Berliner Universitätsklinik: Charité macht 2018 gerade noch 0,8 Millionen Euro Plus
Die Charité wird von Berlins Senat auf eine schwarze Null verpflichtet – doch das ohnehin kleine Plus schrumpft. Nun gibt es Streit um Löhne und Baukosten.
Die Charité hat das vergangene Geschäftsjahr mit einem knappen Plus abgeschlossen. Nach Tagesspiegel-Informationen beläuft sich das Ergebnis 2018 auf rund 800.000 Euro. Die landeseigene Universitätsklinik hat somit weniger erwirtschaftet als in den Vorjahren: Der Überschuss 2017 betrug 1,8 Millionen Euro, 2016 waren es 3,8 Millionen Euro. Das aktuelle Ergebnis dürfte mit der Rekommunalisierung der Tochterfirma CFM und teuren Modernisierungen zu tun haben. Charité-Chef Karl Max Einhäupl wird sich erst in den nächsten Wochen zur Bilanz 2018 und zum Finanzplan 2019 äußern.
Im Vergleich zu profitorientierten Kliniken privater Konzerne wäre auch ein zehnfach so hohes Plus äußerst gering – berücksichtigt man den Charité-Jahresumsatz von bald 1,6 Milliarden Euro. Die Hochschulklinik schließt das achte Jahr in Folge mit einer sogenannten schwarzen Null ab, weil dies vom Eigentümer – dem Land Berlin – politisch gewollt ist. An vielen Hochschulkliniken ist das anders: Die Hälfte der 34 Häuser in Deutschland schreibt rote Zahlen. Doch alle Senatskoalitionen seit 2001 haben die Charité zum Sparen verpflichtet, etwaige Doppelstrukturen in Ost und West sollten abgebaut werden. Einhäupl muss stets darauf achten, dass Behandlungen und Forschung nicht mehr kosten, als die von Krankenkassen, Land und Drittmittelgebern gezahlten Summen ergeben. Er ist seit 2008 im Amt und wird bald vom Göttinger Heyo Kroemer abgelöst.
Physio- und Ergotherapeuten wollen Charité-Tariflohn
Berlins Sparpolitik hat Folgen: Die Physio- und Ergotherapeuten, die für die Tochterfirma CPPZ arbeiten, streiken seit Wochen immer wieder. Als CPPZ-Angestellte erhalten sie oft zwischen 400 und 800 Euro brutto im Monat weniger, als die nach Tarif des öffentlichen Dienstes bezahlten Kollegen im Charité-Stammhaus. Verhandlungen zwischen der Gewerkschaft Verdi und der Geschäftsführung waren ausgesetzt worden. Das Abgeordnetenhaus hatte beschlossen, dass die Tochterfirmen der landeseigenen Krankenhäuser wieder eingegliedert werden sollen.
Dies gilt nicht nur für die Charité, sondern auch für die kommunalen Vivantes-Kliniken. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sitzt in den Aufsichtsräten beider Krankenhauskonzerne. Deren Vorstände erklärten, dass bessere Entlohnung finanziert werden müsse – die Gelder der dafür zuständigen Kassen reichten jedenfalls nicht. Schon der Rückkauf der teilprivatisierten Tochterfirma CFM kostet die Charité 4,2 Millionen Euro Mehrausgaben im Jahr – auch deren Angestellte sollen nun Stammlöhne erhalten. Die CFM ist für nicht- medizinische Belange zuständig, von der Haustechnik bis zum Reinigungsdienst.
Universitäres Herzzentrum wird teurer als geplant
Die Charité soll zudem als internationaler Spitzenstandort medizinischer Forschung reüssieren. Auch das kostet: So werden am Steglitzer Campus Benjamin Franklin bis 2020 für 12,2 Millionen Euro die OP-Säle modernisiert, noch dieses Jahr soll ein Bettenhaus für 25 Millionen Euro bezogen werden. In Mitte wird bis 2021 für 74 Millionen Euro die Notaufnahme zu einem Ambulanz- und Innovationszentrum ausgebaut. Und am Weddinger Virchow-Campus wird das neue Universitäre Herzzentrum errichtet. Bislang steht dort das Deutsche Herzzentrum Berlin (DHZB), das von einer Stiftung bürgerlichen Rechts getragen wird. DHZB, Charité und Senat einigten sich darauf, dass das Universitäre Herzzentrum als eigene, gemeinnützige GmbH eingerichtet wird. Die Charité soll 51 Prozent der Gesellschafteranteile, das DHZB 49 Prozent erhalten. Damals vermittelte Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) zwischen Charité und DHZB. Nun gibt es erneut Streit: Die DHZB-Stiftung möchte offenbar bestimmte Gelder für den Neubau nur als Kredit vergeben. Und das neue Zentrum soll zwölf Prozent mehr kosten als die vom Senat genannten 300 Millionen Euro, heißt es aus Wissenschaftskreisen.
Wissenschaftsverwaltung prüft umstrittene Rechnungen
Klinikfinanzen gelten als Spezialistenthema. Vereinfacht gilt: Pro Patient und Diagnose gibt es Geld von den Kassen, die sogenannte Fallpauschale. Wenn Patienten länger bleiben oder mehr Pflege brauchen, als die Pauschale vorsieht, zahlt die Klinik oft drauf. Für die Charité kommt hinzu, dass sie für hochkomplexe Fälle – etwa Seuchenverdacht – zuständig ist. Die Klinikleitung forderte deshalb einen Systemzuschlag: So wie in den Niederlanden solle es Sondermittel für Labore und Isolierstationen geben. Neben den Pauschalen bekommen alle für die Bevölkerungsversorgung nötigen Kliniken noch Landesmittel für Bau und Technik. Berlin zahlte da lange wenig, hat seine Investitionen inzwischen aber auf das im Bundesschnitt übliche Niveau erhöht.
Noch gibt es massiven Sanierungsbedarf. Der Senat hatte deshalb eine Zukunftskommission „Gesundheitsstadt Berlin 2030“ eingesetzt. Sie soll klären, wo wie viel modernisiert werden muss. Dem Gremium gehört auch der designierte Charité-Chef Kroemer an, SPD-Bundespolitiker Karl Lauterbach leitet es. Bald wird ein Bericht vorgelegt.
Verglichen mit den Modernisierungsanforderungen dürfte dem Senat die kürzlich gestellte Frage nach alten Rechnungen kaum Sorgen bereiten: Die Charité soll 700 Privatpatienten von 2007 bis 2015 Rechnungen unter dem Namen eines nicht existierenden Instituts gestellt haben. Staatssekretär Krach prüft die Vorwürfe, die Klinikleitung weist sie zurück: Summen und Leistungen seien korrekt, der falsche Institutsname sei ein Versehen. Der Name sei einmalig an eine Abrechnungsfirma gegeben worden.