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Auf dem Charité-Campus in Berlin-Mitte werden bald weitreichende Entscheidungen gefällt.
© Hannes Heine
Update Exklusiv

Berlins Universitätsmediziner ziehen Jahresbilanz: Charité schließt Geschäftsjahr mit gerade mal 113.000 Euro Plus ab

Das vom Senat gewünschte Plus kann die Charité 2019 kaum halten. Und der Zusatzbedarf der Coronakrise: mindestens 30 Millionen Euro. Spitzenmedizin kostet.

Die Charité hat das vergangene Jahr nur noch mit äußerst knappem Plus abgeschlossen. Nach Tagesspiegel-Informationen beläuft sich das Ergebnis 2019 auf 113.000 Euro. Bei einem Jahresumsatz von circa 1,6 Milliarden Euro wäre selbst ein dreißigfach höheres Plus gering, zumindest im Vergleich zu den Renditen profitorientierter Kliniken privater Konzerne.

Charité-Chef Heyo Kroemer, seit Herbst im Amt, will sich am Freitag zur Bilanz 2019 äußern. Die landeseigene Universitätsklinik schließt nun das neunte Geschäftsjahr in Folge mit einer schwarzen Null ab, 2018 verzeichnete man einen Überschuss von 0,8 Millionen Euro.

Nach Jahren hoher Verschuldung ist ein solches Plus politisch gewollt. Alle Senatskoalitionen seit 2001 haben die Charité zum Sparen verpflichtet. Klinikintern führte der Spardruck zu Streit. Derzeit erhalten Wachleute, Boten und Reinigungskräfte der Charité-Tochterfirma CFM nicht die im Stammhaus üblichen Tariflöhne; nach der Pandemie könnten sie deshalb streiken.

Für die Charité reicht das Geld aus dem Schutzschirm nicht

Bürgermeister Michael Müller (SPD), der zugleich Wissenschaftssenator und Charité-Aufsichtsratschef ist, hat zuletzt hohe Millionensummen in Charité-Bauten investieren lassen. Dazu kommen Mittel vom Bund - beides soll helfen, Berlin zur internationalen Medizinmetropole auszubauen. Das Personal aber muss laut Gesetz aus den Mitteln der Krankenkassen bezahlt werden, deren Gelder über die umstrittenen Fallpauschalen abgerechnet werden.

Von den Kassen wird es 2020 eher noch weniger Geld geben. Die Corona-Pandemie hat zu folgendem Effekt geführt: Auskömmlich von den Kassen bezahlte, planbare Operationen mussten verschoben werden. So sollten Betten für etwaige Covid-19-Patienten freigehalten werden.

Bis heute konnten nicht alle der ab März verschobenen Behandlungen nachgeholt werden. Zugleich sind die meisten für Covid-19-Kranke reservierten Betten leer. Die Charité ist für die Behandlung komplizierter Fälle vorgesehen. Die Charité gibt den Zusatzbedarf in der Coronakrise mit fast 30 Millionen Euro an, wie aus einer am Dienstag veröffentlichten Antwort des Senats auf eine Anfrage des CDU-Wissenschaftsexperten Adrian Grasse hervorgeht. Das Geld wurde demnach hauptsächlich für Schutzmaterial und neue Geräte ausgegeben; wie hoch die durch die Pandemie entgangenen Einnahmen sind, kann laut Senat nicht beziffert werden.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte im März einen umfangreichen Corona-Schutzschirm organisiert. Für jedes für Covid-19-Fälle frei gehaltene Bett erhalten die Kliniken 560 Euro pro Tag. Doch für die überdurchschnittlich ausgestatteten Hochschulkliniken reicht dieser Tagessatz nicht: Ein Bett in der Charité kostet inklusive aller Ausgaben im Schnitt mehr als 800 Euro pro Tag. Man hoffe auf „finanzielle Nachbesserungen“, sagte Charité-Chef Kroemer kürzlich. Hochschulmedizin müsse auf Krisen vorbereitet sein: „Wie die Feuerwehr – die wird ja auch nicht nur pro Einsatz bezahlt.“

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