferne Familien profitieren kaum, die anderen zahlen gern für die Eliten-Kita
Mit ihrer Krippen-kostenlos-Politik peilt die SPD die bildungsfernen Familien an, vor allem die mit schlechten Deutschkenntnissen: Sie sollen durch die Beitragsfreiheit motiviert werden, ihr Kind in die Kita zu schicken. Dumm nur, dass diese Eltern kaum von der Gebührenbefreiung profitieren, da sie als Geringstverdiener ohnehin oft nur einen Euro pro Tag bezahlen: 15 bis 25 Euro im Monat. Das schreckt kaum vom Kitabesuch ab. Entsprechend unspektakulär war denn auch der Zuwachs an betreuten Kindern seit der Gebührenbefreiung in den Kitas.
Spektakulär hingegen ist etwas ganz anderes: nämlich die Fantasie, die Kitabetreiber aufbringen, um trotz der „Gebührenfreiheit“ den Eltern ein paar hundert Euro pro Monat aus der Tasche zu ziehen – angeblich oder mitunter auch nachprüfbar für zusätzliche Erzieher, besseres Essen oder besondere Lernangebote: Je höher die „Zusatzgebühr“, desto elitärer die Einrichtung. Die Eltern zahlen gern: Denn anders als die SPD gehen sie davon aus, dass Kita ruhig was kosten kann. Nur dass die von den Sozialdemokraten gewünschte soziale Durchmischung so hintertrieben wird – auf Kosten der Steuerzahler, die den Kitabetrieb mit einem Milliardenbetrag subventionieren, damit alle Kinder gleich (gut) betreut werden.
Das Geld wäre besser in Schulen investiert
Aber vielleicht setzt die SPD auch deshalb falsche Prioritäten, weil sie nicht weiß, was Familien wirklich brauchen, was sozusagen Fahrrad-Status hätte. Wir können gern ein paar Tipps geben: 1. Zuerst mehr Erzieher, 2. Mehr Fachlehrer und 3. Saubere Schulen.
Susanne Vieth-Entus