zum Hauptinhalt
Wo ist die Lücke? Weil die Stadt wächst, muss sie mit Neubauten "verdichtet" werden. Anwohner leiden drunter und protestieren.
© picture alliance / Matthias Balk

Stadtentwicklung in Berlin: CDU-Bauexperte wirft linker Senatorin „Klientelpolitik“ vor

Am Stadtrand werde massiv gebaut, die City geschont, sagt Christian Gräff. Katrin Lompscher weist das zurück: Neubauten entstünden überall.

Zum offenen Widerstand gegen die Baupolitik von Senatorin für Stadtentwicklung Katrin Lompscher ruft der langjährige Bezirksstadtrat von Marzahn-Hellersdorf Christian Gräff (CDU) auf. Sein Vorwurf: Während die Linken-Politikerin die Innenstadt vom dringend erforderlichen Neubau verschone – und zwar besonders jene vom Städtebau der DDR-Jahre geprägten Gebiete wie die Karl-Marx-Allee oder das Rathaus-Forum –, stocke Lompscher großzügig die Wohnungsbauzahlen am Stadtrand auf und nehme dabei keine Rücksicht auf den Mangel an Kitas, Schulen und sonstige Infrastruktur vor Ort.

„Frau Lompscher hat den Konsens für mehr Wohnungsbau in Berlin zugunsten reiner Klientelpolitik aufgekündigt“, sagt Gräff. In der Innenstadt scheue die Bausenatorin den Konflikt wegen der vielen Bürgerinitiativen, die sich in Teilen aus der Linken-Wählerschaft rekrutierten. In den eher bürgerlich geprägten Vierteln am Rande der Stadt wie Alt-Biesdorf zum Beispiel, werde „massiv verdichtet“, weil der Widerstand dort am Geringsten sei. „Aber den kann man auch organisieren“, sagt Gräff. Er fordert nun den „sofortigen Stopp des Verfahrens“ zur Entwicklung des historischen Guts Alt-Biesdorf. Einen entsprechenden Antrag will der baupolitische Sprecher der CDU-Fraktion ins Abgeordnetenhaus einbringen.

Für seine scharfe Attacke gegen die linke Baupolitik kann sich Gräff auf Kenntnisse des Bezirks Marzahn-Hellersdorf stützen, wo er rund zehn Jahre Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung war. Gräff setzte sich in dieser Zeit zwar auch stark für den Bau von Wohnquartieren ein und wies schon vor einem Jahr daraufhin, welche Herausforderungen ein solches Wachstum für die nicht entsprechend gerüstete Infrastruktur bedeute.

Nun legt er nach: „200 Schüler werden wir im kommenden Jahr nicht in bestehenden Grundschulen unterbringen können“. Auch Straßen, Fuß- und Radwege und das Angebot an Läden seien nicht für die stark wachsende Bevölkerung gerüstet.

Mehrere Bauprojekte liegen seit Lompschers Amtsantritt brach

Seit der Übernahme der Stadtentwicklungsverwaltung durch Linken-Politikerin Lompscher kamen wichtige Projekte zur Verdichtung der Innenstadt nicht voran, die deren Vorgänger Andreas Geisel (SPD) auf den Weg gebracht hatte. Gemeinsam mit landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften hatte Geisel Pläne für den Neubau von Wohnhäusern etwa auf der Fischerinsel vorangetrieben sowie auf Parkplätzen und Freiflächen zwischen den Wohnhäusern aus den 1960er Jahren an der Karl-Marx-Allee. Beide Planungen trieb Geisel mit der Wohnungsbaugesellschaft Mitte und dem Bezirk voran.

Doch Lompscher stoppte auf der Fischerinsel den Neubau des dort geplanten Hochhauses. Von der Verdichtung der Karl-Marx-Allee ist nichts mehr zu hören. Auch die Umgestaltung des Rathausforums, das Geisel und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher durch ein Bürgerforum in der vergangenen Legislatur-Periode vorbereitet hatten, liegt seit Lompschers Amtsantritt brach. Stattdessen wurde laut Gräff die Zahl der geplanten Wohnungen in Alt-Biesdorf von 200 auf 500 Einheiten mehr als verdoppelt.

Senatorin: Schwerpunkt dort, wo die meisten Menschen leben

Bausenatorin Lompscher weist die Vorwürfe zurück: „Die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen im Neubau kommen nicht nur einer kleinen Gruppe oder einem bestimmten Klientel zugute, ganz im Gegenteil“. Innerhalb des S-Bahnrings lebe ein Drittel der Bevölkerung, außerhalb zwei Drittel, deshalb befinde sich dort auch der Schwerpunkt des Wohnungsbaus. Und die Bürgerbeteiligung sei „keineswegs auf die Bauvorhaben in der Innenstadt beschränkt“.

Bei der landeseigenen Firma Stadt und Land, Bauherrin in Alt-Biesdorf, hieß es: Für 250 Wohnungen gebe es seit dem Jahr 2014 eine Baugenehmigung, später sei eine weitere Fläche „westlich des Stawesdamms“ hinzu gekommen. Die größere Baufläche erlaube die „Erweiterung der Wohnungsbauzahl“ auf 505 Einheiten. Geplant seien kleine Wohnungen für Senioren und Alleinerziehende, Kita- und Grundschulplätze gebe es im Umfeld ausreichend. Die Pläne seien mit Bezirk und Denkmalschutz abgestimmt.

Zur Startseite