Streit im AfD-Bezirksverband: Bundestagsabgeordneter will zurück nach Pankow
AfD-Bundespolitiker Götz Frömming will in den Bezirksverband, zu dem sein Wohnort gehört. Der Vorsitzende ist dagegen, der Streit böse eskaliert.
Am 24. September feierte Götz Frömming seinen bislang größten politischen Erfolg. 2017 war er für die AfD in den Bundestag eingezogen, im September wurde er mit knapp 70 Prozent der Stimmen zum Parlamentarischen Geschäftsführer seiner Fraktion gewählt. Er gehört damit zum Vorstand der größten Oppositionsfraktion, ist also ein einflussreicher Bundespolitiker. Genau solche Leute haben die Bezirksverbände der Parteien normalerweise gern in ihren Reihen. Nicht so die Pankower AfD. Seit Mai 2018 schwelt dort ein Streit: Frömming will Mitglied des AfD-Bezirksverbands Pankow werden. Doch dessen Vorsitzender Michael Adam ist dagegen. Der Konflikt ist nun neu entbrannt.
Beide Seiten duellieren sich parteiöffentlich, werfen dem jeweils anderen Verleumdung und die Verbreitung von Unwahrheiten vor. In der Auseinandersetzung immer im Blick: das Wahljahr 2021. Dann geht es um Mandate, sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Bundestag. Wechselt Frömming nach Pankow, stünden seine Chancen sehr gut, dass er wieder in den Bundestag einzieht und Konkurrenten aus dem Bezirk leer ausgehen.
Eine wichtige Figur in dem Streit ist Ronald Gläser, AfD-Landessprecher und Mitglied des Abgeordnetenhauses. Er hatte 2018 in der AfD-Bezirkszeitung gefordert, die „innerbezirklichen Auseinandersetzungen“ sofort einzustellen. Damit ist er gescheitert.
Anlass für die erneute Eskalation ist eine bundesweit vorgenommene Abfrage der Wohnadressen von mehr als 1.000 AfD-Mitgliedern durch die Bundesgeschäftsstelle. Frömming sagt, er habe im Zuge dessen einen Umzug innerhalb Pankows angezeigt. Bei der Gelegenheit sei „offenbar auch der für den Hauptwohnsitz zuständige Gebietsverband gemäß Bundessatzung angepasst“ worden. So habe es AfD-Bundesgeschäftsführer Hans-Holger Malcomeß formuliert, erklärt Frömming in einem am Sonnabend verschickten Schreiben. Malcomeß habe in Klammern „In dem Fall BV Pankow“ hinzugefügt und Frömming dessen Zugehörigkeit zum Bezirk Pankow „persönlich schriftlich bestätigt“.
Mitgliederrundschreiben: Frömming kein Mitglied der AfD Pankow
Frömming erklärte kurz darauf via Facebook, nun wieder Mitglied der AfD Pankow zu sein. Darauf reagierte Adam mit einem Mitgliederrundschreiben, das er im Namen des Bezirksvorstands verschickte – angeblich, ohne sich vorher das Einverständnis aller Mitglieder des Gremiums eingeholt zu haben. Er betitelte es mit den Worten „Die ,Affäre Frömming‘. Die Fakten.“ Adam, Europawahlkandidat der Berliner AfD und Justiziar des Landesverbandes, wirft Frömming vor, dieser „verdrehe die Tatsachen vollständig“. Kern des von Adam verfassten Schreibens: Frömming sei kein Mitglied der AfD Pankow. Er werde es – trotz seines Erstwohnsitzes in eben jenem Bezirk – auch nicht werden.
Rechtlich scheint diese Position kaum zu halten. In der AfD gilt das Wohnortprinzip. Laut Bundessatzung sind Mitglieder „grundsätzlich dem Gebietsverband zugehörig, in dessen Gebiet sich ihr melderechtlicher Hauptwohnsitz befindet“. Auch in der Berliner Landessatzung heißt es, die Zuordnung der Mitglieder zu den Bezirken erfolge „entsprechend dem Hauptwohnsitz eines Mitglieds“. Ausnahmen sind möglich, siehe Frömming. Der wechselte 2014 auf eigenen Antrag hin nach Mitte. Beide Bezirksvorstände stimmten zu, auch das satzungsgemäß. Adam bleibt auf Nachfrage bei seiner Position. Seine Begründung: Er glaubt, auch dem Wechsel zurück von Mitte nach Pankow müssten beide Bezirksvorstände zustimmen. Adam hat Frömming nun aufgefordert, sich nicht als Pankower Abgeordneter zu bezeichnen.
"Der gleiche Filz wie in den Altparteien"
Der Streit um Frömming gewährt auch Einblicke in das Innenleben der Partei, die sich stets als Gegenpol zu den „etablierten Parteien“ darstellt. In einer Mail erklärt Frömming, Gründungsmitglied der AfD, in einigen Bereichen habe sich „der gleiche Filz ausgebreitet wie in den Altparteien“. „Seilschaften“ würden gebildet und „unbequeme Mitglieder ausgegrenzt“, „weil man befürchtet, sie könnten den eigenen Karriereplänen nicht dienlich sein“. Bezirke dürften nicht zu „Closed Shops“ werden, „in die nur handverlesene, willfährige Parteifreunde Zutritt erhalten“, erklärt Frömming. Adam zufolge hatte sich auch Landeschef Georg Pazderski gegen den Wechsel Frömmings ausgesprochen. In der Sitzung des Landesvorstands war der Streit ebenfalls Thema.
Dass der Konflikt zeitnah beigelegt werden kann, scheint ausgeschlossen. Auf Initiative Frömmings soll sich nun ein Schiedsgericht der Partei darum kümmern. In Berlin gibt es derzeit kein Landesschiedsgericht. Das Gremium hatte sich nach dem Rücktritt seiner Mitglieder im Mai aufgelöst und soll am 9. November neu gewählt werden. Dann tagt der Landesparteitag der Berliner AfD.