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Akten im Fall Anis Amri sind der Grund für einen Streit zwischen Senatsjustizverwaltung und Abgeordnetenhaus.
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Update

Streit um Amri-Akten: CDU fordert Entlassung von Berliner Justizsprecher

Berlins Justizsprecher Sebastian Brux hatte dem Amri-Untersuchungsausschuss Aktenfledderei vorgeworfen. Nun steht er selbst in der Kritik. Doch die Linke springt ihm zur Seite.

Von Ronja Ringelstein

Die Geschichte mit den veränderten Akten im Fall Amri, die dem Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag am Breitscheidplatz zur Verfügung gestanden haben, hat inzwischen fast so viele Seiten wie die Akten selbst.

Das neueste Kapitel ist eine Entlassungsforderung gegen Justizsprecher Sebastian Brux. Die beiden Berliner CDU-Abgeordneten Stephan Lenz und Sven Rissmann forderten Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) am Mittwoch öffentlich auf, „unverzüglich seinen Sprecher zu entlassen, um weiteren Schaden abzuwenden“. Brux hatte am Osterwochenende dem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, Burkard Dregger (CDU), vorgeworfen, die originalen Amri-Akten der Generalstaatsanwaltschaft unzulässig verändert, beschädigt, Aktenordner entleert und umsortiert zu haben. Diese Vorwürfe hatte Dregger zurückgewiesen. Den Zustand der Akten hatte zunächst Justizstaatssekretärin Martina Gerlach in einer vertraulichen Mail am 28. März an ihn, Dregger, moniert.

Der Fokus liegt nun auf Justizsprecher Brux

Am Dienstag hatte die Verwaltung des Abgeordnetenhauses öffentlich versichert, dass sämtliche Akten und Unterlagen im Original vollständig zurückgegeben worden seien. "Die Behauptung, es fehle etwas, ist daher unzutreffend. Genauso unzutreffend ist die Unterstellung, der Vorsitzende - Abg. Dregger (CDU) - des Ausschusses habe eigenhändig die Akten verändert. Die Bearbeitung solcher Akten unterliegt ausschließlich dem Ausschussbüro. Der Vorsitzende hat auch keinerlei entsprechende Anweisungen erteilt", teilte die Parlamentsverwaltung mit. Umheftungen aber gab es, um Akten „zu ordnen“.

"Eine schlampige Akte ist für uns von Erkenntnisinteresse"

Eben darin sieht wiederum Sebastian Schlüsselburg, rechtspolitischer Sprecher der Linken, sehr wohl den Tatbestand der Urkundenfälschung und -unterdrückung erfüllt, auch wenn das Ausschussbüro wohl keinen Vorsatz gehabt habe. Schlüsselburg, selbst Jurist, frage sich, wo die Kollegen Sven Rissmann und Burkard Dregger ihre Staatsexamen gemacht hätten. "Aus der ganzen Akte als Gesamturkunde ergibt sich Erklärungs- und Beweiswert. Das heißt, gerade eine schlampige Aktenführung ist für uns von Erkenntnisinteresse. Weil wir daraus erkennen können, ob bei der Generalstaatsanwaltschaft geschlampt wurde", sagte er dem Tagesspiegel. Dass die Akten umsortiert wurden, habe Dregger schließlich zugegeben. "Das macht mich als Juristen fassungslos." Die Entlassungsforderungen gegen Brux seien haltlos und ein Ablenkungsmanöver, um Dregger "aus der Schusslinie zu nehmen".

Es folgt noch ein Prüfungsbericht des Parlaments

Dregger sieht das anders. Für Details möchte er aber den abschließenden Prüfungsbericht aus der Verwaltung des Abgeordnetenhauses abwarten – und betonte, dass mit dieser Prüfung, die auf die Vorwürfe der Justizverwaltung im Einzelnen eingehen soll, auch Juristen befasst seien. Ob der Beweiswert der Amri-Akten nun durch das Ausschussbüro gemindert worden sei, sollte spätestens am Donnerstag geklärt sein. Dreggers Sorge gilt mehr der Diskreditierung des Ausschusses: "Wir sind davon abhängig, dass uns Behörden ihre Akten zusenden. Wenn die lesen, dass hier Akten zerfleddert werden, bekommen wir aber keine mehr", sagte er.

Für die CDU-Abgeordneten wiegen die "Verfehlungen von Herrn Brux" schwer, der aus der Luft gegriffene Missstände beklage, um einen Skandal zu erzeugen. Und auch die FDP sprang Dregger zur Seite und schloss sich den Forderungen der CDU-Kollegen an: "Die politische Verantwortung für das Handeln seines Pressesprechers trägt der Justizsenator", sagte FDP-Innenexperte Marcel Luthe, der ebenfalls Mitglied des Untersuchungsausschusses ist. Brux’ Vorwürfe bezeichnet er als "plumpen Angriff auf das Parlament". Behrendt werde nun zeigen, "ob er sich das Demokratieverständnis seines Pressesprechers zu eigen macht oder die Stelle mit jemandem mit Verfassungsverständnis besetzt."

Brux, Behrendt und Gerlach schweigen

Weder der Justizsenator noch die Justizstaatssekretärin wollten die Entlassungsforderung gegen Sebastian Brux kommentieren. Auch Brux selbst, der ab diesem Mittwoch im Urlaub ist, wollte nichts zu der Forderung der CDU-Abgeordneten sagen. Seine erhobenen Vorwürfe gegen Dregger erhält er auch trotz der Prüfung des Abgeordnetenhauses aufrecht: "Die Lage ist noch genauso wie am Wochenende", sagte Brux.

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