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Heißt bald nur noch Edeka: Der "Edeka-Reichelt" Supermarkt an der Sundgauer Staße in Zehlendorf.
© Thilo Rückeis

Supermärkte in Berlin: Das Ende von Reichelt

Aus Reichelt wird jetzt Edeka. Unser Autor über den Laden nebenan, der mal ein Pionier war - und jetzt anders heißt.

So kann man sich täuschen. Den Lebensmittelhändler Reichelt werde es auch noch in hundert Jahren geben, orakelte der damalige Geschäftsführer im Jahr 2003, als das Unternehmen hundert Jahre alt geworden war. Nun sind es nur noch drei Wochen – und dann verschwindet wieder ein Traditionsname aus dem Berliner Straßenbild. Wie einst Bolle, die Gebrüder Manns oder Meyer Beck. Auch die Kaiser’s-Schilder werden in den nächsten Tagen abgeschraubt und durch Edeka- oder Rewe-Tafeln ersetzt.

Aber auch, wo Reichelt – noch – drauf steht, ist nicht immer Reichelt drin. Die Kette mit ihren derzeit 53 Geschäften gehört längst Edeka. Und das Unternehmen bietet auch im Reichelt-Sortiment Produkte unter dem eigenen Namen an. Edeka hatte das Traditionsunternehmen 2003 vollständig übernommen, nachdem es wirtschaftlich schwer ins Taumeln geraten war. Jetzt folgt der letzte Schritt: Edeka zeigt, wem der Laden gehört. Aus Reichelt wird Edeka.

Sonst soll sich aber nicht viel ändern, verspricht das Unternehmen. Die Geschäfte laufen weiter wie bisher, geführt meist von Einzelunternehmern, die ihre Einkäufe zentral über Edeka vornehmen. Und sogar das Reichelt-Bier soll es weiter geben, wenn auch nicht mehr mit dem klassischen Bügelverschluss, den die Kette 1992 eingeführt, aber auch schon vor Jahren wieder abgeschafft hat.

Ein unverzichtbares Stück Berlin

Innovativ war das 1903 von Otto Reichelt als Kaffee Reichelt gegründete Unternehmen ohnehin öfter. 1952 bot die Kette zum ersten Mal abgefüllte Milch an und machte so den Milchmann überflüssig. Auch beim Einzug von Obst und Gemüse in die Regale gehörte Reichelt zu den Pionieren, ebenso bei der Umstellung auf die Selbstbedienung. Ein eigenes Fleischwerk und eine Bäckerei folgten. Vorn lag Reichelt auch mit dem ersten durchgehend geöffneten Geschäft an der Berliner Straße in Wilmersdorf, wo nur am Sonntag Ruhe herrscht.

Zum Konzept gehören großzügige Ladenflächen – und oft auch großzügige Parkmöglichkeiten; ebenerdig, in Tiefgaragen oder in Parkhäusern. Kleinere Flächen hat man aufgegeben. Einige werden als „Nah und Gut“ weitergeführt. Nun geht Reichelt selbst. Dabei sei das „Berliner Original“, wie Reichelt – noch – für sich wirbt, ein unverzichtbares Stück Berlin, schreibt das Unternehmen über sich. Edeka sieht das wohl anders; das Umbenennen spart schließlich auch Kosten.

Immerhin hat Reichelt nach der Komplettübernahme durch Edeka noch gut 13 Jahre durchgehalten. Erich Honeckers Verheißung: „Die Mauer wird in 50 und auch in 100 Jahren noch bestehen bleiben, wenn die dazu vorhandenen Gründe nicht beseitigt werden“ war schon nach wenigen Monaten nichts mehr wert. Die Mauer fiel. Reichelt bleibt – auch als Edeka. Zumindest für viele Kunden.

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