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Wer finanziert den Erhalt des letzten Mauerstücks?: Bund: East Side Gallery zu fröhlich fürs Gedenken

Der Senat will die East Side Gallery der Stiftung Berliner Mauer übertragen, die das letzte zusammenhängende Stück Berliner Mauer für die Nachwelt erhalten soll. Doch der Bund sperrt sich.

Die Proteste ebben nicht ab gegen den Neubau an der East Side Gallery, und Simulationen des Bauwerks zeigen den Grund: In einigen Jahren wird der Schrecken der Teilung Berlins an diesem längsten zusammenhängenden Stück der Mauer wohl kaum noch zu erahnen sein. Spät hat diese Erkenntnis das Abgeordnetenhaus zum Handeln bewogen: Die East Side Gallery soll in die Obhut der Stiftung Berliner Mauer übergehen. Doch der Plan ist nicht ausgereift und längst nicht mit allen Partnern abgestimmt.

Voraussetzung für den Übergang der East Side Gallery in die Trägerschaft der Stiftung Berliner Mauer wäre eine Zustimmung des Stiftungsrates zu diesen Plänen. „Das sehe ich im Moment nicht“, sagt der Stiftungsvorstand Axel Klausmeier auf Anfrage. Im Stiftungsrat sitzt neben dem Land Berlin auch der Bund – und der lehnt diese Pläne bisher ab.

Stiftung Berliner Mauer kann Obhut für East Side Gallery nicht finanzieren

Und weil der Bund außerdem ein wichtiger Finanzier der Stiftung ist, kommt ein Alleingang schon deshalb nicht infrage. Denn ohne auskömmliche Finanzierung führe, das sei zweifelsfrei vorhersehbar, die Verantwortung für eine zusätzliche Gedenkstätte zu Engpässen bei Verwaltung und inhaltlicher Gestaltung der bestehenden Standorte an der Bernauer Straße sowie in Marienfelde. Dies will der Vorstand der Stiftung auf keinen Fall riskieren.

Die Zurückhaltung des Bundes erklärt sich so: Während an der Bernauer Straße das Gedenken an die Opfer im Vordergrund steht und die Grausamkeit von Mauer und Todesstreifen durch Informationstafeln, Kunstwerke und Markierungen deutlich werden, ist die East Side Gallery vorrangig für ihre Kunstwerke berühmt. Für den Bund stehe dort die Freude am Fall der Mauer im Vordergrund, deren Aneignung als Spielfeld, die „künstlerische Überformung“, wie es heißt. „Der Stiftungsauftrag würde eine Übernahme der East Side Gallery rechtfertigen, die Behandlung der Zeit nach dem Mauerfall ist für uns durchaus interessant“, sagt Klausmeier. Wenn die Stiftung aber nicht für diese Aufgabe entsprechend ausgestattet werde, dann könne sie „den Auftrag nicht erfüllen“.

Ein Konzept für die East Side Gallery kann noch nicht entwickelt werden

Dabei stehen nicht nur finanzielle Fragen im Raum, sondern auch die Eigentumsverhältnisse im Umfeld der East Side Gallery. Bleibt es wirklich bei der Bebauung der bisher verkauften Grundstücke an die Firma CIC von Maik Uwe Hinkel und an eine israelische Gruppe? Ohne Gewissheit darüber, welche Bereiche des früheren Mauerstreifens tatsächlich in ihrer gegenwärtigen Form erhalten bleiben, kann kein Konzept für die East Side Gallery entwickelt werden.

„Wir haben an der Bernauer Straße in den Jahren 2006/2007 das Gleiche erlebt wie an der East Side Gallery heute“, sagt Klausmeier. Nur sei an der Gedenkstätte „der politische Willen vorhanden gewesen, das zu ändern“. Baugenehmigungen seien damals kassiert, die Eigentümer entschädigt worden. Ob und wie es sich damit an der East Side Gallery verhält, sei noch zu klären.

Das Abgeordnetenhaus will dennoch bereits in seiner Sitzung am morgigen Donnerstag über die Trägerschaft der East Side Gallery abstimmen. 125000 Euro soll die Stiftung vom Land dafür erhalten. Die Mehrheit dafür steht. Wie der Bund zu überzeugen ist, weiß aber keiner.

Ralf Schönball

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