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Es geht voran auf dem Gelände der Internationalen Gartenausstellung in Marzahn. Hier wird gerade die Aussichtsplattform geteert.
© Kai-Uwe Heinrich

Bei der Gartenausstellung läuft alles nach Plan: Da blüht uns was - Berlin baut für die IGA

Seilbahn, Amphitheater, Aussichtsplattform, Englischer Garten: In einem Jahr startet die Internationale Gartenausstellung IGA in Marzahn – und man sieht schon was am Blumberger Damm.

Zufälle gibt’s! Der Haupteingang zur Internationalen Gartenausstellung, der IGA, befindet sich am Blumberger Damm. Das sollten sich auch auswärtige Gäste merken können, die vom 13. April 2017 an in Massen nach Marzahn kommen sollen bzw. müssen, damit die von ihrem Ursprungsstandort am Tempelhofer Feld hierher emigrierte IGA ein Erfolg wird. Ein Jahr vor dem Start steht das Empfangsgebäude im Rohbau, und Geschäftsführerin Katharina Langsch schwärmt schon vom grandiosen Blick durch die Panoramafenster, obwohl die erst als schwarze Paneele im Beton vorhanden sind und dahinter mehr Bagger als Blumen. Aber Phantasie ist unverzichtbar, wenn man eine Gartenschau vorbereitet. Und ein Baustellenrundgang nährt eher Hoffnung als Zweifel. Es scheint kein Zufall, dass IGA und BER keinen Buchstaben gemeinsam haben.

Das geht mit der Seilbahn los. Mitte März wurde die erste Stütze gefeiert; jetzt steht schon das halbe Dutzend, das die Gondeln vom Blumberger Damm über den Kienberg bis zum gleichnamigen Bahnhof der U5 in Hellersdorf tragen wird – eineinhalb Kilometer östlich von hier. Aber der Weg vom Haupteingang führt zuerst nach rechts in kunstvolle internationale „Gartenkabinette“ zum Staunen. Oder nach links in Otto-Normalschreber-Parzellen zum Nachgärtnern. Oder geradeaus ins Amphitheater, in das 5000 Menschen passen sollen, um beispielsweise Daniel Barenboim und der Staatskapelle oder dem Spaßarzt Eckart von Hirschhausen zu lauschen.

Im künftigen Englischen Garten steht schon der Taubenturm.
Im künftigen Englischen Garten steht schon der Taubenturm.
© Kai-Uwe Heinrich

Die Freilichtbühne wird kaum auffallen, weil sie in einer Senke entsteht und der Bühnenüberbau sich unter einem ansteigenden Gründach wegduckt, so dass man von weitem eher einen Hügel als ein Bauwerk sehen wird. Ein schon spürbarer Effekt der Senke ist die gedämpfte Akustik. Wer Klassik oder lustige Ärzte nicht mag, muss sie nicht hören, auch wenn er nur 200 Meter weiter wohnt.

Außen ums Rund führt eine bereits gepflanzte Lindenallee, was kein Zufall ist, sondern very british, wie Christoph Schmidt berichtet. Er ist Geschäftsführer der landeseigenen Grün Berlin GmbH, die fast alle prominenten Berliner Parks managt – von der Ex-Buga Britzer Garten übers Tempelhofer Feld und das Gleisdreieck bis zum Südgelände. Und nicht zu vergessen die „Gärten der Welt“.

Der Taubenturm ist nur Attrappe

Blühende Landschaften gibt es in Marzahn schon seit 1987. Mit der IGA werden sie fast doppelt so groß – und wachsen unter anderem um jenen englischen Cottage-Garten, zu dem die Lindenallee führt. Ein reetgedecktes Landhaus samt backsteinernem Pseudo-Taubenturm ist ebenso schon vorhanden wie der nicht englische, aber immerhin grüne Rasen davor, der von Rosen und Buchenhecken gerahmt wird. Hier werden zur IGA Tee und Scones serviert. Schmidt ist sich sicher, dass es gut werden wird, weil die Gastronomie gleich für fünf Jahre mit Option auf Verlängerung verpachtet wurde. Wer so lange bleiben kann, wird mehr investieren als nur eine Friteuse plus Cola-Kühlschrank, so das Kalkül.

Man achte auf Qualität, weil das hier ja dauerhaft sei und halten solle, sagt Schmidt und befühlt einen Ziegel. Die Berliner IGA sei „nicht der grüne Teppich, der ausgerollt und wieder weggezogen wird“. Wer die Havelland-Buga von 2015 mit ihrem Gartenmarkt- und Campingcharme kennt, ahnt, was er meint.

Im flachen Westteil des IGA-Geländes ist außerdem Platz für die zurzeit in Tempelhof stationierte Blumenhalle und für eine Promenade mit Wasserspielen, die Schmidt als spektakulär ankündigt. Zwischendurch gibt's Kunst und mehrere Spielplätze, die „Konrads Reise“ von Erich Kästner thematisieren.

Wer der Spur der Seile folgt, erreicht – wahlweise per Gondel oder zu Fuß – den Kienberg, der bisher ein von Pappeln, Robinien und Co. bewachsener Trümmerhaufen ist und nun zum Bergpark veredelt wird: Am sonnigen Südhang entstehen Obstbaumterrassen, zwischendrin Schneisen zwecks Durchblick und Artenvielfalt.

Und oben, neben der Mittelstation der Seilbahn, ein Ausstellungszentrum plus Restaurant und als Highlight im Wortsinn der „Wolkenhain“, ein 40 Meter über der Kuppe des Marzahner Einhunderters auf Stahlpfählen schwebender, amorph geformter Rundweg mit einer filigranen Verkleidung, die nachts leuchten kann. Bisher steht erst das Fundament, aber selbst von dem aus lässt sich der Blick erahnen: Im Süden die Müggelberge, im Osten die märkischen Weiten, im Norden die gestapelten Wohnungen einer halben Million Berliner – und im Westen der Fernsehturm.

Dort wo eine Freilichtbühne entstehen soll, wird noch gebaggert.
Dort wo eine Freilichtbühne entstehen soll, wird noch gebaggert.
© Kai-Uwe Heinrich

Der Nachteil dieses Aha-Effekts ist, dass es von hier nur noch abwärts gehen kann – gemächlich mit der Gondel, sanft über Serpentinen oder steil über eine Treppe ins Wuhletal. Dort wird’s pädagogisch wertvoll: Am Rand der Wuhlewiesen liegt der noch nackte „Weltacker 2000“. Dass zweitausend Quadratmeter einen Menschen ernährten, erklärt Schmidt, das werde hier durch wohlüberlegten Ackerbau veranschaulicht. Die Ernte kann auf dem Campus nebenan verkocht und im noch zu bauenden Umweltbildungszentrum am Wuhleteich diskutiert werden. Das ist dank einer neuen Brücke im rustikalen Rost-Look für Hellersdorfer Schüler gut erreichbar: Einfach über die aufgestelzte Fernwärmeleitung, wie es sie von Kaulsdorf bis Kamtschatka gibt, und über die Wuhle, schon ist man da. Im Moment allerdings ist einer der beiden Uferwege mit Zäunen verrammelt, die auch den bisher frei zugänglichen Kienberg sperren.

Hasszettelchen am Bauschild

Ein paar Hass-Zettelchen kleben am Bauschild. Schmidt sagt, die Protest-Bürgerinitiative habe „etwa vier Mitglieder“. Die Protestler wiederum schwadronieren auf ihren Internetseiten von „Freiheitsberaubung“ und klagen, dass kein Naturschutzverband sich für sie interessiere. Ob das gegen die Verbände spricht oder gegen die BI, ist eine andere Frage.

Schmidt fragt sich, wie viel Freiheit es noch sein darf, wenn die IGA im Oktober 2017 endet: Dann sollen die Zäune am Wuhleweg verschwinden, der Wolkenhain frei zugänglich sein. Wie ihm das bekommt in dieser Stadt, in der manche Haltestelle das Wochenende nicht überlebt, muss sich zeigen. Mit den Zäunen verschwänden aber nicht die Aufpasser, stellt Schmidt klar. Auch die Seilbahn bleibt mehrere Jahre.

Für Stammgäste der Gärten der Welt wird 2017 allerdings ein teures Jahr. Statt fünf Euro Eintritt werden dann 20 für die IGA-Tageskarte fällig. Die tun gerade hier vielen weh, inklusive Seilbahn hin oder her. Als besonderes Angebot gibt es deshalb für Jahresticket-Abonnenten die IGA-Dauerkarte für 50 statt für 90 Euro.

Zwei Drittel der erwarteten Gäste sollen Tageskarten kaufen, 21 Prozent Gruppenkarten, die anderen Dauer- oder Abendkarten. Zehn Millionen Euro gibt das Land; 24 Millionen sollen aus Tickets erlöst werden, sechs Millionen durch Pächter und Sponsoren.

Wenn das klappt, ist die IGA schwarz. Rein rechnerisch. Denn grün wird sie in jedem Fall. Und die knapp 50 Millionen, die Bund, Land und Bezirk vorab investieren, kommen obendrauf. Ein warmer Regen, der Marzahn-Hellersdorf erblühen lässt.

Die nächste Bürgerversammlung findet am 13. April um 18 Uhr in der IGA-Markthalle statt (Blumberger Damm, Eingang über die Zinndorfer Straße).

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